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ZurückIm Zuge der Halbzeitrevision des Mehrjährigen Finanzrahmens wird seitens der EU-Kommission eine Aufstockung der Mittel vorgeschlagen. Dies sei notwendig, damit der Haushalt angesichts der zahlreichen Krisen seine wichtigsten Aufgaben erfüllen kann. Im Fokus stehen auch Investitionen in Schlüsseltechnologien. Demgegenüber ist bei wichtigen sozialen Programmen keine Mittelerhöhung vorgesehen. Die AK fordert einen deutlich stärkeren Fokus auf sozialpolitische Ziele.
Der derzeitige Mehrjährige Finanzrahmen (MFR) gilt für den Zeitraum von 2021 bis 2027 und umfasst 1.216 Mrd. EUR. Als Antwort auf den wirtschaftlichen Abschwung in Folge der Corona-Pandemie beschloss die EU zusätzlich das Aufbauinstrument NextGenerationEU in Höhe von 807 Mrd. EUR. Beide Angaben beziehen sich auf die jeweiligen Preise. Aktuell findet eine Revision des MFR statt. Diese ist stets nach der Hälfte von dessen Laufzeit vorgesehen.
Halbzeitrevision des MFR zeigt große Herausforderungen
Die gestiegenen Kosten aufgrund des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine, der Energiekrise und der Zinssteigerungen belasten den EU-Haushalt erheblich. Im Zuge der Revision wurden von der EU-Kommission im Juni 2023 mehrere Vorschläge unterbreitet, damit der Haushaltsplan dennoch seine wichtigsten Aufgaben erfüllen kann. Er soll deshalb in mehreren Bereichen aufgestockt werden. Die Ukraine soll mit einer Wiederaufbauhilfe unterstützt werden. Auch die Mittel für Migrations- und Nachbarschaftspolitik sollen ausgeweitet werden. Ein Mechanismus, um die gestiegenen Zinskosten für NextGenerationEU zu finanzieren, ist ebenfalls vorgesehen. Zudem soll es eine Plattform für strategische Technologien für Europa (STEP) geben. Diese hat zum Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit der EU im Bereich ausgewählter Schlüsseltechnologien langfristig sicherzustellen.
Der Haushaltsausschuss des EU-Parlaments hat ebenso eine Position zum langfristigen EU Haushalt erarbeitet, über die im Oktober im Plenum abgestimmt werden soll. Der Vorschlag der Kommission wird vom Haushaltsausschuss als nicht ambitioniert genug eingestuft. Gefordert werden zusätzliche Mittel in Höhe von 10 Mrd. EUR für den Zeitraum 2024-2027, um die Ausgaben in den Bereichen Migration, externe Angelegenheiten, strategische Autonomie und Krisenbewältigung zu finanzieren. Die Abgeordneten betonen, dass eine rasche Einigung wichtig sei. Der überarbeitete MFR sollte zu Beginn des Jahres 2024 einsatzbereit sein, um einen Rahmen für den jährlichen Haushaltsplan für 2024 zu bieten.
Soll es tatsächlich zu einer Aufstockung der Mittel kommen, müssen sich aber die EU-Mitgliedstaaten darauf einigen. Dabei geht die Kommission davon aus, dass der spanische Ratsvorsitz die Arbeiten im Rat voranbringt, um eine rasche Einigung zu erzielen. Sie weist darauf hin, dass die Verhandlungen vor Ende des Jahres abgeschlossen sein müssen, „da eine angespannte Haushaltslage bereits 2024 konkret spürbar sein wird“.
AK kritisiert den mangelhaften Fokus auf soziale Ziele
Aus Sicht der Arbeiterkammer ist der Vorschlag der Kommission vor allem aufgrund der fehlenden Erhöhung von Mitteln im Sozialbereich zu kritisieren. Auch wenn die vorgeschlagenen Aufstockungen laut den Erläuterungen der Kommission dazu führen sollen, „das einzigartige europäische Sozialmodell zu bewahren und zu stärken“, so werden weder der Europäische Sozialfonds Plus noch der Fonds für einen Gerechten Übergang oder der Klima-Sozialfonds mehr Mittel bekommen. Dies wäre jedoch dringend geboten, denn viele Menschen sind von Armut bedroht und leiden unter den immensen Teuerungen. Eine Neuausrichtung der Prioritäten des EU-Haushalts in Richtung soziale Zielsetzungen ist höchst an der Zeit.
Problematisch ist zudem das neue Sonderinstrument, das bei der Deckung der gestiegenen Finanzierungskosten von NextGenerationEU herangezogen werden soll. Laut einer aktuellen Studie kann eine Nichteinigung über dieses Instrument dazu führen, dass ausgerechnet Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds Plus oder dem Bildungsprogramm Erasmus Plus zur Finanzierungsbewältigung umgeschichtet werden. Derartiges lehnt die AK strikt ab. Die AK spricht sich vielmehr dafür aus, dass die Gewährung von EU-Fördermitteln auch davon abhängig gemacht wird, ob Arbeits- und Sozialstandards gegenüber Beschäftigten eingehalten werden.
Neue Eigenmittel sind zur Finanzierung dringend notwendig
In einer weiteren Mitteilung der Kommission finden sich Vorschläge zur Einnahmenseite. Bereits 2021 wurde vorgeschlagen, Erlöse aus dem Emissionshandelssystem, dem neuen CO2- Grenzausgleichssystem und Anteile an den Residualgewinnen großer Unternehmen als Eigenmittel zu verbuchen. Neu ist der Vorschlag, über einen harmonisierten Indikator Eigenmittel zu lukrieren, dessen Basis die Bruttobetriebsüberschüsse von Unternehmen sind. Laut Kommission könnten so insgesamt rund 16 Mrd. EUR an Eigenmitteln fließen. Die AK kritisiert, dass die Mittel dabei nach wie vor aus den nationalen Budgets fließen und nicht direkt von Unternehmensgewinnen kommen würden. Sie fordert stattdessen einen eigenen EU-KÖSt-Zuschlag und bringt auch die Finanztransaktionssteuer ins Spiel. Insgesamt ist es abzulehnen, dass Steueraufkommen aus Arbeit und Konsum überproportional zur Finanzierung des EU-Haushalts herangezogen werden.
Die Förderung von strategischen Technologien durch die Schaffung von STEP bewertet die AK grundsätzlich positiv, erkennt jedoch auch hier Verbesserungsbedarf, wie etwa eine bessere Einbindung der Sozialpartner. Schließlich sollte im Bereich der Gemeinsamen Agrarpolitik laut AK auch die Aufnahme von echten Nachhaltigkeitsaspekten vorangetrieben und für eine faire Verteilung der Mittel gesorgt werden.
Weiterführende Informationen:
EU-Kommission: EU-Haushalt
AK EUROPA Positionspapier: Halbzeitrevision des Mehrjährigen EU-Finanzrahmens 2021-2027
AK EUROPA: Kommission schlägt neue Eigenmittel vor
Bruegel Think Tank: The rising cost of European Union borrowing and what to do about it (Nur Englisch)