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ZurückDie ambitionierte portugiesische Ratspräsidentschaft endete offiziell am 30. Juni 2021. Das erste Halbjahr war nach wie vor von der Covid-19-Krise und wichtigen Maßnahmen zur Bekämpfung dieser geprägt. Höhepunkt der Ratspräsidentschaft war der Sozialgipfel und die Porto-Erklärung. Slowenien, das die Ratspräsidentschaft mit 1. Juli übernommen hat, tritt in große Fußstapfen.
Portugal hatte mit 1. Jänner 2021 den Ratsvorsitz von Deutschland übernommen und sich viel vorgenommen – vor allem auch im Sozialbereich, wie das Programm zeigte. Wichtige sozialpolitische Vorhaben und Initiativen wurden unter dem portugiesischen Vorsitz präsentiert, wie etwa die Richtlinie zur Lohntransparenz, die Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen, die Kindergarantie sowie zuletzt der neue strategische Rahmen für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz. Die Kindergarantie wurde auch unter portugiesischem Ratsvorsitz bereits vom Rat bestätigt. In den kommenden Monaten müssen die Mitgliedstaaten ihre nationalen Aktionspläne zur Bekämpfung von Kinderarmut vorlegen – aus Sicht der AK ein wichtiges Vorhaben.
Höhepunkt: Sozialgipfel in Porto
Mit der Veröffentlichung des Aktionsplans zur Umsetzung der Europäischen Säule sozialer Rechte (ESSR) im März 2021 hat die Kommission auch die Vorhaben für die kommenden Monate und Jahre präsentiert. Unter portugiesischem Vorsitz gab es im Mai dann den Höhepunkt der Präsidentschaft, den Sozialgipfel in Porto. In der Porto-Erklärung haben sich die Staats- und Regierungsspitzen zum Aktionsplan und den drei im Aktionsplan genannten Zielen – Beschäftigung, Fortbildung, Armutsbekämpfung – bekannt. Die Erklärung ist ein wichtiger Schritt hin zu einem sozialen Europa und wird von Seiten der AK und der Gewerkschaften begrüßt.
EU-Mindestlohnrichtlinie: keine Einigung erzielt
Auf Ratsebene hat der portugiesische Vorsitz wichtige Vorhaben vorangetrieben – ua die EU-Mindestlohnrichtlinie, die im Herbst 2020 veröffentlicht wurde und von Seiten der AK, den Gewerkschaften und des Europäischen Parlaments unterstützt wird. Die Richtlinie würde zur Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen von Millionen von Menschen in der EU beitragen und ist auch ein wichtiger Schritt für die soziale Konvergenz in der EU. Leider konnte unter portugiesischem Vorsitz keine Einigung erzielt werden, was nicht zuletzt auch an der ablehnenden Haltung einiger Mitgliedstaaten – darunter Österreich – lag. Eine Einigung zu finden, liegt nun unter slowenischem Vorsitz, welcher es sich zum Ziel gesetzt hat, bis Jahresende im Rat eine Einigung zur Mindestlohn-Richtlinie zu finden und dabei eine möglichst breite Unterstützung der Mitgliedstaaten anstrebt.
Slowenien: Resilienz, Strategische Autonomie und Aufbau
Die slowenische Ratspräsidentschaft hat in ihrem Arbeitsprogramm vier Prioritäten definiert (siehe dazu und mehr: Slowenien übernimmt Ratsvorsitz).
Auf sozialpolitischer Ebene hat sich der slowenische Vorsitz vorgenommen, die beim Sozialgipfel in Porto vereinbarten Verpflichtungen umzusetzen und sich für ein soziales Europa einzusetzen. Zudem ist eines der Ziele, die Verhandlungen zur Lohntransparenz Richtlinie voranzutreiben. Ein besonderer Fokus soll dabei auf den Einfluss von Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz auf die Geschlechtergleichstellung am Arbeitsmarkt gelegt werden. Ein weiterer sozialpolitischer Schwerpunkt legt der slowenische Vorsitz auf die Qualität der Arbeit, die maßgeblich für die Lebensqualität aller Generationen verantwortlich ist.
Sozialpolitik: Fokus auf Gesundheitsunion
Im Kontext der Covid-19-Krise sind auch Themen aus dem Gesundheitsbereich in den Fokus gerückt. Der slowenische Vorsitz möchte in diesem Kontext die Verhandlungen über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit weiterführen und dabei versuchen, mit dem Europäischen Parlament eine Einigung darüber zu erzielen, um die Rechte der sozialen Sicherheit von mobilen ArbeitnehmerInnen in der EU zu garantieren.
Einen weiteren Fokus legt Slowenien auf die Verfügbarkeit von Arzneimitteln und dem Zugang zu diesen. Hier hat die COVID-19-Pandemie gezeigt, wie wichtig die Versorgung mit Arzneimitteln und die Gewährleistung der offenen strategischen Autonomie der EU sind. Ein besonderes Augenmerk soll auch auf der Rolle der EU in der globalen Gesundheitspolitik und den Europäischen Plan zur Krebsbekämpfung gelegt werden.
Allzu umfangreich stellt sich das sozialpolitische Kapitel im slowenischen Präsidentschaftsprogramm insgesamt jedoch nicht dar. Anders als zuvor etwa die deutsche oder portugiesische Präsidentschaft versucht Slowenien auch keine zusätzlichen, von der Kommission noch nicht vorgesehenen Dossiers zur Vertiefung der ESSR vorzuschlagen.
Weiterführende Informationen:
Arbeitsprogramm der slowenischen Ratspräsidentschaft
AK EUROPA: Rückblick auf den EU-Sozialgipfel in Porto
AK/ÖGB Webinar im Vorfeld des EU-Sozialgipfels (inkl. Video)
AK EUROPA Policy Brief: Aktionsplan ESSR und EU-Sozialgipfel