Nachrichten
ZurückWasser ist die Grundlage allen Lebens – doch auch in der EU droht es zunehmend zur Mangelware zu werden. Trockenperioden, sinkende Grundwasserspiegel und Konflikte um Wasserressourcen verdeutlichen die Dringlichkeit einer nachhaltigen Wasserpolitik. Die AK setzt sich für eine resiliente Wasserversorgung ein und fordert politische Maßnahmen: öffentliche Investitionen in die Wasserinfrastruktur, eine gerechte Verteilung der Ressourcen und den konsequenten Schutz des Wassers als öffentliches Gut. Am 26. März 2025 luden AK EUROPA und EPSU zu einer Veranstaltung in Brüssel ein, um diese drängenden Fragen zu diskutieren.
Wasser ist ein Menschenrecht. Je mehr die anhaltende Klimakrise ihre bedrohliche Seite zeigt, desto unerlässlicher wird der Einsatz für einen universellen Zugang zu Wasser. Schon heute ist der ausreichende Zugang zu sauberem und erschwinglichem Wasser in Europa keine Selbstverständlichkeit. Landwirtschaftliche Gebiete mit intensiver Bewässerung, touristische Inseln und große städtische Zentren sind am anfälligsten für Wasserknappheit, die aufgrund des Klimawandels voraussichtlich zunehmen wird. Bereits jetzt sollten daher Strategien für den Umgang mit möglichen Nutzungskonflikten bei der Wasserverteilung durch vorausschauende Planung erarbeitet werden.
Vom EU Blue Deal zur Strategie für eine resiliente Wasserversorgung
Dass Wasser als zentrales Lebensmittel in den letzten Jahren so viel Aufmerksamt in den europäischen Institutionen bekommt, ist auch den Arbeiten des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (EWSA) zum EU Blue Deal zu verdanken. Als der EWSA im Jänner 2023 seine Arbeit daran aufnahm, war es ein zentrales Anliegen, Wasser als politisches Schlüsselthema zu etablieren, den universellen Zugang zu Trinkwasser zu sichern und die erforderlichen Finanzmittel für die Wasserversorgung bereitzustellen. Auch AK EUROPA hat schon im September 2023 in einer großen Publikumsveranstaltung den notwendigen Blue Deal für die EU zum Thema gemacht.
Die EU-Kommission hat nun mit der Entwicklung einer Europäischen Strategie für eine resiliente Wasserversorgung reagiert. Nachdem EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die Strategie schon in ihren politischen Leitlinien für die Legislaturperiode 2024-2029 angekündigt hatte, fand sie nicht nur Eingang in den sogenannten Mission Letter der neuen Umweltkommissarin Jessika Roswall, die die Zuständigkeit für Wasserresilienz sogar erstmals im Titel trägt. Es wurde darüber hinaus auch von Anfang Februar bis Anfang März 2025 eine öffentliche Konsultation eingeleitet, zu der 574 Rückmeldungen eingelangt sind. Zusätzlich wurde am 6. März von der Generaldirektion Umwelt der EU-Kommission eine große Stakeholder-Veranstaltung in Brüssel organisiert.
Die AK hat sich nicht nur an diesen Möglichkeiten zur Positionierung beteiligt, sondern auch frühzeitig mit dem Europäischen Gewerkschaftsverband für den Öffentlichen Dienst (EPSU) in einem gemeinsamen Brief an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und die zuständige Kommissarin Roswall Stellung bezogen. Darin wird gefordert, dass die kommende Strategie die öffentliche Daseinsvorsorge stärkt, eine angemessene Finanzierung der öffentlichen Wasserversorgung sicherstellt, naturbasierte Lösungen priorisiert, sauberes Wasser schützt, die Wassereffizienz erhöht und End-of-Pipe-Lösungen möglichst vermeidet. Da die Veröffentlichung der Strategie bereits im zweiten Quartal 2025 erwartet wird, haben AK EUROPA und EPSU am 26. März 2025 im Rahmen einer gemeinsamen Veranstaltung mit zentralen Bündnispartner:innen die Fachöffentlichkeit in Brüssel für die Dringlichkeit dieser Forderungen sensibilisiert.
Mensch und Planet im Mittelpunkt: Kernbotschaften der Diskussionsveranstaltung
Judith Vorbach (AK EUROPA) eröffnete die Veranstaltung und betonte, dass der Schutz des Wassers lebensnotwendig sei und daher endlich politisches Handeln erforderlich sei. Neben den in letzter Zeit immer prominenter diskutierten Investitionserfordernissen für Wettbewerbsfähigkeit und Verteidigung dürften die Ausgaben für soziale Belange nicht vergessen werden. Thomas Kattnig (EPSU/EWSA) hob in seinen Begrüßungsworten hervor, dass Menschen ohne Zugang zu sauberem Wasser keine Lebensgrundlage haben und Gemeinschaften sich nicht nachhaltig entwickeln können. Da Konflikte um Wasserressourcen immer häufiger auftreten, seien ein umfassendes Management und Kooperation dringend geboten.
Anschließend stellte Vera Weghmann (Universität Greenwich) die Forschungsergebnisse ihres Instituts zur Organisation der Wasserversorgung in verschiedenen Ländern vor. Diese zeigen, dass Rekommunalisierung – also die Rückführung privatisierter Dienstleistungen in die öffentliche Hand – vielerorts zu sinkenden Wasserpreisen und einer besseren Versorgung geführt hat. Sie warnte vor den negativen Folgen der Privatisierung, darunter steigende Kosten und Vertrauensverlust in die Qualität des Trinkwassers. Besonders drastisch seien die Auswirkungen in Großbritannien. Dort führte die Privatisierung zu hohen Schulden und steigenden Wasserpreisen, während Investitionen in die Infrastruktur ausblieben.
In ihrem Kommentar gab Trudy Higgins (EU-Kommission) Einblicke in die Erarbeitung der kommenden Wasserstrategie unter breiter Beteiligung von Interessengruppen. Entscheidend sei daneben aber auch die Umsetzung bestehender Gesetze, unter anderem der Abwasserrichtlinie. Sie verwies auf eine gemeinsame Studie der OECD und der Generaldirektion Umwelt über die gegenwärtigen und zukünftigen Herausforderungen, denen die Mitgliedstaaten bei der Finanzierung der Wasserversorgung, der Abwasserentsorgung und des Hochwasserschutzes gegenüberstehen, nicht zuletzt um die notwendigen Investitionen zur Erfüllung der EU-Vorschriften zu gewährleisten.
In der Podiumsdiskussion betonte Sara Johansson (Europäisches Umweltbüro) die unzureichende Vorbereitung der EU auf die Klimakrise. Versäumnisse der Vergangenheit haben auch dazu geführt, dass beispielsweise PFAS-Chemikalien nicht ausreichend reguliert seien – ein großes Problem für die Trinkwasserqualität. Naturbasierte Lösungen sollten aufgrund ihrer Effizienz und Flexibilität in Zukunft einen hohen Stellenwert einnehmen. Marine Boulard (Aqua Publica Europea) hob einmal mehr den immensen Investitionsbedarf, den zunehmenden Wettbewerb um die Ressource Wasser und - angesichts dessen - die Bedeutung einer gerechten Verteilung hervor. Die Verursacher von Umweltbelastungen müssten einen angemessenen Beitrag leisten.
Pablo Sánchez Centellas (EPSU) machte auf die wirtschaftliche Bedeutung einer funktionierenden Wasserversorgung und die Kosten des Nichthandelns aufmerksam. Er kritisierte, dass die EU den Ansatz der Vereinten Nationen, Wasser als Menschenrecht zu behandeln, noch nicht vollständig umgesetzt habe. Zentral seien nachhaltige Finanzierungslösungen; vor öffentlich-privaten Partnerschaften warnte er wegen der damit verbundenen Risiken. Iris Strutzmann (AK Wien) wies darauf hin, dass die Herausforderungen auch in Österreich deutlich spürbar sind. Der Grundwasserspiegel sinkt, Schadstoffe wie PFAS reichern sich in der Natur und damit auch im Trinkwasser an. Eine nachhaltige Wasserpolitik müsse hier gezielt gegensteuern und eine Liberalisierung des Wassersektors durch die Hintertür verhindern.
Wie geht es weiter?
Es ist zu begrüßen, dass dem Thema Wasser mit der kommenden Strategie eine hohe Priorität eingeräumt wird. Im Raum steht dabei aber auch die Schaffung einer wettbewerbsfähigen EU-Wasserwirtschaft. Die Veranstaltung zeigte demgegenüber klar: Wasser ist keine Ware, sondern ein unverzichtbares Gemeingut. Jetzt braucht es den politischen Willen, um diese Einsicht in konkrete Maßnahmen umzusetzen. Um eine nachhaltige und gerechte Wasserbewirtschaftung in Europa zu gewährleisten, muss die künftige Strategie daher auch sicherstellen, dass die Trinkwassernutzung in Zeiten der Knappheit Vorrang hat und die öffentliche Wasserversorgung nicht unter Druck gerät.
Weiterführende Information:
AK EUROPA: Forderungskatalog - Europäische Wasserstrategie
AK EUROPA: Politische Leitlinien für die nächste EU-Kommission 2024 – 2029. Die richtigen Antworten auf aktuelle Herausforderungen?
AK EUROPA: Blue Deal für die EU – ein Plan für die Zukunft unseres Wassers
AK EUROPA: Neufassung der EU-Abwasserrichtlinie: Öffentliche Kontrolle und Leistbarkeit entscheidend
AK EUROPA: Zugang zu Wasser als Menschenrecht
AK EUROPA: Blue Deal – European water strategy for climate resilient water management (nur Englisch)
AK EUROPA: EPSU and AK EUROPA Joint Letter to EU Commission on the Water Resilience Strategy (nur Englisch)
EEB (The European Environmental Bureau): Water (nur Englisch)
OECD: Financing Water Supply, Sanitation and Flood Protection (nur Englisch)