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Mit dem Winterpaket stellte die Europäische Kommission am Mittwoch die Länderberichte vor und gab eine für Österreich weniger erfreuliche Empfehlung an den Rat: Österreich muss wegen falscher Darstellung der öffentlichen Verschuldung 29,8 Millionen Euro Strafe zahlen, sollte der Rat der Empfehlung folgen.

 

Das Winterpaket leitet die nächste Runde des Europäischen Semesters ein, welches im November mit dem Herbstpaket und dem Jahreswachstumsbericht begonnen hat. Nun startet die nationale Phase, in der die Kommission die wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen der Unionsmitglieder analysiert und entsprechende Empfehlungen abgibt. Neu ist in diesem Jahr, dass die Mitgliedsstaaten bereits vor der Veröffentlichung in den Prozess miteinbezogen wurden. So konnten sie die Korrektheit der Zahlen und Sachverhalte prüfen, die abschließende Analyse wurde jedoch weiterhin von der Kommission durchgeführt. In den kommenden Schritten des Europäischen Semesters soll dieser Dialog beibehalten werden, um eine bessere Implementierung der Vorschläge zu ermöglichen.

 

Das Winterpaket betont die Fortschritte, die die Mitgliedsstaaten aus Sicht der Kommission im Bereich des Finanzsektors und der Arbeitsmarktpolitik erzielt haben. Es wird jedoch gleichzeitig angemerkt, dass es im Bereich der Waren- und Dienstleistungsliberalisierung sowie der Bekämpfung sozialer Ausgrenzung noch weiterhin viel Reformbedarf gäbe und die bisherigen Fortschritte hinter den Erwartungen zurückgeblieben seien. In Bezug auf Beschäftigung und Soziales betonte die Kommission, dass mit 232 Millionen Erwerbstätigen in der Union ein neuer Höchststand erreicht wurde und sieht auch die Entwicklung der Erwerbslosenraten und der Einkommensverteilung als tendenziell verbessert, obwohl die Arbeitslosigkeit insgesamt nach wie vor auf einem inakzeptabel hohen Niveau bleibt. Die Mitgliedsstaaten sollen daher die leichte Erholung, die sich in der EU abzeichne, nutzen um die Reformanstrengungen zu vertiefen, so die Sicht der Kommission.

 

Insgesamt wurden zwölf Länder wegen makroökonomischer Ungleichgewichte ermahnt. Deutschland wurde hier von der Kommission erneut für den großen Handelsüberschuss kritisiert. Dieser schade der Währungsunion; Deutschland müsse dringend investieren, wie kürzlich auch Flassbeck und Bibow in der für die AK und den ÖGB verfassten Studie bestätigten. Im Vergleich zu anderen Mitgliedsstaaten bleiben die Mahnungen der Kommission für Deutschland jedoch bisher ohne Sanktionen und somit zahn- und wahrscheinlich auch effektlos.

 

In Bezug auf Österreich lobt die Kommission die Lohnsteuerreform, sowie die Anstrengungen Geflüchtete in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Kritisch hingegen sieht sie, dass geschlechterspezifische Unterschiede in Einkommen und Pensionen weiterbestehen – Frauen bleiben damit benachteiligt und werden einer höheren Armutsgefährdung ausgesetzt. Der bereits lange von der AK geforderte Grundsatz gleicher Lohn für gleiche Arbeit scheint damit immer noch nicht erreicht. Zudem sei die soziale Mobilität durch das österreichische Bildungssystem nach wie vor nicht gewährleistet und Kinder aus ArbeiterInnenfamilien würden es bedeutend schwerer haben, einen akademischen Abschluss zu erlangen. Die starke Vererbung von Bildungschancen wird schon sehr lange von der AK verurteilt – das Bildungssystem muss sozial gerechter werden! Wie auch schon in vergangenen Empfehlungen kritisiert die Kommission das österreichische Pensionssystem, wobei eine Erhöhung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters vorgeschlagen wird. Dies ist ein Punkt, den die AK so nicht teilt. Vielmehr muss es Ziel sein, den Abstand zwischen faktischen Pensionsantrittsalter und dem gesetzlichen zu schließen, was Maßnahmen zu altersgerechten Arbeitsbedingungen und die verstärkte Integration älterer ArbeitnehmerInnen in betriebliche Weiterbildungsmaßen notwendig macht.

 

Eine weitere Rüge trifft Österreich aus einer ganz anderen Richtung – die von der Statistik Austria an EUROSTAT weitergegebenen Daten zu Defiziten und Schuldenstand 2012 und 2013 enthielten nur einen Bruchteil des Schuldenstandes des Landes Salzburg und verstoßen damit gegen die EU-Gesetzgebung. Die im vergangenen Jahr eingeleitete Untersuchung kam nun zu dem Schluss, dass die hier zuständigen Behörden grob fahrlässig gehandelt haben, auch wenn Statistik Austria die Abweichungen 2014 nachträglich bekannt gegeben hat. Insgesamt schlägt die Kommission daher eine Strafzahlung von 29,8 Millionen Euro vor. Ob Österreich dieser Strafe in dem Ausmaß nachkommen muss, entscheidet nun der Rat, und damit die einzelnen Mitgliedsstaaten.

 

Weiterführende Informationen:

Factsheet der Kommission zum Winterpaket

Länderbericht Österreich

BAK: Jahreswachstumsbericht 2017

Jahreswachstumsbericht der Europäischen Kommission

Europäische Kommission: Empfehlung an den Rat zur Bestrafung Österreichs