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ZurückAnfang Juli 2025 übernahm Dänemark die EU-Ratspräsidentschaft von Polen. Dänemark ist seit seinem Beitritt im Jahr 1973 bereits zum achten Mal in dieser wichtigen Rolle. Die Aufgaben sind angesichts der andauernden Krisen immens. Dänemark begegnet diesen mit dem Motto „A strong Europe in a changing world“. Die Stärke der EU liege neben der europäischen Einheit und einer soliden Wirtschaft nicht zuletzt in stabilen Demokratien und sozial ausgewogenen Gesellschaften. All das müsse weiter ausgebaut und genutzt werden, um die europäischen Interessen und die internationale Rechtsordnung zu verteidigen. Der ökologische Umbau wird dabei als entscheidende Voraussetzung für ein sichereres und wettbewerbsfähigeres Europas gesehen.
Mit dem dänischen Vorsitz wurde am 1. Juli die Staffel an das zweite Land des Präsidentschaftstrios aus Polen, Dänemark und Zypern übergeben. Sicherheit und Wettbewerbsfähigkeit bleiben zentrale Themen, im Unterschied zum ersten Halbjahr 2025 rückt aber der Klimaschutz wieder stärker in den Fokus. Die beiden großen übergeordneten Ziele lauten „ein sicheres Europa“ sowie „ein wettbewerbsfähiges und grünes Europa“. Neben der weiteren Positionierung nach außen, insbesondere im Kontext des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und der Beziehungen zu den USA, stehen der neue Mehrjährige Finanzrahmen (MFR) für den Zeitraum nach 2027 und die Weiterarbeit an den Omnibus-Vorschlägen auf der Agenda. In Brüssel geht man aufgrund der langjährigen Erfahrung von einer professionellen und effizienten Vorsitzführung aus.
Ein sicheres Europa
Die EU soll bis 2030 dazu in der Lage sein, sich selbst zu verteidigen. Gleichzeitig gilt es, die Ukraine weiterhin zu unterstützen. Zur Verbesserung der Widerstandskraft gegenüber komplexen Bedrohungen soll nicht nur die europäische Verteidigungsindustrie gestärkt werden. Es geht auch um die demokratische Widerstandsfähigkeit der europäischen Gesellschaften, unter anderem durch die Förderung digitaler Kompetenzen, einen Rahmen für vertrauenswürdige Medien und die Regulierung der Tech-Giganten. Falsch- und Desinformation sollen zurückgedrängt, Kinder und Jugendliche online besser geschützt werden. Weitere Prioritäten bleiben die Umsetzung des EU-Migrations- und Asylpakts, die Stärkung der EU-Außengrenzen, der Aufbau tragfähiger Partnerschaften mit Drittstaaten, Fortschritte im Erweiterungsprozess und die Reduktion von wirtschaftlichen Abhängigkeiten sowie von Risiken im Zusammenhang mit kritischen Infrastrukturen.
Ein wettbewerbsfähiges und grünes Europa
Der dänische Ratsvorsitz möchte auch daran arbeiten, die Voraussetzungen für Innovationen sowie Investitionen in neue Technologien, Qualifikationen und Arbeitsplätze zu verbessern. Dabei wird im Sinne der aktuellen grünen Agenda der EU ein enger Zusammenhang zwischen Wettbewerbsfähigkeit und der Klima- und Energiepolitik hergestellt. Neben der Verbesserung der Potenziale im Bereich der digitalen Technologien soll nun auch der Life-Science-Sektor als Bindeglied zwischen Gesundheit und Biowissenschaften und potenzieller Wachstumsmotor mehr Aufmerksamkeit erhalten. Die Bedeutung der Omnibus-Vorschläge wurde bereits erwähnt. Insgesamt soll bessere Rechtsetzung in allen Ratsformationen gefördert werden, unter anderem durch bessere Folgenabschätzungen. Im Rahmen der Spar- und Investitionsunion ist der Legislativvorschlag zur Änderung der Verbriefungsverordnung und der Eigenkapitalrichtlinie der erste Baustein, der nun in den Ratsarbeitsgruppen verhandelt wird. Zentral wird auch die Förderung des Angebots an Risikokapital sein. Aus interessenspolitischer Sicht sind außerdem die folgenden Themen besonders relevant.
Soziales
Im Bereich Soziales möchte sich die dänische Präsidentschaft mit dem Fahrplan für hochwertige Arbeitsplätze (Quality Jobs Roadmap) und dem neuen Aktionsplan zur Europäischen Säule sozialer Rechte befassen. Die entsprechenden Dokumente der Kommission werden für Ende des Jahres erwartet. Einen Abschluss möchte man bei der Praktikumsrichtlinie erzielen. Auch die Verhandlungen zur 6. Revision der Richtline zum Schutz vor krebserzeugenden, erbgutverändernden und fortpflanzungsgefährdenden Stoffen (CMR) am Arbeitsplatz sollen starten. Hier soll demnächst ein Kommissionsvorschlag vorgelegt werden. Unklar ist, ob auch ein Gesetzesvorschlag zum Recht auf Abschalten (Right to Disconnect) erfolgen wird, der im Mission Letter von Exekutiv-Vizepräsidentin Mînzatu angekündigt worden war. Schwerpunkte möchte der dänische Vorsitz zudem mit Ratsschlussfolgerungen zu den Themen selbstbestimmtes Leben von Menschen mit Behinderung, Bekämpfung von geschlechterbasierter und häuslicher Gewalt sowie leistbares Wohnen setzen.
Gestaltung des Übergangs
In der Klima- und Umweltpolitik räumt der dänische Ratsvorsitz den Verhandlungen zum Klimaziel für 2040 und dem Update der Nationally Determined Contribution (NDC) der EU zum Pariser Klimaabkommen hohe Priorität ein, bis September sollen hier entscheidende Fortschritte erzielt werden. Im Vorfeld der nächsten UN-Klimakonferenz (COP30), die im November 2025 in Belém (Brasilien) stattfinden wird, sollen auch Ratsschlussfolgerungen verabschiedet werden, ebenso zur Wasserresilienzstrategie. Bei der Altfahrzeuge-Verordnung wird nach Annahme der Verhandlungsposition des EU-Parlaments ein rascher Abschluss angestrebt. Bei der Richtlinie über Umweltaussagen (Green Claims), die zuletzt für viel politische Verstimmung gesorgt hat, muss die Wiederaufnahme der Verhandlungen ausgelotet werden. Im Verkehrsbereich liegen die Schwerpunkte unter anderem auf der Richtlinie über Gewichte und Abmessungen von Lkw (Gigaliner) und der Fluggastrechte-Verordnung, zwei durchaus umstrittene Initiativen. Das gilt nicht minder für den geplanten Abschluss der Verhandlungen zur Neuen Gentechnik, bei denen zuletzt keine Fortschritte erzielt werden konnten. Im Energiebereich werden im Lichte der strategischen Ausrichtung des dänischen Ratsvorsitzes vor allem die Arbeiten zum Auslaufen der russischen Energieimporte (REPowerEU) vorangetrieben.
Wirtschaft und Handel
Wie erwartet wurde zu Beginn der dänischen Präsidentschaft am 8. Juli ein Defizitverfahren gegen Österreich eingeleitet. EU-weit wird der Fokus im kommenden Halbjahr auf den Verhandlungen zum nächsten MFR liegen, der mehrere Politikbereiche betrifft. Am 16. Juli hat die EU-Kommission einen entsprechenden Entwurf vorgelegt, der unter anderem den Vorschlag für die MFR-Verordnung selbst sowie für einen neuen Eigenmittelbeschluss, der die Finanzierung der EU betrifft, enthält. Bis Ende 2025 sollen die „Elemente einer Verhandlungsbox“ als Basis für die weiteren Verhandlungen erarbeitet werden. Darüber hinaus wird voraussichtlich die Aufnahme Bulgariens in die Eurozone beschlossen. Im Bereich der Handelspolitik werden die Beziehungen zwischen der EU und den USA sowie der EU und der Ukraine die Debatte prägen. Auch das EU-Mercosur-Abkommen bleibt auf der Tagesordnung, ebenso wie die EU-Handelsbeziehungen zu Mexiko, Indonesien und Indien. Der Schutz des regelbasierten Handelssystem und der WTO ist insgesamt ein wichtiges Ziel.
Weiterführende Informationen:
Rat: Offizielle Website der dänischen Ratspräsidentschaft (nur Englisch)
Rat: Programm der dänischen Ratspräsidentschaft (nur Englisch)
AK EUROPA: Polen übernimmt die EU-Ratspräsidentschaft. Sicherheit im Mittelpunkt
AK EUROPA: Politische Leitlinien für die nächste EU-Kommission 2024 – 2029. Die richtigen Antworten auf aktuelle Herausforderungen?
AK EUROPA: Strategische Agenda 2024-2029. Unausgewogene Prioritäten