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ZurückIm Ausschuss für Wirtschaft und Währung des EU-Parlaments stehen demnächst Abstimmungen zu zwei kontroversiell diskutierten Themen an: Anfang April 2024 wird über die Einführung des digitalen Euros als neues Zahlungsmittel abgestimmt. Die in der Öffentlichkeit weit weniger beachtete Kleinanlegerstrategie der EU-Kommission gelangt am 20. März 2024 zur Abstimmung. Die AK fordert Verbesserungen für Konsument:innen.
Digitaler Euro als Ergänzung zum Bargeld
Die EU-Kommission legte im Juni 2023 den Vorschlag für die Verordnung zum digitalen Euro vor. Dieser soll eine Modernisierung des europäischen Finanzwesens unterstützen, den europäischen Zahlungsverkehr erleichtern, zu mehr Privatsphäre führen, Offline-Zahlungen ermöglichen und niederschwellig zugänglich sein. Gleichzeitig soll er helfen, gegen Betrug vorzugehen und für mehr Sicherheit sorgen, auch im Vergleich zu anderen digitalen Zahlungsmitteln wie Bitcoin und Co. Aus Sicht der AK wäre ein digitaler Euro, der sowohl online als auch offline äquivalent zum Bargeld funktioniert, eine bedeutende Innovation für Konsument:innen. Damit dieser als Zahlungsmittel auch angenommen wird, ist eine umfangreiche Akzeptanzpflicht geplant. Kreditinstitute, Behörden oder Postämter sollen kostenlose Basisdienste für den digitalen Euro anbieten. Um gleichzeitig den Status des gewohnten Bargeldes sicherzustellen, schlägt die EU-Kommission eine Akzeptanzpflicht und eine Regelung zur Verfügbarkeit (z.B. Bankomatennetz) für Euro-Bargeld vor.
Kritikpunkte aus konsument:innenpolitischer Sicht
Als anonymes und kostenloses Zahlungsmittel wäre der digitale Euro für viele Konsument:innen eine sinnvolle Ergänzung zum Bargeld. Die AK begrüßt daher die vorgeschlagenen Reformen grundsätzlich, hat aber auch Bedenken. Die Ausnahmen von der Annahmepflicht des digitalen Euro sind zu weit gefasst: Mit einer Schwelle von 2 Mio. Euro Jahresumsatz oder 10 Mitarbeiter:innen wäre beispielsweise in Österreich ein bedeutender Teil der Unternehmen nicht von der Annahmepflicht erfasst. Darüber hinaus sind auch noch weitere Ausnahmen vorgesehen, die Schlupflöcher für Unternehmen ermöglichen und daher von der AK abgelehnt werden. Bezüglich der geplanten kostenlosen Grundservices zum digitalen Euro spricht sich die AK für Informationspflichten aus, um zu verhindern, dass diese Services versteckt werden, wie dies derzeit etwa bei den verpflichtend anzubietenden Basiskonten der Fall ist.
Der digitale Euro sollte außerdem genau wie Bargeld nicht nur als Zahlungsmittel, sondern auch als Wertaufbewahrungsmittel zur Verfügung stehen. Ob und ab wann der digitale Euro tatsächlich ausgegeben wird, steht noch nicht fest und wird erst zu einem späteren Zeitpunkt entschieden. Anfang April stimmt der Ausschuss für Wirtschaft und Währung des EU-Parlaments über den Vorschlag ab.
Im Verordnungsvorschlag zum Euro-Bargeld kritisiert die AK Schwachpunkte bei den Maßnahmen zur Sicherstellung der Bargeld-Akzeptanz. Als wenig effektive Maßnahme ist vor allem einzuschätzen, dass bei Annahmeproblemen die Mitgliedsstaaten lediglich nachträglich Handlungen setzen können. Die AK fordert ein Verbot von Ex-ante-Ausschlüssen, die Unternehmen bereits seit einigen Jahren festlegen, indem sie zum Beispiel Bezahlvorgänge nur auf Kartenzahlungen einschränken wollen. Ausnahmen soll es aus Sicht der AK nur geben, wenn nach der Natur des Vertragsverhältnisses Barzahlung nicht verkehrsüblich ist, etwa bei wiederkehrenden Zahlungen im Rahmen von Versicherungs- oder Telekomverträgen oder beim Onlinekauf.
Kleinanlegerstrategie
Die EU-Kommission will nicht nur die Zahlungsmittel modernisieren, sondern auch mehr Konsument:innen an die EU-Kapitalmärkte locken. Die im Mai letzten Jahres vorgeschlagene Kleinanlegerstrategie soll den Zugang zum Finanzmarkt erleichtern und den Schutz der Kleininvestor:innen verbessern. Dies betrifft Kapitalmarktinvestitionen sowie auch Versicherungen wie z.B. Lebensversicherungen oder private Pensionsvorsorge. Am 20. März 2024 wird der Wirtschafts- und Währungsausschuss des EU-Parlaments über den Vorschlag abstimmen. Die AK sieht die Grundintention der Kleinanlegerstrategie kritisch. Risikoaverse Sparer:innen sollen nicht unreflektiert Wertpapiere erwerben oder dazu gedrängt werden, riskante Wertpapiere anzuschaffen. Viele Vorschriften zum Schutz der Kleininvestor:innen sind aus konsument:innenpolitischer Perspektive jedoch zu begrüßen.
Kritik der AK
Die Kleinanlegerstrategie sieht ein partielles Provisionsverbot für Finanzdienstleistungen und Versicherungen vor. Weiters sind Benchmark-Werte zur besseren Orientierung der Anleger:innen und strengere Regeln für sogenannte Finfluencer:innen vorgesehen, um gegen irreführendes Marketing im Social-Media-Bereich vorzugehen. Durch diese Maßnahmen soll das Vertrauen der Konsument:innen gestärkt und die Investitionsbereitschaft gehoben werden.
Die AK begrüßt das vorgeschlagene Provisionsverbot grundsätzlich und bewertet positiv, dass es für beide Bereiche – Wertpapiere und Versicherungen – bei unabhängigen Beratungen gleichermaßen gelten soll. Allerdings sind etliche Nebenbedingungen und Ausnahmen vorgesehen, welche die Nachvollziehbarkeit erschweren und die Wirksamkeit verwässern: Das Provisionsverbot soll für unabhängige Beratungen und beratungsfreie Verkäufe (Versicherungsanlageprodukte) sowie im Bereich der Wertpapiere für reine Ausführungsgeschäfte gelten. Es gibt jedoch Beschränkungen des Provisionsverbotes, die aus AK-Sicht zu Schlupflöchern führen und daher aufgehoben werden sollten. So ist im Bereich der Versicherungen eine Ausnahme im beratungsfreien Vertrieb vorgesehen, wenn die Provision für die Erbringung der Vertriebsleistung „notwendig“ ist. Auch hier sollte das Provisionsverbot gelten. Ein weiterer zentraler Kritikpunkt der AK betrifft die Regelung zur Offenlegung der Provisionshöhe. Provisionen sollten verpflichtend und automatisch in Euro-Beträgen (anstatt in Prozent) angegeben werden.
AK-Vorschlag
Die AK schlägt – ergänzend zu dem von der EU-Kommission vorgeschlagenen partiellen Provisionsverbot – vor, dass die Berater:innen bzw. Vermittler:innen bei Versicherungsanlageprodukten verpflichtend verschiedene Vergütungsvarianten darstellen und vorlegen, um den Konsument:innen a) die verschiedenen Kosten- bzw. Vergütungsszenarien vor Augen zu führen und b) eine eigenverantwortliche Auswahl eines Vergütungsmodells zu ermöglichen.
Weiterführende Informationen:
AK EUROPA: Digitaler Euro und Euro-Bargeld aus konsumentenpolitischer Sicht
AK EUROPA: Was bedeutet der digitale Euro für Konsument:innen
BEUC: Recommendations on the legislative framework for the digital euro (nur Englisch)
Rat: Auf dem Weg zum digitalen Euro
AK EUROPA: Retail Investment Strategy (Kleinanlegerstrategie)
AK EUROPA: Kapitalmarktunion: Strategie für Kleinanleger:innen
BEUC: Public Consultation on a retail investment strategy for Europe (nur Englisch)