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ZurückEs war ein Kommissionsvorschlag, der gerade in Österreich große Wellen schlug: Im Mai 2017 legte die Europäische Kommission die Überarbeitung der Wegekostenrichtlinie vor, die unter anderem ein Verbot von zeitabhängigen Mautsystemen für PKW ab 2027 vorsah. Dies würde nicht weniger als ein Vignettenverbot auf Österreichs Autobahnen bedeuten.
Nachhaltiger und sauberer soll der Straßenverkehr der Zukunft werden, sind sich viele einig. Auch die Europäische Kommission setzt sich dieses Ziel. Um diesen Vorsatz zu erreichen, will sie das VerursacherInnenprinzip stärker verankern. Um diesem gerecht zu werden, schlug die Kommission vor, dass zeitabhängige Mautsysteme, also Vignetten, abgeschafft werden. Stattdessen sollen kilometerabhängigen Mautsystemen der Vorrang gegeben werden.
Während der Verkehrsausschuss des Europäischen Parlaments diesem Kommissionsvorschlag nicht nur zustimmte, sondern die Vignetten bereits ab 2025 abschaffen wollte, kam es im Plenum ganz anders: Die Mehrheit der ParlamentarierInnen sprachen sich dafür aus, dass Mitgliedstaaten Vignetten für PKW auch in Zukunft beibehalten dürfen.
Gerade für Österreich hätte diese Änderung maßgebliche Auswirkungen auf das bestehende, bewährte und von der Bevölkerung akzeptierte Mautsystem. Bei einer Umstellung auf ein kilometerbasiertes System ist davon auszugehen, dass gerade ArbeitnehmerInnen, die täglich mit dem PKW zu ihrem Arbeitsplatz pendeln, mit deutlichen Mehrkosten zu rechnen hätten.
Die Abstimmung im Europäischen Parlament am 25. Oktober 2018 verlief dementsprechend turbulent: Zuerst fand ein Änderungsantrag, PKW vom Geltungsbereich der Richtlinie zur Gänze auszunehmen, keine Mehrheit. Sehr wohl wurde aber ein Antrag angenommen, der „Nutzfahrzeuge“ neu definiert: PKW sollen in Hinblick auf diese Richtlinie nicht mehr dazu zählen. Da das Vignettenverbot genau für jene Nutzfahrzeuge gelten soll, bedeutet diese neue Begriffsbestimmung, dass das Parlament kein Vignettenverbot für PKW will.
Abgesehen von der Diskussion rund um das Vignettenverbot sieht der Bericht des Parlaments auch noch eine Reihe von positiven Änderungen vor. So sollen die Mitgliedstaaten verpflichtet werden, Zuschläge bei der Maut für die Luftverschmutzung und Lärmbelastung von LKW einzuheben. Für diese sogenannten externen Kosten sollen die Mitgliedstaaten mehr einheben können, als es bisher möglich war. Auch der sogenannte Querfinanzierungszuschlag, mit dem die Mitgliedstaaten die Maut erhöhen können, um umweltfreundlichere Verkehrsinfrastrukturen im selben Gebiet zu errichten, soll von 25 % auf 50 % erhöht werden.
Obwohl das Parlament mit der Verabschiedung des Berichts seine Arbeiten zu dieser Richtlinie vorerst abgeschlossen hat, so dürfte es dennoch noch einige Zeit dauern, bis die neue Wegekostenrichtlinie in Kraft tritt. Im Rat steht nämlich eine gemeinsame Ausrichtung noch aus, und es ist auch nicht davon auszugehen, dass diese in absehbarer Zeit erreicht wird. Damit ist ein Abschluss der Trilogverhandlungen, die erst nach einer Einigung des Rates auf eine gemeinsame Ausrichtung beginnen können, vor den EU-Wahlen im Mai 2019 kaum mehr realistisch. Selbst nach den Wahlen dürften noch einige Monate vergehen, bis die EU-Institutionen ihre Arbeiten an den Vorschlägen im Detail wieder aufnehmen. Das Verbot von Autobahnvignetten ist damit noch nicht endgültig vom Tisch, nach der Abstimmung im Parlament aber zumindest in weite Ferne gerückt.
Weiterführende Informationen:
Europäisches Parlament: Bericht zur Wegekostenrichtlinie
AK EUROPA: Kommission will umweltfreundlicheren Straßenverkehr – Vignettenverbot ab 2025?
AK EUROPA: Mobilitätspaket „Europa in Bewegung“ – doch wohin und wie schnell?
AK Positionspapier: Eurovignettenrichtlinie