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ZurückNach zähen Verhandlungen und dem Aussetzen der Videokonferenz für einen Tag war es am Abend des 9. April 2020 doch noch geschafft: Die FinanzministerInnen der 19 Staaten des Eurowährungsgebiets erzielten eine politische Einigung für ein Bündel an Maßnahmen, die in Summe bis zu 540 Milliarden Euro umfassen könnten. Details sind aber noch offen. Diese und weitere Maßnahmen werden in den nächsten Tagen und Wochen verhandelt.
Die politische Einigung umfasst ein Maßnahmenpaket, das aus drei Säulen besteht: Das neu geschaffene Programm SURE (Support mitigating Unemployment Risks in Emergency) zur Unterstützung von Beschäftigung, eine neue Kreditlinie des ESM (Europäischer Stabilitätsmechanismus) für Mitgliedstaaten sowie die Schaffung des Garantiefonds innerhalb der EIB (Europäische Investitionsbank), von dem Unternehmen profitieren sollen.
Neue Kreditlinie im Rahmen des ESM
Keine einstimmige Mehrheit fand sich unter den FinanzministerInnen für die Ausgabe gemeinsamer Anleihen, den sogenannten Coronabonds. Während Länder wie Frankreich, Italien und Spanien auf die Einführung dieser gemeinsamen Anleihen drängen, sind es vor allem die Niederlande, die sich vehement dagegen stemmen. Um das Treffen der Eurogruppe nicht zum Scheitern zu bringen, einigte man sich im aktuellen Paket auf eine neue Kreditlinie innerhalb des ESM, die es Mitgliedstaaten ermöglicht, einen Kredit in Höhe von maximal 2 % ihres BIP zu beantragen. Würden ihn alle Staaten ausschöpfen, würde das ein Volumen von ca. 240 Milliarden Euro bedeuten.
ESM wurde 2012 als Reaktion auf die Finanzkrise eingerichtet. Kredite wurden allerdings an eine strenge haushaltspolitische Kontrolle geknüpft, was harte Sparmaßnahmen mit fatalen Folgen nach sich zog. Die strengen Kontrollkriterien sollen in der nunmehrigen Kreditlinie nicht mehr gelten, was positiv zu bewerten ist. Auch hier waren es die Niederlande, die sich dagegen am längsten ausgesprochen hatten. Schließlich einigten sich die FinanzministerInnen auf den Kompromiss, dass die Kredite nur für direkte und indirekte Kosten im Gesundheitssystem beantragt werden können. Darüber hinaus findet sich im Bericht der Eurogruppe der Vermerk, dass die Mitgliedstaaten nach der Krise an den geltenden EU-Wirtschafts- und Finanzrahmen gebunden bleiben.
SURE-Instrument für Beschäftigung
Um die Mitgliedstaaten dabei zu unterstützen, das Risiko von Arbeitslosigkeit in der Coronakrise zu mindern, hatte die Kommission am 2. April das neue Instrument „SURE“ vorgeschlagen, das auf das Modell der Kurzarbeit setzt. Das ist zu begrüßen: Unter Mitarbeit von Arbeiterkammer und ÖGB hat Österreich – wie auch andere EU-Länder – bereits ein flexibles und großzügiges Kurzarbeitsmodell eingeführt. Nun geht es darum, dass auch sämtliche andere EU-Mitgliedstaaten nachziehen und vergleichbare Modelle einführen.
Die Eurogruppe hat den Vorschlag der Kommission nun grundsätzlich bestätigt und sich dafür ausgesprochen, im Rahmen von SURE den Mitgliedstaaten zinsgünstige Kredite in der Höhe von bis zu 100 Milliarden Euro zu ermöglichen. Noch nicht gänzlich geklärt scheint der genaue Anwendungsbereich des neuen Instruments. Als primären Zweck des Instruments nennt die Eurogruppe die Unterstützung von ArbeitnehmerInnen und die Sicherung von Arbeitsplätzen, ergänzt wurden aber auch gesundheitsbezogene Maßnahmen. Die Details werden hier die weiteren Verhandlungen um die konkrete Ausgestaltung zeigen. Die Eurogruppe ruft dazu auf, den legislativen Prozess ohne Verzögerung zu starten. Im Sinne einer sozial gerechten Lösung wird es wichtig sein, dass Kurzarbeitsmodelle gewisse Voraussetzungen erfüllen: Dazu zählen vor allem eine Mindesthöhe beim Kurzarbeitsgeld und die Einbeziehung der Sozialpartner.
Garantiefonds der EIB und EU Recovery Fund als möglicher nächster Schritt
Beschlossen hat die Eurogruppe weiters, dass ein Europäischer Garantiefonds im Rahmen der EIB im Umfang von 25 Milliarden eingerichtet werden soll, um damit Unternehmen mit bis zu 200 Milliarden Euro zu unterstützen. Hinzu kommt eine mögliche 4. Säule einer europäischen wirtschaftspolitischen Antwort: So hat sich die Eurogruppe auf das Arbeiten an einem Wiederaufbaufonds (recovery fonds) geeinigt. Damit sollen die Prioritäten der EU fortgeführt und unterstützt werden. Wie sich die Finanzierung dieses Fonds gestalten soll, ist noch nicht geklärt. So hatte Kommissar Valdis Dombrovskis einen Fonds in Höhe von 1,5 Billionen Euro ins Spiel gebracht. Dieser soll über Anleihen finanziert werden, die durch Bürgschaften von Mitgliedstaaten hinterlegt werden sollen. Auch die großen Fraktionen des Europäischen Parlaments sprachen sich im Vorfeld zum Mini-Plenum für sogenannte „Recovery Bonds“ aus.
Wie geht es weiter?
Für den 23. April 2020 ist ein EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs in Form einer Videokonferenz avisiert, bei dem die drei Programme beschlossen und über den Wiederaufbaufonds verhandelt werden soll. Ein neuer Vorschlag zum Mehrjährigen Finanzrahmen, den Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am 16. April 2020 vor dem Europäischen Parlament als „Marshallplan für Europas Aufschwung“ bezeichnet hat, soll am 29. April 2020 folgen.
Weiterführende Informationen:
AK EUROPA: Kommission stellt europäisches Instrument für Kurzarbeit vor