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ZurückAm 18. Juni 2020 stimmte das Europaparlament mit großer Mehrheit für einen ständigen Unterausschuss zum Thema Steuerbetrug, Steuerhinterziehung und Steuervermeidung. Am gleichen Tag kündigten die USA ihren Rückzug aus den OECD-Verhandlungen zur Digitalsteuer an.
Mit einer überwältigenden Mehrheit von 613 Stimmen bei lediglich 67 Gegenstimmen und acht Enthaltungen bekommt der Kampf für Steuergerechtigkeit nun einen festen Platz in der Arbeit des Europaparlaments. Ein neuer Unterausschuss mit 30 Mitgliedern soll sich laufend dem Kampf gegen Steuerbetrug, Steuerhinterziehung und Steuervermeidung, sowie für finanzielle Transparenz zu Besteuerungszwecken einsetzen. Das Europaparlament kann hier an die erfolgreiche Arbeit vorangegangener Legislaturperioden anknüpfen, schließlich engagierten sich Abgeordnete im Rahmen des TAX3- Sonderausschusses und des Untersuchungsausschusses zu den Panama-Papers immer wieder für mehr Steuergerechtigkeit und für ein Ende von unsolidarischen Gewinnverschiebungen großer Konzerne. In ihrem Abschlussbericht forderten die Mitglieder des TAX3-Ausschusses 2019 eine gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage, ein Besteuerungskonzept zur digitalen Betriebstätte und die Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips im Rat, durch das im November 2019 das wichtige Instrument der öffentlichen länderbezogenen Steuerberichterstattungen von Großkonzernen blockiert wurde. Nach der auf EU-Ebene gescheiterten Digitalsteuer lagen bislang viele Hoffnungen auf den OECD-Verhandlungen zu einer Regelung zur Umsatzbesteuerungen von international agierenden Unternehmen ohne physische Präsenz (Säule 1) und einem globalen Mindeststeuersatz (Säule 2).
USA steigen aus OECD-Verhandlungen aus
Das Timing für ein klares europaparlamentarisches Engagement beim Thema Steuergerechtigkeit könnte nicht passender sein, da die Verhandlungen auf OECD-Ebene am selben Tag einen erheblichen Rückschlag erlitten: Die USA kündigten an, ihre Teilnahme an Verhandlungen, die das internationale Steuersystem an die Realität des 21. Jahrhunderts anpassen sollten, vorerst auf Eis zu legen. Grund ist offenkundig, dass die USA eine "zusätzliche steuerliche Belastung" der US-ansässigen, aber weltweit operierenden Digitalkonzerne wie Facebook, Google, Amazon oder Apple vermeiden möchte. Auch wenn von offizieller Seite die Rede von einer "Pause"“, statt eines Abbruchs der Verhandlungen ist, beweist die Trump-Regierung erneut, dass sie kein zuverlässiger Partner für Europa ist. Letzteres hatte Frankreich bereits zu spüren bekommen, als die bereits eingeführte Digitalsteuer aufgrund von angedrohten US-Zöllen auf französische Importe ausgesetzt werden musste – eine Vorgehensweise, die US-Finanzminister Steven Mnuchin auch für weitere einzelstaatliche Digitalsteuern androht. Dementsprechend aufgebracht zeigte sich sein französischer Kollege, Bruno Le Maire, der den Rückzug der USA als "Provokation gegenüber allen Bürgern des Planeten" bezeichnete und ankündigte, die französische Digitalsteuer wieder einführen zu wollen. Gemeinsam mit Spanien, Italien und Großbritannien machte sich Frankreich in einem Brief für weitere Verhandlungen mit den USA stark, da eine Lösung bereits in greifbarer Nähe gewesen sei. Auch Wirtschaftskommissar Gentiloni bedauerte die Blockade der USA, hielt allerdings am bekannten Fahrplan fest. Demnach wird die EU im nächsten Jahr einen eigenen Vorschlag zur Besteuerung digitaler Unternehmen präsentieren, sollte auf OECD-Ebene bis Ende diesen Jahres keine Einigung gefunden werden.
Europa drängt auf Digitalsteuer
Laut FAZ empfahl US-Finanzminister Steven Mnuchin den Regierungen der Welt, „ihre Aufmerksamkeit auf die Wirtschaftsthemen infolge von Covid-19“, statt auf eine Digitalsteuer zu richten. Im Hinblick auf die enormen finanziellen Kraftanstrengungen, die die EU und die Mitgliedsstaaten zum Wiederaufbau der europäischen Wirtschaft aufbringen müssen, könnten aber besonders jetzt Einnahmen aus der längt überfälligen Besteuerung von Tech-Unternehmen gut gebraucht werden. Während KMU und Familienunternehmen reihum in die Knie gehen, ist nämlich ausgerechnet Amazon der große Profiteur der Coronakrise - trotz Gewerkschaftsfeindlichkeit, schlechten Arbeitsbedingungen und unzureichendem Schutz der MitarbeiterInnen im Zuge der Corona-Pandemie. Auch GewerkschafterInnen von UNI Europa und UNI Global drängen auf eine faire Besteuerung von Amazon und fordern die EU auf, die „historische Gelegenheit“ zu nutzen.
Weiterführende Informationen:
AK EUROPA Policy Brief: Digitalisation and Taxation
AK EUROPA: Starke parlamentarische Stimmen für mehr Budgetmittel und Steuergerechtigkeit
AK EUROPA: Faire Besteuerung von Unternehmen zahlt sich auch für ArbeitnehmerInnen aus