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ZurückDie designierte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat den Kampf gegen den Klimawandel zu einem der zentralen Themen ihrer neuen Kommission gemacht. Aus Sicht der AK ist diese Prioritätensetzung zu begrüßen. Es muss dabei aber sichergestellt werden, dass die Maßnahmen, die in Zukunft ergriffen werden, sozial gerecht gestaltet werden: Europa braucht eine „just transition“.
Der Kampf gegen den Klimawandel ist eine der zentralen Herausforderungen dieses Jahrhunderts. Bereits im November 2018 hat die Kommission eine Mitteilung „Ein sauberer Planet für alle“ veröffentlicht, in der sie Szenarien entwickelt hat, die EU bis 2050 ohne CO2-Nettoemissionen zu schaffen. Im Positionspapier zu dieser Mitteilung begrüßt die AK das ambitionierte Vorgehen der Kommission. Die Ziele und Maßnahmen, die in den nächsten Monaten und Jahren zu ergreifen sind, müssen aus Sicht der AK aber sozial gerecht und im Sinne der ArbeitnehmerInnen gestaltet werden, um die notwendige breite gesellschaftliche Unterstützung zu bekommen. Das bedeutet, einerseits die klimapolitischen Erfordernisse ernst zu nehmen, und andererseits ArbeitnehmerInnen – nicht zuletzt in den negativ betroffenen Branchen – ins Zentrum zu rücken. Eine gerechte Verteilung der Kosten muss Maßnahmen umfassen, die einen gerechten Wandel für die Beschäftigten sicherstellen.
Für eine „just Transition“ muss unbedingt auf die Erfahrung und das Wissen zurückgegriffen werden, das bei den Interessenvertretungen der ArbeitnehmerInnen – in den Gewerkschaften, bei den Betriebsräten, in den Arbeiterkammern – vorhanden ist. Bei der Entwicklung von Zielen, Plänen, Politiken und Maßnahmen ist die umfassende Beteiligung von Sozialpartnern und Interessenvertretungen der ArbeitnehmerInnen auf sämtlichen Ebenen entscheidend, nicht zuletzt um eine gerechte Verteilung der Transformationskosten sicherzustellen und soziale Härtefälle auszuschließen.
Die Auswirkungen von klimapolitischen Strategien und Maßnahmen auf Arbeitsplätze, Arbeitsbedingungen und unbezahlte Arbeit müssen laufend thematisiert und evaluiert werden. Werden ungünstige Auswirkungen befürchtet, sind geeignete Maßnahmen zu treffen und ausreichend öffentliche Gelder bereitzustellen. Dabei müssen vor allem jene Regionen, die durch den Veränderungsprozess negative wirtschaftliche Umbrüche erleben, unterstützt werden. Dafür braucht es langfristige und konsistente wirtschaftliche Konzepte.
Wenn Arbeitsplätze verloren gehen, müssen Politik und Unternehmen Rahmenbedingungen sowie Ausgleichs- und Begleitmaßnahmen schaffen, die den betroffenen Menschen den Umstieg in andere Berufe und Tätigkeitsfelder ermöglichen und danach ein gutes Einkommen im anderen Beruf sichern. Ein besonderes Augenmerk ist auf ArbeitnehmerInnen in jenen Branchen zu legen, die von den Veränderungen besonders negativ betroffen sein können. Hierzu muss auf EU-Ebene der Globalisierungsfonds im Rahmen des Mehrjährigen Finanzrahmens ausreichend dotiert sein und noch stärker auf die spezifischen Herausforderungen infolge der Klimapolitik ausgerichtet werden. Der von Ursula von der Leyen angekündigte Just Transition Fonds sollte so ausgestattet werden, um die besonders betroffenen Branchen, Regionen und ArbeitnehmerInnen adäquat zu unterstützen.
Nicht zu vergessen ist, dass im Zuge des Veränderungsprozesses auch neue Jobmöglichkeiten entstehen. Es ist unbedingt sicherzustellen, dass diese Jobs von Dauer sind, und dass Löhne und Arbeitsbedingungen gut und fair gestaltet werden. Zudem muss jene Arbeit, die sich der Versorgung, Bildung und Pflege von Menschen oder dem Schutz und der Pflege der Natur widmet, gleich viel wert sein wie Arbeit in anderen Bereichen. Ein Wettlauf nach unten bei den Sozialbedingungen ist jedenfalls zu vermeiden.
Nichtsdestotrotz soll die industrielle Produktion eine eine tragende Säule der europäischen Wirtschaft bleiben. Die Gefahr, dass Unternehmen auf Grund von unterschiedlichen CO2-Kosten („Carbon Leakage“) ihre Produktion in Drittstaaten verlagern, muss ernst genommen werden. Bei Schutzmaßnahmen für Unternehmen ist jedoch ein strenger Maßstab anzulegen, um das mühsam eingeführte System zum Emissionshandel nicht zu unterlaufen. Die Dekarbonisierung der Industrie bei gleichzeitiger Erhaltung ihrer Leistungsfähigkeit erfordert ein entschlossenes Vorgehen der Kommission, und die Mitgliedstaaten sind bei ihren Forschungs- und Demonstrationsprojekten zu unterstützen.
Aus Sicht der AK muss die Bekämpfung des Klimawandels mit einem neuen Wohlstands- und Verteilungsmodell verknüpft werden. Die derzeitige neoliberale wirtschaftspolitische Ausrichtung der EU muss durch eine wohlstandsorientierte Wirtschaftspolitik ersetzt werden. Die Ausweitung verbindlicher sozialer Mindeststandards auf hohem Schutzniveau kann einen wichtigen Beitrag zu sozialem Fortschritt und sozialer Aufwärtskonvergenz leisten. Eine zentrale Voraussetzung für einen nachhaltigen Aufwärtstrend, der bei allen Menschen ankommt, sind real steigende Löhne und Gehälter, insbesondere für Menschen mit niedrigen Einkommen. Notwendig sind dabei eine produktivitätsorientierte und solidarische Lohnpolitik und eine europaweit koordinierte Mindestlohnpolitik. Die Frage der Einkommens- und Vermögensverteilung muss endlich in den Fokus der europäischen Politik rücken.
Weitere Informationen:
AK Positionspapier: Ein sauberer Planet für alle
AK Positionspapier: Auf dem Weg zu einem nachhaltigen Europa bis 2030
AK EUROPA: EU soll grüner werden: Hearing mit Frans Timmermans
A&W Blog: AK-Wohlstandsbericht 2019: Gute Beschäftigung und Klimaschutz in den Fokus rücken