Nachrichten
ZurückSeit Jahren ist eine Aktualisierung des Reiserechts Thema in Brüssel. Ziel ist es, die Rechte von Fahrgästen, Fluggästen und Pauschalreisenden zu stärken. Die EU-Kommission hat ihre Vorschläge schließlich im November 2023 vorgelegt, auch angestoßen durch die Krisen der letzten Jahre. Eine Verabschiedung in der letzten Legislaturperiode war damit nicht mehr möglich. Nun nimmt das neue EU-Parlament seine Arbeit auf und im Rat wird bereits eifrig diskutiert. Doch wie gut werden Europas Reisende in Zukunft geschützt sein?
Die Corona-Pandemie, zahlreiche Naturkatastrophen und auch Insolvenzen in den letzten Jahren haben uns eindringlich vor Augen geführt, wie fragil viele unserer Systeme sind. Betroffen waren oft auch Reisende, die lange für ihren wohlverdienten Urlaub gespart hatten, um dann ohne Leistung auf den entstandenen Kosten sitzen zu bleiben. Mit dem neuen Reiserechtspaket der EU sollen nun die Lehren aus diesen Krisen in Recht umgesetzt werden, um Reisende in Zukunft besser zu schützen. Dieses Anliegen wird vom Europäischen Verbraucherverband BEUC prinzipiell begrüßt. Wie die AK sieht er aber auch zahlreiche Verbesserungsmöglichkeiten. Worum geht es im Kern?
Verlässliche Unterstützung bei Problemen
Communication is key. Das sieht auch die EU-Kommission so und will den Mängeln in der Kundenkommunikation mancher Fluggesellschaften nun per Gesetz entgegenwirken. Die neue Verordnung soll laut Vorschlag der EU-Kommission genau regeln, dass Fluggäste schnell und wirksam mit Fluggesellschaften oder Flugvermittlern kommunizieren können müssen. Die AK fordert, dass zusätzlich Post- und E-Mail-Adressen sowie Telefonnummern klar angegeben werden müssen und dass die Regelung auch Bahn-, Schiffs- und Busbetreiber einschließt.
Wurde ein Flug über eine Vermittlungsplattform gebucht, ist bei Problemen oft unklar, wer die Kosten erstattet: die Fluggesellschaft oder die Buchungsplattform. Noch unklarer wird die Situation bei multimodalen Reisen, wenn beispielsweise ein Flug auf Grund eines verspäteten Zugs verpasst und die Reise als Gesamtpaket über eine Vermittlungsplattform gebucht wurde.
Mehr Klarheit soll hier das neue Reiserechtspaket bringen. Dabei werden Vermittler von Flugreisen deutlich direkter in die Verantwortung genommen, Reisenden Unterstützung zukommen zu lassen und sie gegebenenfalls zu entschädigen. Bei multimodalen Reisen wird auch zumindest Unterstützung bei verpassten Anschlüssen eingefordert. Bedauerlich ist, dass die neuen Regeln bezüglich Erstattung nur Flug-Vermittler, nicht aber Vermittler von Bahn- oder Busreisen umfassen. Warum bei einem – nicht durch den Fahrgast verschuldeten – verpassten Anschluss nicht immer eine Weiterfahrt ohne zusätzliche Kosten möglich ist und zudem Busreisende bei Verspätungen oft noch immer nicht entschädigt werden, ist aus Sicht der Fahrgäste nicht nachvollziehbar.
Schutz bei Insolvenz des Veranstalters
Derzeit ist in Österreich bei Pauschalreisen eine Anzahlung von maximal 20% innerhalb von 20 Tagen vor Reiseantritt vorgesehen. Darüber hinaus dürfen Zahlungen frühestens 11 Monate vor Ende der Reise entgegengenommen werden. Diese Regelungen sollen Reisende davor schützen, im Falle einer Insolvenz des Reiseveranstalters leer auszugehen. Der EU-Kommissionsvorschlag sieht eine Begrenzung der Anzahlung auf 25% und eine Fälligkeit des Gesamtbetrages frühestens 28 Tage vor Reisebeginn vor. Darüber hinaus sind Ausnahmen von der Anzahlungsbeschränkung vorgesehen, die nach Einschätzung der AK in der Praxis sehr weit ausgelegt werden könnten. Diese Regelungen würden für österreichische Reisende jedenfalls keine Verbesserung der Rechtslage bringen. Die AK fordert zumindest die Aufrechterhaltung des bisherigen österreichischen Schutzniveaus. Weiters unterstützt die AK die Forderung des Europäischen Rechnungshofs nach einem gleichwertigen Schutz bei Flugbuchungen inklusive Insolvenzabsicherung.
Beispiele für unvermeidbare und außergewöhnliche Umstände gab es in den letzten Jahren zuhauf, etwa die Corona-Pandemie oder die Waldbrände in Griechenland 2023. Ist eine Pauschalreise dadurch nicht durchführbar, galt schon bisher ein besonderes Rücktrittsrecht, das nun zugunsten der Reisenden präzisiert werden soll. Wer Hotel und Flug getrennt gebucht hat, schaut allerdings weiterhin durch die Finger. Selbst wenn das Hotel bereits abgebrannt ist, besteht für den Flug kein Rücktrittsrecht, solange er vertragsgemäß durchführbar ist. Hier fordert die AK weiterhin ein analoges kostenloses Rücktrittsrecht bei Flugbuchungen und anderen Einzelleistungen (u.a. Mietwagen).
Effektivere Rechtsdurchsetzung
Im Falle einer vorzeitigen Beendigung des Pauschalreisevertrags sieht der EU-Kommissionsentwurf nun einen automatischen Rückerstattungsmechanismus vor. Der Reiseveranstalter muss die Rückerstattung innerhalb von 14 Tagen vornehmen, unabhängig davon, ob der Reisende dies ausdrücklich verlangt oder nicht. Die Erstattung kann weiterhin in Form von Gutscheinen erfolgen, die ausdrücklich insolvenzgeschützt sind. Es muss jedoch deutlich darauf hingewiesen werden, dass die Annahme freiwillig ist und auch eine Barauszahlung verlangt werden kann. Wird der Gutschein nicht innerhalb seiner Gültigkeitsdauer eingelöst, erfolgt wiederum eine automatische Rückerstattung.
In der Reise- und Beförderungsbranche ist es leider gängige Praxis, dass Fahrgastrechte nicht ausreichend beachtet werden. Das passiert bereits bei der bestehenden Rechtslage und wird sich wohl trotz der geplanten Verschärfung nicht verändern. Offensichtlich ist es in dieser Branche oft wirtschaftlich sinnvoller, pauschale Strafen zu zahlen. Eine Lösung für solche Fälle hat die EU bereits in anderen Rechtsakten gefunden, die sich mit besonders zahlungskräftigen Unternehmen befassen, wie beispielsweise beim Digital Services Act oder der DSGVO. Dort orientieren sich Mindeststrafen am Jahresumsatz der betroffenen Unternehmen, um wirksame Anreize für rechtskonformes Handeln zu schaffen. Ein ähnliches Modell fordert die AK auch für die Reise- und Beförderungsbranche, um endlich eine effektive Rechtsdurchsetzung zu gewährleisten. Eine mit weitreichenderen Kompetenzen ausgestattete nationale Durchsetzungsstelle für betroffene Reisende könnte dabei unterstützen, damit niemand auf der Strecke bleibt.
Weiterführende Links
EU-Kommission: Fluggastrechte durchsetzen, Reisende besser informieren – neue Vorschläge sollen Durchbruch bringen
EU-Kommission: Improved rights and better information for travellers (nur Englisch)
BEUC: The EU can do better to protect passengers and their rights (nur Englisch)
BEUC: Revision of passenger rights regulations (nur Englisch)
BEUC: Proposal for a Package Travel Directive Proposal. A first step to guarantee robust consumer protection (nur Englisch)
Europäischer Rechnungshof: Fluggastrechte während der COVID-19-Pandemie - grundlegende Rechte trotz der Bemühungen der Kommission nicht geschützt (Sonderbericht 15/2021)
AK EUROPA: Fahrgastrechte auf dem Prüfstand
AK EUROPA: Corona-Krise und die Konsequenzen für Reisende
AK EUROPA: Thomas Cook Insolvenz - EU-Parlament fordert besseren Schutz von Reisenden
AK EUROPA: EU-Parlament startet Beratungen über neue Regeln zu Pauschal- und Bausteinreisen