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ZurückKurz vor Weihnachten 2019 fanden das EU-Parlament, der Rat und die Kommission eine politische Einigung bei der Neufassung der Trinkwasserrichtlinie. Sechs Jahre nach der ersten erfolgreichen Europäischen Bürgerinitiative „right2water“ wurde damit ein erster Schritt gesetzt, eine zentrale Forderung dieser Initiative in europäisches Recht umzuwandeln.
Im Jahr 2013 unterzeichneten mehr als 1,6 Millionen BürgerInnen der Europäischen Union die Initiative „right2water“. Hauptforderung dieser ersten erfolgreichen BürgerInneninitiative auf Europäischer Ebene, die die notwendige Mindestzahl an UnterstützerInnen von einer Million erreicht hat, ist ein Menschenrecht auf Wasser und sanitäre Versorgung sowie deren Sicherstellung des Zugangs im EU-Recht zu verankern. Außerdem fordert sie die Europäischen GesetzgeberInnen auf, die Versorgungssysteme in der Wasserwirtschaft nicht zu liberalisieren.
Nach verschiedenen Mitteilungen zu diesem Themenkomplex legte die Kommission 2018 die Neufassung der Trinkwasserrichtlinie vor, um die Forderungen von „right2water“ in einem ersten Schritt in Europäisches Recht umzusetzen. Seitdem verhandelten das EU-Parlament und der Rat über die endgültige Fassung der Richtlinie. Nach dem nun erzielten politischen Kompromiss sind nur noch letzte technische Details offen, die im Jänner 2020 geklärt werden sollen.
Besserer Zugang zu Trinkwasser
Erfreulicherweise konnte sich das Europäische Parlament in den abschließenden Trilogverhandlungen damit durchsetzen, die Zielbestimmung der Trinkwasserrichtlinie zu erweitern. Damit soll sie nicht nur für eine gute Trinkwasserqualität in Europa sorgen, sondern auch den Zugang zu sauberem Trinkwasser zukünftig fördern. Die Kommission und der Rat hatten in ihrer Position auf eine Erweiterung der Zielbestimmung verzichtet. Aus Sicht der AK wäre es wünschenswert gewesen, in der Zielbestimmung den Zugang zu sauberem und leistbarem Wasser nicht nur zu „fördern“, sondern auch tatsächlich sicherzustellen. Hierzu fand sich aber keine Mehrheit, wodurch das Menschenrecht auf sauberes und leistbares Trinkwasser für alle EuropäerInnen im Sinne der Initiative nicht gesichert ist.
Im Rahmen der Richtlinie werden die Mitgliedstaaten nun aufgefordert, Maßnahmen zur Verbesserung beim Zugang zu Wasser zu setzen. Vor allem soll der Zugang zu Wasser für Personengruppen, die an den Rand der Gesellschaft gedrängt wurden, erfasst und verbessert werden. So sollen beispielsweise Wasserbrunnen in öffentlichen Räumen geschaffen werden. Außerdem soll das Trinken von Leitungswasser gefördert werden, indem besser über die Qualität informiert wird. Die Mitgliedstaaten sollen auch „ermutigt“ werden, Maßnahmen zu setzen, dass Leitungswasser in Restaurants und Kantinen kostenlos oder zu einem niedrigen Preis erhältlich ist. Von einer Pflicht für Gastronomiebetriebe, Leitungswasser gratis auszugeben, kann also keine Rede sein. Aus Sicht der AK wäre es wünschenswert gewesen, insgesamt konkrete rechtliche Verpflichtungen für die Mitgliedsstaaten festzuhalten, den Zugang der Menschen zu sauberem Trinkwasser tatsächlich zu gewährleisten.
Informationen für KonsumentInnen
Zukünftig werden auch die Informationen für KonsumentInnen über Trinkwasser im Rahmen ihrer Lieferverträge verbessert. Zumindest einmal pro Jahr müssen europaweit Versorgungsunternehmen ihre KundInnen über die Wasserqualität (was in Österreich bereits bisher der Fall ist), den Preis von Wasser (in Liter bzw m³) und die Verbrauchswerte eines Durchschnittshaushaltes bekanntgeben, um Bewusstsein bei den Menschen für das Gut Wasser zu erhöhen.
Darüber hinaus müssen in Zukunft große Wasserversorgungssysteme auch Informationen über ihre EigentümerInnen- und Kostenstruktur geben. Da diese Informationen das Interesse privater InvestorInnen fördern könnte, in lukrative Systeme investieren zu wollen und somit eine stärkere Liberalisierung zu fordern, sind diese Zusatzinformationen auch kritisch zu sehen und würden schlussendlich einer zentralen Forderung von „right2water“ entgegenstehen.
Neue Vorgaben zur Prüfung der Wasserqualität
Im Rahmen der Neufassung der Richtlinie wurden auch die vorgeschriebenen Prüfzyklen für Trinkwasser angepasst. Der ursprünglich von der Kommission vorgelegte Vorschlag war bezüglich der Prüfvorschriften gerade für kleine Wasserversorger etwas überschießend. Die Gefahr, dass Wasser für einen Teil der KonsumentInnen deutlich teurer geworden wäre, ohne die Wasserqualität in der Praxis zu verbessern, konnte im Rahmen der Trilogverhandlungen aber abgewendet werden.
Die Wasserversorger müssen in Zukunft eine größere Zahl an Parameter prüfen, um die Trinkwasserqualität sicherzustellen. Dazu zählen auch der hormonell wirksame Stoff Bisphenol A. Weitere Umwelthormone sowie Mikroplastik werden auf eine „Watchlist“ gesetzt. Im Falle von Mikroplastik hat die Europäische Kommission drei Jahre Zeit, um eine geeignete Messmethode zu finden, da bislang keine erarbeitet ist. Im Falle von Verunreinigungen stellt sich aber die Frage, wer die Kosten für die Säuberung zu tragen hat. Daher sollten aus Sicht der AK diese Stoffe erst gar nicht in die Umwelt gelangen, um Verunreinigungen des Trinkwassers von vorne herein zu vermeiden, anstatt sie mit großem Aufwand und Kosten aus dem Grundwasser entfernen zu müssen.
Die wichtigen Forderungen der Europäischen BürgerInneninitiative „right2water“ sind mit der Neufassung der Trinkwasserrichtlinie nur zu einem Teil umgesetzt worden und bleiben auf Europäischer Ebene weiterhin Thema.
Weiterführende Informationen:
AK EUROPA: Teilerfolg bei der Trinkwasserrichtlinie
AK EUROPA: EU-Wasserpolitik auf dem Prüfstand