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ZurückBesonders in der Vorweihnachtszeit macht Amazon großes Geschäft. Die Kritik an dem Tech-Giganten scheint KonsumentInnen dabei nicht von Bestellungen abzuhalten - und das, obwohl die Macht des Unternehmens durch fragwürdige und gewerkschaftsfeindliche Strategien stetig wächst.
Die globale Gewerkschaftsföderation UNI Global Union lud am 2. Dezember gemeinsam mit dem Internationalen Gewerkschaftsbund (IGB) zu einem Amazon-Symposium, um das fragwürdige Geschäftsmodell des global agierenden US-Unternehmens unter die Lupe zu nehmen. Die Kritik an Amazon ist vielfältig und bezieht sich vor allem auf die Rechte von ArbeitnehmerInnen, Amazons Datensammlungen, die unter anderem durch Steuervermeidung gesicherte Monopolstellung des Unternehmens und dessen ökologischer Fußabdruck.
Die Amazon-Arbeitswelt
Immer wieder werden die schlechten Arbeitsbedingungen in Amazons Logistikzentren von (ehemaligen) MitarbeiterInnen öffentlich gemacht. Beschäftigte berichten von extremem Zeitdruck und Überwachung am Arbeitsplatz, die sogar Toilettenpausen unmöglich machen. So haben MitarbeiterInnen in Logistikzentren teilweise nur elf Sekunden Zeit, einen bestellten Artikel aus den Regalen zu fischen. Aus Gewerkschaftssicht ist vor allem problematisch, dass es weder Zeit noch Raum für einen Austausch zwischen den Beschäftigten gibt. Zudem ist der Personalwechsel hoch. Diesen Missständen könnten Tarifverträge, mit Fokus auf gute und gesunde Arbeit, Einhalt gebieten. Allerdings macht Amazon keinen Hehl aus seiner gewerkschaftsfeindlichen Haltung: Bis heute ist kein einziger, umfassender Tarifvertrag zu Stande gekommen. Die deutsche Gewerkschaft ver.di führt seit sieben Jahren einen Arbeitskampf mit dem Unternehmen. Amazon ist bis heute nicht einmal zu Gesprächen bereit. Auch in diesen Tagen streiken wieder Amazon-Beschäftigte an deutschen Standorten. Das Unternehmen zeigt sich davon unbeeindruckt, zahlt kurzerhand Streikbruchprämien oder lässt aus mitteleuropäischen Ländern liefern.
Amazon als Monopol
Amazon reicht mittlerweile in alle Lebensbereiche: Vom Einzelhandel, bis hin zum Gesundheitswesen und Unterhaltungsangeboten. Dabei liegt dem Konzern ein Interessenkonflikt zu Grunde: Amazon ist Händler und, durch die Plattform, Marktplatz zugleich. Dadurch verschafft sich das Unternehmen Zugang zu wertvollen Daten, etwa über Produkte, die von anderen HändlerInnen angeboten und verkauft werden. Diese Produkte werden kurzerhand kopiert, unliebsame Konkurrenz gar vom Marktplatz Amazon ausgeschlossen. In diesem Jahr erwirkte das deutsche Bundeskartellamt verbesserte Geschäftsbedingungen für HändlerInnen, die den Amazon-Marktplatz nutzen, etwa eine 30 Tage-Frist unter Angaben von Gründen für den Ausschluss von HändlerInnen. Das ex post orientierte Wettbewerbsrecht ist bislang ein unzureichendes Instrument, um große Internetkonzerne wie Amazon in die Schranken zu weisen. Neben einer Reform des Wettbewerbsrechtes könnte eine ex-ante Lösung für Amazons unzweifelhafte Monopolstellung in einer sektorspezifischen “public-utility“-Regulierung liegen, wie sie beispielsweise für Versorgungsunternehmen gilt, die Infrastruktur stellen und gleichzeitig benutzen.
Amazon und Datenschutz
Amazon hat, auch durch seine Funktion als Händler und Marktplatz, Zugriff auf Daten seiner KundInnen und verkauft diese weiter. Besonders durch vermeintlich innovative SprachassistentInnen wie Alexa verschafft sich Amazon Zugang zu den eigenen vier Wänden der KonsumentInnen. Auch Amazons Cloud-Infrastruktur, in der KonsumentInnen ihre Daten angeblich sicher speichern können, wirft Fragen auf. Die Daten werden nämlich nicht in der EU gespeichert und sind für andere Staaten und Unternehmen zugänglich. Um die digitale Souveränität der EU zu stärken und Abhängigkeiten entgegenzuwirken, schlägt die Kommission die Schaffung einer eigenen DSGVO-konformen Cloud-Struktur vor.
Amazon bezahlt kaum Steuern
Trotz großer Profite bezahlt Amazon kaum Steuern. Die Steuervermeidungsstrategien des Unternehmens mit Hauptsitz in Washington basieren unter anderem auf Gewinnverschiebungen in Steueroasen wie beispielweise Luxemburg. Auch dadurch stärkt Amazon seine Marktmacht, da das Unternehmen öffentliche Infrastrukturen nutzt, aber durch Steuervermeidung keinen Anteil leistet. Die „gesparten“ Steuern generieren zusätzliche Gewinne, die das Unternehmen wiederum in neue Produkte und Angebote investieren kann. So kann die Marktübermacht weiter ausgebaut werden: Innovationen von kleineren AnbieterInnen haben keine Chance. Ein globaler Mindeststeuersatz, ebenso wie das Prinzip der unitary taxation können auch aus Sicht der AK der Steuervermeidung Einhalt gebieten.
Ausblick: Gewerkschaftliche und zivilgesellschaftliche Gegenwehr notwendig
PanelistInnen des Symposiums wiesen darauf hin, dass Druck aus der Zivilgesellschaft aufgebaut werden müsse, um Amazon etwas entgegenzusetzen. Dabei können auf den ersten Blick ungewöhnliche Allianzen zu Stande kommen, etwa zwischen Gewerkschaften, KMUs und Nichtregierungsorganisationen. Aus gewerkschaftlicher Perspektive wäre eine verstärkte transnationale Organisierung von Amazon-Beschäftigten sinnvoll, ebenso wie die Fortführung der Politik der Nadelstiche mit wiederkehrenden Streiks. Auch wenn sich das Unternehmen offiziell unbeeindruckt von der Kritik zeigt, kann sich der Konzern ein schlechtes Image nicht leisten – auch nicht in der Vorweihnachtszeit.
Weiterführende Informationen:
AK EUROPA Studie „Internet-Plattformen als Infrastrukturen des digitalen Zeitalters“
AK EUROPA Policy Brief: Digitalisation and Taxation
A&W Blog Internet-Plattformen als Infrastrukturen des digitalen Zeitalters