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ZurückEine lautstarke Demonstration in Brüssel unter der Beteiligung von AK EUROPA forderte am 3. Dezember 2018 unter dem Motto „Better no deal than a bad deal“ entscheidende Verbesserungen in Sachen Mobilitätspaket. Schlussendlich fand der Rat eine ausreichende Mehrheit für einen Kompromiss, mit dem laut EU-Kommissarin Violeta Bulc, „niemand wirklich glücklich ist.“
„Lieber kein Deal, als ein schlechter!“ war die Parole, unter der die Europäische Transportgewerkschaft (ETF) mit Beteiligung von AK EUROPA zum Brüsseler Schumann-Platz vor den Gebäuden des Europäischen Rates mobilisierte. Man wollte die EntscheidungsträgerInnen noch einmal darauf aufmerksam machen, unter welchen Bedingungen LKW-FahrerInnen europaweit zu arbeiten haben.
Nach einer langen Verhandlungsnacht über die Sozialvorschriften des Mobilitätspakets „Europa in Bewegung“ trat der österreichische Verkehrsminister Norbert Hofer in seiner Funktion als Vorsitzender des Rates der VerkehrsministerInnen vor die Öffentlichkeit und verkündete ihr Ergebnis. Man habe erreicht, dass sich die Lebens- und Sozialbedingungen von Millionen KraftfahrerInnen verbessern werden, so Hofer. Transportkommissarin Violeta Bulc sagte im Anschluss, dass es ein Deal sei, der niemand wirklich glücklich machen würde und spielte damit auf die unterschiedlichen Positionen der Länder Zentraleuropas und jener Mittel- und Osteuropas in der Causa an. Letztere wünschen sich eine möglichst starke Liberalisierung, um ihren Wettbewerbsvorteil mit billigen Arbeitskräften nutzen zu können.
In Sachen Kabotage (also den innerstaatlichen Lieferverkehr durch im Ausland ansässige Unternehmen) sah der Rat von weiteren Liberalisierungen ab. Es ist ein Maximum von drei Fahrten in sieben Tagen vorgesehen. Zwischen einzelnen Kabotagen soll es eine Ruheperiode von fünf Tagen geben („Abkühlphase“). Die Fahrtenpläne müssen so organisiert werden, dass die FahrerInnen mindestens alle vier Wochen nach Hause zurückkehren können. Die reguläre wöchentliche Ruhephase muss außerhalb der FahrerInnenkabine zugebracht werden, eine Entscheidung die der EuGH schon im Dezember letzten Jahres gefällt hat. Kontrollierbar sollen diese Vorschriften durch den „digitalen Tachographen“ werden, der in einer neuen Version ab 2025 in allen LKWs für internationalen Transport vorhanden sein muss. Das Gerät registriert automatisch wann und wo ein Lastwagen eine Grenze passiert hat und zeichnet auch Lade- und Entladetätigkeiten auf.
Aus Sicht der Bundesarbeitskammer (BAK) ist festzuhalten, dass der gefundene Kompromiss weniger negative Konsequenzen nach sich zieht, als es so mancher Kompromiss bedeutet hätte der auch auf dem Tisch lag. Die BAK hat schon lange gefordert, dass die reguläre wöchentliche Ruhezeit von mindestens 45 Stunden nicht in den FahrerInnenkabinen zugebracht werden sollen. Spediteursfirmen müssen die Fahrten entweder so festlegen, dass die FahrerInnen nach Hause kommen, oder aber für eine angemessene Unterkunft in Hotels, Wohnungen oder Pensionen sorgen.
Während erfreulicherweise bei Kabotagefahrten auch in Zukunft die Regeln der Entsenderichtlinie angewendet werden sollen, also der gleiche Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort ab dem ersten Tag gilt, wird bei grenzüberschreitenden Fahrten und dem Transit diese Regelung nicht geltend gemacht werden. So könnten neue Schlupflöcher entstehen, zumal bis zu zwei Be- bzw. Entladungen bei der Hin- oder Rückfahrt erlaubt werden sollen.
Nun liegt der Ball in der Ecke des Europäischen Parlaments, welches der Rats-Linie zustimmen muss. Rumänien, Polen und Bulgarien fürchten nach dem Ratsbeschluss um ihre Aufträge. Polens Verkehrsminister Andrej Adamczyk verwies auf den noch vorhandenen Verhandlungsspielraum, den er nützen wolle. ETF-Präsident Frank Moreels kündigte hingegen an zu handeln, um das Ergebnis zu erzielen, welches die europäischen LKW-FahrerInnen sich verdienen. Die Abgeordneten sollen wissen, dass die Erwartungen der Gewerkschaft sehr hoch sind unabhängig von der Fraktionszugehörigkeit. Das Parlament solle die Linie des Rates ändern, damit FahrerInnen sichere Arbeitsbedingungen und faire Bezahlung zukommen, so Moreels.
Weiterführende Informationen:
AK EUROPA: Entsenderichtlinie im Straßenverkehr, Lenk- und Ruhezeiten, Kabotage: zurück zum Start
AK EUROPA: Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping auf Europas Straßen ist noch nicht geschlagen
AK Positionspapier: Mobilitätspaket „Europa in Bewegung“ - Sozialvorschriften