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ZurückIm Jahr 2017 stellte die EU-Kommission die Änderung der Eurovignettenrichtlinie vor, die die Maut auf europäischen Autobahnen umweltfreundlicher ausrichten sollte. Am Donnerstag, den 17. Februar 2022, bestätigte das EU-Parlament die Letztfassung des Kompromisses. Da die neue Richtlinie die Transitbelastung durch Österreich bzw insbesondere durch Tirol aber nicht verringern wird, stimmten alle österreichischen Abgeordneten für Nachverhandlungen, blieben damit aber in der Minderheit.
Sauberer und nachhaltiger soll der Verkehr auf Europas Autobahnen werden: Mit diesem Ziel legte die Kommission vor fünf Jahren einen Änderungsvorschlag der Eurovignettenrichtlinie vor. Dabei war es vor allem die vorgeschlagene Abschaffung von zeitbasierten Mauttarifen für PKW, die für Aufregung sorgte: Wäre dieser Vorschlag Realität geworden, hätte Österreich die Autobahnvignette durch eine kilometerabhängige Maut auch für PKW ersetzen müssen, sehr zum Leidwesen vieler Pendler:innen. Da sich das EU-Parlament und der Rat schlussendlich aber gegen diese Änderung verständigt haben, kann das jahrelang bewährte System der Vignetten beibehalten werden. Österreich muss jedoch auch Eintagesvignetten einführen, so die Endfassung der Eurovignettenrichtlinie.
Geschlossene Ablehnung aus Österreich
Der Hauptgrund, warum sich die österreichischen Abgeordneten aber geschlossen gegen den Vorschlag aussprachen und für die Wiederaufnahme der Verhandlungen stimmten, liegt an den neuen Voraussetzungen für den „Bergzuschlag“. Dieser beträgt derzeit 25 % und wird in der Praxis europaweit nur in Tirol auf der Brenner- und Inntalautobahn eingehoben wird, um den Bau des Brennerbasistunnels mitzufinanzieren. Gemäß der neuen Richtlinie kann er zukünftig 50 % betragen, allerdings wird für diese Erhöhung den Nachbarländern ein Veto eingeräumt. Dass Deutschland oder Italien diese Vetomöglichkeit auch nutzen werden, ist in Anbetracht der hitzigen Diskussionen rund um den grenzüberschreitenden LKW-Verkehr durch Tirol naheliegend.
Ein weiterer massiver Kritikpunkt ist die Ausrichtung der LKW-Maut nach CO2-Gesichtspunkten. LKW mit Batterie- oder Brennstoffzellenantrieb müssen künftig weniger Maut bezahlen als jene mit Dieselantrieb. Mit dieser Besserstellung wollen die EU-Mitgliedsstaaten die CO2-Emissionen im Straßengüterverkehr reduzieren. Für Österreich, wo die Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene als oberstes Ziel vorangetrieben wird, ist diese Besserstellung jedoch kontraproduktiv, da die Schiene preislich schon heute nicht mit der Straße mithalten kann. Dieses Ungleichgewicht wird sich im Falle von sauberen Fahrzeugen zukünftig noch verstärken. Pikant ist allerdings der Umstand, dass Österreich genau diese Mautbegünstigung bei den aktuellen nationalen Mauttarifen bereits beschlossen hat.
Für das zentrale Anliegen Österreichs, die Zahl an LKW auf den belasteten Transitstrecken zu senken bzw eine Verlagerung auf die Schiene anzuregen, trägt die Richtlinie somit nichts bei. Hierzu müssten vielmehr Deutschland und Italien ihre Mauttarife am gesamten Autobahnnetz erhöhen, den Schienengüterverkehr in ihren Ländern ausbauen und das Sozialdumping bei der „billigen“ Straße endlich bekämpfen.
Eurovignettenrichtlinie bringt auch Fortschritte für die Umwelt
Die fehlende Verkehrsverlagerung überschattet die Fortschritte, die die Mitgliedstaaten mit der neuen Eurovignettenrichtlinie zur Senkung der Umweltbelastungen setzen können. So kann zukünftig der öffentliche Verkehr mit den Mauteinnahmen auf der Autobahn zu einem erheblich größeren Ausmaß gegenfinanziert werden. Außerdem werden die Zuschläge für die Luftverschmutzung bzw Lärmbelastung deutlich erhöht. Hinzu kommen weitere Bestimmungen, die für die Europäische Ebene einen Fortschritt darstellen, Österreichs Spielraum bei der Festsetzung der Maut aber nicht verändern: So werden LKW-Vignetten, wie sie beispielsweise noch in den Niederlanden oder Schweden vorhanden sind, zukünftig untersagt. Zusätzlich werden die Mitgliedstaaten verpflichtet, Zusatzkosten für die Luftverschmutzung und Lärmbelästigung einzuheben, wenn eine Autobahn bemautet wird. Bislang war diese Möglichkeit freiwillig und wurde über viele Jahre nur von Österreich genutzt.
Das Fazit fällt daher nüchtern aus: Die neue Eurovignettenrichtlinie beinhaltet einzelne positive Impulse, um den LKW-Verkehr in Europa umweltfreundlicher zu gestalten. Für Österreich ändert sich jedoch kaum etwas am eingeschränkten Handlungsspielraum, anhand der Mauttarife eine Verlagerung des Transitverkehrs von der Straße auf die Schiene zu erreichen.
Weiterführende Informationen:
AK EUROPA Positionspapier: Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität
AK EUROPA: Neue konkrete Vorschläge für ein klimaneutrales Europa
AK EUROPA: EU-Parlament stimmt für die Beibehaltung von Autobahnvignetten