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ZurückRund um den internationalen Frauentag finden daher auch in Brüssel viele Aktivitäten statt, die Geschlechtergerechtigkeit zum Thema haben. Gleichstellungspolitik steht auch auf der Prioritätenliste der Kommissionpräsidentin weit oben, wie das Engagement der Europäischen Kommission für mehr Frauen in Aufsichtsräten und Einkommenstransparenz zeigen.
Die Coronakrise hat Ungleichheiten in der Welt verschärft, einerseits zwischen den Ländern des Zentrums und des globalen Südens, wie die ungleiche Verteilung von Impfstoffen eindrücklich beweist. Andererseits haben sich aber auch Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen in vielen Bereichen verschärft. Diese resultieren sowohl aus der Verteilung von bezahlter und unbezahlter (Sorge-)Arbeit als auch aus der Höhe der Entlohnung. Verdeutlicht wird dies durch den Equal Pay Day: Dieser symbolisiert die zusätzlichen Tage, die Frauen arbeiten, um das Gleiche wie Männer zu verdienen. Im Jahr 2021 waren es im EU-Durchschnitt 51 Tage. In Österreich hat sich die Lage 2022 leicht verbessert – der Equal Pay Day fiel heuer auf den 15. Februar und war somit 6 Tage früher als im Vorjahr. Österreich gehört jedoch zu den traurigen Schlusslichtern in der EU gemeinsam mit Lettland, Estland und Deutschland, wo es ganze 66 Tage sind, die Frauen zusätzlich arbeiten müssten, um gleich viel zu verdienen wie Männer. Luxemburg mit 5 Tagen, Rumänien, Slowenien und Italien schnitten 2021 innerhalb der EU am besten ab und konnten seit 2015 die Lohndifferenz fast halbieren.
Für Österreich weist AK Präsidentin Renate Anderl darauf hin, dass die sehr hohe Teilzeitquote von Frauen sowie die schlechtere Bewertung von sogenannten „Frauenberufen“ etwas mehr als die Hälfte des Lohnunterschiedes erklären. Knapp die Hälfte des Gefälles ist auf reine Diskriminierung zurückzuführen. Das Beispiel Österreichs zeigt dabei recht anschaulich, dass die hohe kollektivvertragliche Abdeckung allein die Lohnschere nicht zu schließen vermag. Dazu braucht es einen Mix aus unterschiedlichen Maßnahmen, mehr Einkommenstransparenz ist eine davon.
Mangelnde Transparenz bei Gehältern
Das Schließen der Lohnschere schreitet in der EU sehr langsam voran, die Unterschiede bleiben groß und werden noch Jahrzehnte anhalten, sollte das jetzige Tempo beibehalten werden. Die EU-Gleichstellungsstrategie für 2020-2025 sieht eine Reihe von Maßnahmen vor, um das geschlechtsspezifische Lohngefälle zu beseitigen. Eine davon ist die vorgeschlagene Richtlinie zur Lohntransparenz, die derzeit im Europäischen Parlament behandelt wird. Sie fordert das Recht auf gleiches Entgelt bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit. Arbeitgeber:innen sollen dazu verpflichtet werden, einen Bericht über das Lohngefälle zu veröffentlichen. Dadurch können Arbeitnehmer:innen leichter eine Entschädigung einfordern. Das Auskunftsrecht ist aus Sicht der AK sehr zu begrüßen, da mangelnde Transparenz eines der größten Hindernisse ist, um die Lohnschere zu schließen. Allerdings ist der Schwellenwert von 250 Arbeitnehmer:innen, ab dem die Verpflichtungen für Arbeitgeber:innen eintreten sollen, viel zu hoch angesetzt und würde nicht nur in Österreich sehr viele Unternehmen von der Verpflichtung befreien. Begrüßt wird auch explizit die Beweislastumkehr in Übereinstimmung mit der bestehenden Rechtsprechung. Wenn Arbeitgeber:innen die in diesem Richtlinienentwurf festgelegten Pflichten nicht erfüllen, so trifft sie die volle Beweislast, ohne dass die Arbeitnehmer:innen den Anschein der Diskriminierung belegen müssen. Nachdem die Mitgliedsstaaten im Rat bereits im Dezember eine allgemeine Ausrichtung erzielt haben und somit ihr Verhandlungsmandat festgelegt haben, wird nun im Europäischen Parlament über den Bericht abgestimmt.
Aktivitäten rund um den internationalen Frauentag
Anlässlich des Internationalen Frauentags hielt der Ausschuss für die Rechte der Frauen und die Gleichstellung der Geschlechter (FEMM) am 3. März 2022 sein jährliches interparlamentarisches Treffen der Mitglieder des Europäischen Parlaments und der nationalen Parlamente ab. Das diesjährige Thema war "eine ehrgeizige Zukunft für Europas Frauen nach COVID-19: psychische Belastung, Gleichstellung von Frauen und Männern bei der Telearbeit und unbezahlte Betreuungsarbeit nach der Pandemie". Aber auch einzelne Fraktionen nutzen den Tag, um auf Geschlechterungleichheiten hinzuweisen. So veranstaltet die linke Fraktion GUE/NGL auch dieses Jahr ein zweitägiges „Feminist Forum“, das den Fokus auf Frauengesundheit und die reproduktiven Rechte legte.
Des Weiteren scheint es, dass endlich Bewegung in eine seit Jahren blockierte Richtlinie kommt: Der Richtlinienentwurf zu „Frauen in den Aufsichtsräten“ aus dem Jahr 2012 wird von der französischen Ratspräsidentschaft wieder aufgegriffen, um endlich eine Einigung im Rat zu erzielen.
Weiterführende Informationen:
AK EUROPA: Richtlinie zur Lohntransparenz
AK EUROPA: Policy Brief: Gender Pay Gap
AK EUROPA: Großer Nachholbedarf bei Geschlechtergleichstellung in der EU