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ZurückIn der EU gibt es rund 3 Millionen Praktikant:innen. Etwa die Hälfte von ihnen erhält keine Vergütung. Die EU-Kommission hat im März 2024 einen Vorschlag für eine Praktikumsrichtlinie sowie einen Vorschlag für eine Ratsempfehlung zu einem verstärkten Qualitätsrahmen für Praktika vorgelegt. Aus Sicht der AK ist jedoch fraglich, ob die Vorschläge die erhofften Verbesserungen bringen werden.
Praktika können einen wertvollen Beitrag dazu leisten, dass junge Menschen nützliche Erfahrungen in der Arbeitswelt sammeln und so einen gelingenden Berufseinstieg unterstützen. Viele junge Menschen, die Praktika absolvieren, werden jedoch ausgebeutet. Bereits im Jahr 2014 wurde eine Ratsempfehlung zu einem Qualitätsrahmen für Praktika verabschiedet. Im Juni 2023 hat das EU-Parlament die EU-Kommission aufgefordert, eine Richtlinie vorzulegen und die Ratsempfehlung zu überarbeiten. Die EU-Kommission ist dieser Aufforderung im März 2024 nachgekommen.
Inhalt der Vorschläge
Der Vorschlag der EU-Kommission für eine Praktikumsrichtlinie setzt sich zum Ziel, die Arbeitsbedingungen von Praktikant:innen zu verbessern und durchzusetzen sowie Scheinpraktika zu bekämpfen. Praktikant:innen sollen gleich behandelt und auch gleich bezahlt werden wie vergleichbare reguläre Arbeitnehmer:innen. Es sind allerdings Ausnahmen vorgesehen, zum Beispiel wenn Praktikant:innen eine geringere Verantwortung tragen oder Lernen bzw. Ausbildung im Vordergrund stehen. Der Vorschlag sieht außerdem vor, dass die Mitgliedstaaten Maßnahmen ergreifen, um Scheinpraktika zu verhindern, und die Regelungen zur Qualität und Kontrolle von Praktika umsetzen. Arbeitnehmer:innenvertretungen sollen die Möglichkeit haben, die Rechte der Praktikant:innen zu vertreten und durchzusetzen. Die Regelungen sollen jedoch nur für Praktikant:innen gelten, die nach nationalem Recht einen Arbeitsvertrag haben oder in einem Arbeitsverhältnis stehen, wobei auch die Rechtsprechung des EuGH zu berücksichtigen ist.
Zusätzlich zum Richtlinienvorschlag hat die EU-Kommission einen Vorschlag zur Überarbeitung der Ratsempfehlung vorgelegt. Die (rechtlich unverbindliche) Ratsempfehlung soll für alle Praktikant:innen unabhängig von ihrem Beschäftigungsstatus gelten. Der Vorschlag enthält unter anderem eine Empfehlung zur angemessenen Vergütung von Praktikant:innen.
Aktueller Stand
Auf der Ratstagung der für Beschäftigungsfragen zuständigen Minister:innen vom 2. Dezember 2024 wurde deutlich, dass mehrere Mitgliedstaaten eine wenig ambitionierte Richtlinie bevorzugen, schlussendlich wurde aber keine Position (Allgemeine Ausrichtung) verabschiedet. Die Verhandlungen werden unter polnischem Ratsvorsitz fortgesetzt. Im EU-Parlament ist der Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (EMPL) für das Dossier zuständig. Hier beginnen die Verhandlungen demnächst. Die Abstimmung soll im Juni 2025 stattfinden.
AK fordert Nachbesserungen
Die AK begrüßt die Absicht, bessere Arbeitsbedingungen für Praktikant:innen zu schaffen. Aus Sicht der AK ist es jedoch fraglich, ob dieses Ziel mit der geplanten Richtlinie erreicht werden kann. Tea Jarc, Vorstandsmitglied des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB), beschreibt das Problem wie folgt: „Unbezahlte Praktika bedeuten, dass begabte junge Menschen aus der Arbeiterklasse von vielen Berufen ausgeschlossen werden, weil sie es sich nicht leisten können, umsonst zu arbeiten. Dies ist eine zutiefst ausbeuterische Praxis, die soziale Ungleichheit verfestigt.“ Der Richtlinienvorschlag legt kein explizites Verbot unbezahlter Praktika fest. Somit bleibt eines der Kernprobleme im Bereich der Praktika ungelöst. Die vorgesehenen Ausnahmen vom Nichtdiskriminierungsgrundsatz eröffnen Schlupflöcher, die es Arbeitgeber:innen ermöglichen würden, Praktikant:innen weiterhin als billige oder gar kostenlose Arbeitskräfte zu behandeln.
Praktika sind generell Arbeitsverhältnisse
Aus Sicht der AK ist es wichtig festzuhalten, dass Praktika generell Arbeitsverhältnisse sind. Es besteht das Risiko, dass die Richtlinie keinen echten Mehrwert für Praktikant:innen bringt und möglicherweise sogar zu Verschlechterungen in Österreich und anderen Ländern führt. Der Rat und das EU-Parlament müssen hier nachbessern. Es muss klargestellt werden, dass Praktika im Zweifel Arbeitsverhältnisse sind, auf die das geltende Arbeits- und Sozialrecht inklusive Kollektivverträge anzuwenden sind. Praktikant:innen müssen, abgesehen von sehr engen Ausnahmen, in denen keine Arbeitsleistung erbracht wird (in Österreich Volontariate), angemessen entlohnt werden. Die Schaffung eines „Arbeitsrechts zweiter Klasse“ muss verhindert werden, die Schlechterstellung von Praktikant:innen darf daher nicht zugelassen werden.
Weiterführende Informationen:
AK EUROPA: Verbesserung und Durchsetzung der Arbeitsbedingungen von Praktikant:innen und Bekämpfung von Scheinpraktika („Praktikumsrichtlinie“)
EGB: Traineeship Package (nur Englisch)
Europäisches Jugendforum: Two steps forward, one step back (nur Englisch)