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ZurückBei der Umsetzung des Grünen Deals, Europa bis 2050 zu einem klimaneutralen Kontinent zu machen, hat die Europäische Kommission am 26. Oktober 2022 das nächste Gesetzespaket vorgestellt. Damit sollen Luft und Wasser in der EU sauberer werden. Vor allem sollen aber auch die Möglichkeiten, bei Verstößen Klagen einzubringen, verbessert werden.
Jährlich sterben in Europa 300.000 Menschen vorzeitig aufgrund von Luftverschmutzung, und rund 10 Mio Bürger:innen in der EU haben nach wie vor keinen Zugang zu grundlegender Sanitärversorgung. Um diese Zahlen zu senken, hat die Europäische Kommission die Änderung von mehreren bestehenden Richtlinien vorgeschlagen: Die Richtlinie über Luftqualität und saubere Luft für Europa, die Richtlinie über die Behandlung von kommunalem Abwasser sowie Bestimmungen zu Schadstoffen in Oberflächengewässern und Grundwasser.
Strengere Grenzwerte bei Luftschadstoffen
Der Vorschlag über die Luftqualität und saubere Luft für Europa sieht strengere Grenzwerte für verschiedene Schadstoffe ab 2030 vor. So soll der Grenzwert für Stickstoffdioxid, das maßgeblich im Straßenverkehr entsteht, von 40 auf 20 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft reduziert werden. Auch die Grenzwerte für Feinstaub sollen deutlich gesenkt werden. Weitere Luftschadstoffe, wie beispielsweise ultrafeine Partikel, müssen erstmals gemessen und der Öffentlichkeit bekannt gegeben werden. Doch auch wenn diese strengeren Werte einen positiven Schritt darstellen, so bleiben sie dennoch hinter den Empfehlungen der WHO zurück. Eine schadstofffreie Luft wird erst für das Jahr 2050 angestrebt.
Neben den neuen Grenzwerten beinhaltet der Vorschlag wichtige Neuerungen, wenn es darum geht, Schritte im Falle von Verstößen einzuleiten. So soll künftig allen Personen der Zugang zur Gerichtsbarkeit offenstehen. Die Möglichkeit von finanziellen Entschädigungen ist ausdrücklich vorgesehen, wenn die Gesundheit durch Luftverschmutzung beeinträchtigt wurde. Organisationen öffentlichen Rechts sowie NGOs wird das Recht eingeräumt, eine Verbandsklage bei Verstößen einzuleiten. Auch wenn viele dieser Bestimmungen zwar schon durch Urteile des Europäischen Gerichtshofs festgestellt wurden, ist deren Verankerung in konkreten Rechtsakten ein wichtiger Schritt.
Neue Regeln auch bei Wasser
Gesundheits- und umweltschädigende Stoffe im Wasser sollen in Zukunft auch besser kontrolliert werden. So ist vorgesehen, die Grenzwerte für 16 Schadstoffe nachzubessern sowie Kontrollen für 25 neue Schadstoffe vorzuschreiben. Dazu zählt neben verschiedenen Pestiziden, Arzneimitteln inklusive Antibiotika und Industriechemikalien auch das in der Landwirtschaft weiterhin häufig eingesetzte Herbizid Glyphosat.
Um die Abwässer besser zu behandeln, hat die Kommission auch eine Verschärfung der Vorschriften für die Behandlung von kommunalen Abwässern vorgelegt. Neben neuen Überwachungsanforderungen für Mikroplastik sollen Abwasser systematisch auf Viren, darunter auch Covid-19, kontrolliert werden. Außerdem sollen Hersteller:innen von Arzneimitteln und Kosmetika für die Beseitigung giftiger Mikroschadstoffe in Abwässern durch diese Produkte gemäß dem Verursacher:innenprinzip aufkommen müssen. Schlussendlich werden die EU-Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, den Bürger:innen Zugang zu sanitärer Grundversorgung zu gewähren, insbesondere für schutzbedürftige und marginalisierte Gruppen. Diese Bestimmung bedeutet eine überfällige Umsetzung einer zentralen Forderung der Europäischen Bürger:inneninitiative right2water, die im Jahr 2013 von 1,8 Mio Menschen unterzeichnet wurde.
Wie geht es weiter
Die vorgeschlagenen Änderungen zu den Richtlinien werden nun im Europäischen Parlament sowie im Rat verhandelt. Ein Abschluss sollte noch vor den EU-Wahlen im Mai 2024 angestrebt werden, um längere Verzögerungen im Gesetzgebungsprozess zu vermeiden.
Weiterführende Informationen:
Europäische Kommission: Kommission schlägt Vorschriften für saubere Luft und sauberes Wasser vor
AK EUROPA: Zugang zu Wasser als Menschenrecht
AK EUROPA: Trinkwasserrichtlinie – EU-Institutionen erzielen politischen Kompromiss
AK EUROPA: Eurovignettenrichtlinie – Straßenverkehr soll sauberer werden, aber nicht verlagert