Nachrichten
ZurückAm 20. Februar 2020 stellte Verkehrskommissarin Adina Valeăn dem Verkehrsausschuss des Europäischen Parlaments die Schwerpunkte der neuen Kommission für das aktuelle Jahr vor. Die anschließende Debatte mit den Abgeordneten stand dann aber ganz im Zeichen der angespannten Situation am Brenner, die in einem neuerlichen Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich münden könnten.
Die rumänische Verkehrskommissarin Adina Valeăn war in den Verkehrsausschuss geladen, um über die Schwerpunkte der Kommission für das laufende Jahr zu berichten. Nachhaltig und intelligent soll das Verkehrssystem der Zukunft sein und den BürgerInnen ein leistbares, flächendeckendes und sicheres Angebot zur Verfügung stellen soll. Alle VerkehrsträgerInnen sollen dabei eine Rolle spielen und gleichzeitig ihren Beitrag leisten, um die Ziele des europäischen Grünen Deal und damit einen CO2-neutralen Kontinent bis 2050 zu erreichen. Deshalb soll noch in diesem Jahr eine Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität präsentiert werden.
Bei der anschließenden Möglichkeit für die Abgeordneten, Fragen an die Kommissarin zu stellen, stand aber ihre Reise nach Tirol und Italien im Vordergrund, die hohe Wellen schlug. So wurde Adina Valeăn in den Medien unter anderem mit der Aussage zitiert, Österreich solle aus dem Binnenmarkt austreten, wenn es an den verschiedenen Fahrverboten festhalten wolle. Valeăn nahm die Aussagen auch nicht zurück: „Nationale Alleingänge bei Beschränkungen und Fahrverboten durch regionale Behörden können auf den Europäischen Verkehrskorridoren nicht akzeptiert werden. Heute ist es Tirol und morgen ist es eine andere Region, die der Meinung ist, dass es zu viel LKW-Verkehr gibt. Das wäre das Ende der EU und das Ende des Binnenmarktes im Verkehrsbereich.“ Sie möchte die Gespräche mit der Tiroler Landesregierung fortsetzen, um eine Lösung zu finden. Einer Korridormaut, wie sie von ihrer Vorgängerin als Verkehrskommissarin in Aussicht gestellt wurde, steht sie aber positiv gegenüber.
Während die Tiroler Abgeordnete Barbara Thaler (ÖVP) auf den mangelnden Ausbau der Zulaufstrecken in Italien und vor allem in Deutschland hinwies, stellte der Abgeordnete Markus Ferber (CSU) der Kommissarin die Frage, ob sie auch bereit sei, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich aufgrund der „einseitigen Maßnahmen“, die sich nach seiner Ansicht gegen nicht-österreichische FrächterInnen richten, zu ergreifen. Diese Frage bejahte sie.
Mit diesen „einseitigen Maßnahmen“ ist in erster Linie das sogenannte „sektorale Fahrverbot“ gemeint – dieses untersagt den Transport von „bahnaffinen“ Gütern (z.B. Holz, Abfälle) auf der Inntalautobahn. Gleichzeitig gelten jedoch eine Reihe von Ausnahmen: Transporte auf kurzen Strecken sind ebenso ausgenommen wie Transporte mit neuen und damit sauberen LKW, und zwar unabhängig von der Länge des Transportweges. Bereits zwei Mal (2001 und 2011) kippte der EUGH die Regelung zum sektoralen Fahrverbot. Im Gegensatz zu den beiden außer Kraft gesetzten Verordnungen betrifft das 2016 erlassene sektorale Fahrverbot nicht die LKW der saubersten Generation, weshalb die Kommission im Februar 2017 bekannt gab, das neuerliche Verfahren gegen Österreich einzustellen.
Ein zweiter Schwerpunkt im Rahmen der Fragen durch die Abgeordneten war der Verhandlungsstand zum Mobilitätspaket. Vor allem Abgeordnete aus den neueren Mitgliedstaaten äußerten ihre ablehnende Haltung zum Kompromiss zwischen dem Rat und dem Parlament. Valeăn verteidigte den Kompromiss mit Verweis auf einen verbesserten Schutz der ArbeitnehmerInnen als wichtigen Schritt. Aus Sicht der AK bleiben die Verbesserungen hinsichtlich der Lenk- und Ruhezeiten für BerufskraftfahrerInnen sowie der Anwendung der Entsenderichtlinie für Bus- und LKW-FahrerInnen überschaubar. Bezüglich des Kompromisses, dass LKW spätestens alle acht Wochen in das Land der Zulassung zurückkehren müssen, arbeitet die Kommission noch immer an der Folgenabschätzung. Bezüglich der Frage, wann diese abgeschlossen ist und ob die Kommission im Anschluss die Diskussion um das Mobilitätspaket wieder öffnen könnte, wollte sich die rumänische Kommissarin nicht festlegen.
Weiterführende Informationen:
AK EUROPA: Verkehr ohne soziales Gewissen? Hearing von Verkehrskommissarin Adina Vălean
AK EUROPA: Mobilitätspaket: Verkehrsausschuss bestätigt Kompromiss
AK EUROPA: Kommission stellt Europäischen Grünen Deal vor
Europäisches Parlament: Videoaufzeichnung des Verkehrsausschusses mit Adina Valeăn