Nachrichten
ZurückAm 27. April 2020 stellten sich der exekutive Vize-Präsident Valdis Dombrovskis und Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni den Fragen des Ausschusses für Wirtschaftliche und Monetäre Angelegenheiten im Europäischen Parlament. Die Debatten drehten sich dabei um die ökonomischen Folgen von Corona und in welcher Form diesen begegnet werden soll. Neben bereits gesetzten Maßnahmen arbeitet die Kommission aktuell an einem neuen Vorschlag zu einem Erholungsfonds sowie zum Mehrjährigen Finanzrahmen.
Am 23. April beauftragte der Europäische Rat die Kommission einen Vorschlag des Erholungsfonds auszuarbeiten. Die Kommission ist nun gefragt, einen Entwurf zu erarbeiten, der auch Teil des Mehrjährigen Finanzrahmens sein sollte. Dieser wird für Anfang Mai erwartet. Bereits zuvor hatte das Europäische Parlament die Kommission in einem Entschließungsantrag dazu aufgerufen, ein starkes Erholungspaket auf die Beine zu stellen, um die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Krise abzumildern.
Auswirkung auf den Binnenmarkt
Irene Tinagli, Vorsitzende des Ausschusses, begrüßte die bereits gesetzten Maßnahmen zur Krisenbewältigung. Wie auch andere Mitglieder des Ausschusses betonte sie darüber hinaus auch die Notwendigkeit weiterer Instrumente. Angesichts der drohenden Divergenzen innerhalb der Europäischen Union sahen auch die Kommissare Dombrovskis und Gentiloni den dringenden Bedarf für neue Mittel und Maßnahmen. Mehr Unterstützung bräuchte es insbesondere für die am schwersten betroffenen Regionen und Länder. Starke Unterschiede zwischen Ländern führen zu einem weiteren Auseinanderklaffen des Binnenmarkts. Die hohe Bedeutung des Binnenmarktes wurde letzte Woche auch im Erholungsfahrplan des Europäischen Rats betont.
Erholungsfonds als Teil des Mehrjährigen Finanzrahmens
Durch den Auftrag des Rates einen Vorschlag über den Erholungsfond als Teil des Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) zu erarbeiten, war der MFR auch in den parlamentarischen Debatten zentral vertreten. Bei dem MFR ist neben dem Europäischen Rat und der Kommission auch das Europäische Parlament in den Prozess eingebunden. Die Idee eines Haushalts für einen kürzeren Zeitraum wurde bereits ausgeschlossen. Derzeit wird daher an einem Kompromiss über einen MFR mit normaler Laufzeit von sieben Jahren gearbeitet wird. Die genaue Ausgestaltung des zusätzlichen Fonds für die Erholung nach Corona – ist noch in Verhandlung. Eine Einigung auf einen neuen Haushalt wird angesichts der bereits vor der Krise stockenden Verhandlungen in Bezug auf den MFR immer mehr zur Herausforderung. Immerhin wurde bereits seit Mai 2018 erfolglos darum verhandelt. Auch letzten Donnerstag standen im Europäischen Rat noch sehr unterschiedliche Vorstellungen im Raum, wie ein solcher Erholungsfund gestalten werden sollte und welche Höhe vom BIP die Grundlage des MFR bilden sollte. Im Parlament argumentierte Gentiloni, dass es sowohl Beihilfen als auch Darlehen brauchen werde.
Rufe nach Steuergerechtigkeit
Abgeordnete des Parlaments warfen angesichts der umfangreichen benötigten Mittel zur Rettung der Wirtschaft auch Fragen der Steuergerechtigkeit auf. Nach dem grünen MEP Sven Giegold darf keine Toleranz im Hinblick von Steuerhinterziehungen und -vermeidungen an den Tag gelegt werden. Auch MEP Evelyn Regner, Abgeordnete der S&D-Fraktion, forderte mehr Transparenz bei staatlichen Beihilfen für die Unterstützung von Unternehmen. In solchen Fällen sollte die Ausschüttung von Boni und Dividenden untersagt werden. Dombrovskis und Gentiloni stellten in Aussicht, dass in den nächsten Wochen und Monaten steuerpolitische Maßnahmen präsentiert werden. Die Kommission werde Anfang Mai eine aktualisierte Liste von Hochrisikostaaten sowie einen Plan zur Bekämpfung von Geldwäsche vorlegen. In den nächsten zwei Monaten wird auch ein Plan gegen Steuerhinterziehung folgen. Gentiloni stimmte zu, dass ein Steuerpaket im Zentrum der Initiative zu wirtschaftlicher Erholung stehen müsse, ein Steueraktionsplan werde in vier Monaten vorliegen. Dies sei ein wichtiger Schritt um den Kampf gegen Steuerhinterziehung und -vermeidung zu verbessern.
Auch der neueste Report des Tax Justice Network verweist auf dringenden Handlungsbedarf. Jährlich entgehen der EU über 27 Milliarden an Unternehmenssteuern alleine durch die Verschiebung von Gewinnen von US Unternehmen in die europäischen Steueroasen – Großbritannien, die Schweiz, Luxemburg. Nach Oxfam sollte die EU zusätzlichauch Irland, Niederlande, Zypern und Malta auf die Liste der Steueroasen hinzugefügt werden. Frankreich, Dänemark und Polen haben nun angesichts der Corona-Krise bereits beschlossen, Unternehmen, die in Steueroasen registriert sind, von ökonomischen Rettungsmaßnahmen auszuschließen.
Weiterführende Informationen:
AK EUROPA: Kommission stellt Exit-Fahrplan vor
AK EUROPA: Eurogruppe einigt sich auf Notfallpaket für die Coronakrise