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ZurückMit Jahresanfang hat Belgien die EU-Ratspräsidentschaft von Spanien übernommen. Unter dem Motto „Schützen, Stärken, Vorausschauen“ wurden sechs Prioritäten definiert, die im nächsten halben Jahr vorangebracht werden sollen. Aufgrund der anstehenden Wahlen zum EU-Parlament handelt es sich um eine herausfordernde Zeit für den Ratsvorsitz, in der noch möglichst viele Dossiers abgeschlossen werden sollen.
Die belgische Ratspräsidentschaft setzt auf sechs Prioritäten: Verteidigung von Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Einheit; Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit; grüner und gerechter Übergang; Verstärkung der Sozial- und Gesundheitsagenda; Schutz von Menschen und Grenzen und Förderung eines globalen Europas.
Ein grüner und gerechter Übergang
Im Bereich Umwelt wird unter belgischem Vorsitz weiter an der Umsetzung des Green Deals gearbeitet. Im Juni 2024 stehen Wahlen zum EU-Parlament an. Möglichst viele Dossiers, die sich aktuell im Trilog befinden, sollen vor Ende der Legislaturperiode abgeschlossen werden. Dazu gehören unter anderem die Verordnungen über Verpackungen und Verpackungsabfälle und CO2-Standards für schwere Nutzfahrzeuge (Einigung am 18.1.) sowie die Richtlinien über die Behandlung von kommunalem Abwasser und saubere Luft. Eine Ratsposition (Allgemeine Ausrichtung) soll unter anderem für die Überarbeitung der Abfall-Rahmenrichtlinie gefunden werden.
Die belgische Präsidentschaft will im Kampf gegen die Klimakrise entschlossen und ganzheitlich handeln und dabei niemanden zurücklassen. Ein Schwerpunkt wird bei der Klima- und Energiewende auf einen gerechten Übergang gesetzt. Die Resilienz der europäischen Wirtschaft soll gestärkt werden indem Abhängigkeiten reduziert werden. Dazu gehört auch die Verbesserung der Ressourceneffizienz und ein Ausbau der Kreislaufwirtschaft. Darunter fallen auch die Richtlinien über ein Recht auf Reparatur und Green Claims, die unter belgischem Vorsitz abgeschlossen beziehungsweise entscheidend vorangetrieben werden sollen.
Verstärkung der Sozial- und Gesundheitsagenda
Aufbauend auf der Europäischen Säule sozialer Rechte will die belgische Präsidentschaft eine ambitionierte Sozialagenda verfolgen. Der soziale Dialog soll auf allen Ebenen gestärkt werden. Ende Januar findet ein Sozialpartnergipfel in Val Duchesse statt, den die Kommissionspräsidentin von der Leyen in ihrer Rede zur Lage der Union letztes Jahr ankündigt hatte. Weiters stehen Konferenzen zur Sozialwirtschaft (im Februar) und zur Europäischen Säule sozialer Rechte (im April) auf dem Programm. Ein definiertes Ziel ist es außerdem, die soziale Dimension des Europäischen Semesters zu stärken. Konkret geht es um die erste Umsetzung des Rahmens für soziale Konvergenz und das Potenzial von Sozialinvestitionen.
Ende 2023 wurde eine politische Einigung zur Richtlinie zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Plattformarbeit in den Trilogverhandlungen erzielt, danach jedoch vom Rat nicht unterstützt. Unter belgischem Ratsvorsitz gehen die Verhandlungen daher weiter. Die Arbeiterkammer fordert seit Jahren einen Rechtsrahmen für Arbeitskräfte, die über Plattformen beschäftigt sind, wie z.B. Fahrradbot:innen, um Scheinselbständigkeit zurückzudrängen und Mindeststandards sicherzustellen. Der Abschluss der Richtlinie ist ein definiertes Ziel des belgischen Vorsitzes.
Beim EU-Lieferkettengesetz, mit dem Unternehmen zur Sorgfalt in Lieferketten im Hinblick auf Menschenrechte und Umweltstandards verpflichtet werden, wurde unter spanischem Vorsitz eine Einigung erzielt. Die Richtlinie wird unter belgischem Vorsitz formal abgeschlossen werden.
Wettbewerbsfähigkeit und ein globales Europa
Teil des Programms ist die Stärkung des Binnenmarktes. Die Arbeiten zur Vollendung des Energiebinnenmarktes sowie der Kapitalmarktunion sollen unter belgischem Vorsitz fortgesetzt werden. Kritische Sektoren sollen gefördert werden, um wirtschaftliche Abhängigkeiten zu reduzieren. Gleichzeitig soll eine ehrgeizige und ausgewogene Handelspolitik verfolgt werden. Im Bereich Digitales plant der Vorsitz den Abschluss der Verordnung zur Künstlichen Intelligenz. Nachdem die Trilog-Einigung erzielt wurde, müssen nun die technischen Feinheiten ausgehandelt werden und der Vorschlag von Rat und Parlament bestätigt werden.
Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Schutz von Menschen und Grenzen
Einen besonderen Schwerpunkt legt der Vorsitz außerdem auf die Einbeziehung der Bürger:innen, vor allem der Jugend. Ein nationales Beteiligungsprogramm wurde eingerichtet, im Rahmen dessen belgische EU-Bürger:innen ihre Visionen für die EU ausarbeiten. Belgien möchte auch die EU-Beitrittskandidaten bei ihren Beitrittsbemühungen unterstützen. Um handlungsfähig zu bleiben, sollen im Hinblick auf die Zukunft der EU institutionelle Änderungen ausgearbeitet werden.
Übergreifendes Thema ist der Abschluss der Halbzeitprüfung des Mehrjährigen Finanzrahmens sowie der wirtschaftspolitischen Steuerung. Ende 2023 konnte eine politische Einigung zur Ratsposition zur wirtschaftspolitischen Steuerung erzielt werden. Auch hier möchte der belgische Vorsitz zu einem raschen Abschluss beitragen.
Das Ende der Legislaturperiode im Europäischen Parlament
Damit offene Gesetzesvorschläge noch vor Beginn der neuen Legislaturperiode des Europäischen Parlaments ausgehandelt werden können, müssen laufende Trilogverhandlungen rechtzeitig abgeschlossen werden. Ab April begeben sich die Abgeordneten des EPs in den Wahlkampf. Der Rat ist in seiner Arbeit von der Wahl des EU-Parlaments nicht direkt beeinflusst, die Verhandlungen in den Ratsarbeitsgruppen laufen auch ab April noch weiter. Im Zentrum steht während der belgischen Ratspräsidentschaft auch weiterhin das Krisenmanagement in Bezug auf die Ukraine und den Nahen Osten. Darüber hinaus werden im Rat unter belgischem Vorsitz auch Akzente für die kommende Legislaturperiode gesetzt und u.a. die Arbeiten zur Strategischen Agenda 2024-2029 unterstützt werden.
Weiterführende Informationen:
Offizielle Website der belgischen Ratspräsidentschaft
AK EUROPA: Spanische EU-Ratspräsidentschaft: EU als Wohlfahrtsprojekt für alle
AK EUROPA: Stopp der Scheinselbständigkeit – Arbeitsrechte müssen für alle Arbeitnehmer:innen gelten
AK EUROPA: Trilogeinigung zum EU-Lieferkettengesetz: Meilenstein für Menschenrechte und Umwelt