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ZurückGemeinsam für menschenwürdige Arbeit – das ist das Motto der Aktionswoche der Europäischen TransportarbeiterInnenföderation ETF, die quer durch Europa vom 22. bis 27. März stattgefunden hat. Höhepunkt war eine große Demonstration in Brüssel mit ca. 5.000 TeilnehmerInnen mit einer klaren Botschaft: Schluss mit Sozialdumping auf Europas Straßen, Schienen, Gewässern und in der Luft!
Mehr als 11 Millionen Menschen in der EU arbeiten im Transportgewerbe. Und so unterschiedlich die einzelnen Berufsbilder auch sind, so sehr eint sie die Gefahr von Sozialdumping. Denn das Risiko vor Ausbeutung ist gerade beim internationalen Verkehr besonders groß. So verdienen entsandte Beschäftigte oft weniger als lokale Arbeitskräfte. Sie haben übermäßig lange Arbeitszeiten, erhalten nur befristete und prekäre Arbeitsverhältnisse oder werden in Scheinselbständigkeit gezwungen.
Nach mehr als hundert Aktionen in ganz Europa fand am 27. März in Brüssel eine große Kundgebung statt, an der sich tausende GewerkschafterInnen aus ganz Europa beteiligten. Ihre Forderungen sind klar: Da grenzüberschreitende Tätigkeiten gerade im Transport naturgemäß häufiger vorkommen und es somit kein nationales Thema ist, muss die EU handeln. Es braucht europaweit 250.000 zusätzliche Arbeitsplätze, um menschenwürdige Arbeitsbedingungen gewährleisten zu können. Außerdem muss der Fokus auf unbefristete Vollzeitstellen und fairer Entlohnung liegen. Lohnerhöhungen wirken auch positiv auf die Wirtschaft, für Wachstum und damit sowohl für die Unternehmen als auch für die Beschäftigten.
Im Flugverkehrssektor sind gerade bei Billigfluglinien schlechte Arbeitsbedingungen und niedrige Bezahlung an der Tagesordnung. Gute Nachrichten kamen hierzu aber am 27. März von ver.di, die erstmals den Abschluss eines Kollektivvertrages mit Ryanair erzielen konnten.
Gerade im Transportgewerbe herrscht ein exzessiver Wettbewerb, bei dem zu viele Unternehmen die nationalen und europäischen Regeln brechen, um sich einen Vorteil zu verschaffen. Um die Durchsetzung der Regeln auch grenzüberschreitend sicherstellen zu können, hat die Europäische Union die Einrichtung einer Europäische Arbeitsbehörde (ELA) beschlossen. Die ETF wünscht sich jedoch stärkere Befugnisse für diese Behörde, um wirksam gegen Sozialdumping auftreten zu können.
Die ETF rückt vor allem auch die Bedingungen von weiblichen Beschäftigten in den Mittelpunkt: Nur rund 20 % der Beschäftigten im Transportsektor sind Frauen. Eine ETF-Umfrage hat ergeben, dass 63 % von ihnen in jüngster Vergangenheit zumindest einen gewalttätigen Übergriff bei der Arbeit erfahren mussten. Die ETF fordert von der EU und ihren Mitgliedstaaten, einen stärkeren Fokus auf diese Problematik zu legen und sich auch auf internationaler Ebene für eine neue Konvention der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zu geschlechterbasierter Gewalt einzusetzen.
Gerade im Verkehr sind in den nächsten Jahren dramatische Änderungen durch Automatisierung und Digitalisierung zu erwarten. Die ETF fordert daher, dass diese Veränderungen auf sozial verträgliche Weise zu erfolgen haben. Außerdem braucht es Arbeitsplatzgarantien für MitarbeiterInnen. Jene Beschäftigten, deren Arbeitsplätze entfallen werden, müssen durch Fortbildung und Umschulung unterstützt werden.
Seit nunmehr zwei Jahren wird von den EU-Institutionen das Mobilitätspaket verhandelt, das für den Straßenverkehr bessere und fairere Arbeitsbedingungen schaffen soll. Während der Rat seine generelle Ausrichtung im Dezember erzielen konnte, sind die Fronten im Parlament weiterhin verhärtet, denn viele Abgeordnete aus Süd- und Osteuropa negieren die katastrophalen Arbeitsbedingungen der Beschäftigten und berufen sich vielmehr auf den freien Zugang zum Binnenmarkt für ihre Unternehmen. Nicht weniger als 1.600 Abänderungsanträge zur Anwendung der Entsenderichtlinie im Straßenverkehr, zu den Lenk- und Ruhezeiten sowie zum Marktzugang für Unternehmen (Kabotage) wurden für die am 27. März geplante Abstimmung eingebracht. Aufgrund der Vielzahl an Anträgen wurde die Abstimmung um eine Woche verschoben.
Weiterführende Informationen:
Europäische TransportarbeiterInnenföderation
Fair Transport Europe Manifesto