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ZurückAm 8. Juli 2019 fand eine Sitzung des Rats der Europäischen Union zur „Economy of Wellbeing“ statt, welche die finnische Ratspräsidentschaft als einen Schwerpunkt ihres Vorsitzes gewählt hat. Diese Ökonomie des Wohlstands soll die Zukunft Europas mitgestalten und die Menschen wieder ins Zentrum der Politikgestaltung rücken.
Die derzeitige Ratspräsidentschaft setzt – aufbauend auf einem Bericht der OECD – stark auf das Thema „Economy of Wellbeing“, womit sie nach eigenen Angaben die Menschen ins Zentrum der Politik rücken und die EU zur wettbewerbsfähigsten und sozial inklusivsten Wirtschaft der Welt machen will. Der finnische Ratsvorsitz will damit einen Ansatz vorantreiben, in dem sich nachhaltiges Wirtschaftswachstum und menschliches Wohlbefinden gegenseitig unterstützen. Dabei soll sich das breite Konzept der Ökonomie des Wohlstands über die Politikfelder Beschäftigung/Sozialpolitik, Gesundheit, Bildung und Gleichstellung erstrecken.
Kurz nach Übernahme des Ratsvorsitzes durch Finnland fand bereits das erste Ratstreffen Anfang Juli zu diesem Thema zwischen den zuständigen MinisterInnen der Mitgliedstaaten im sogenannten EPSCO-Rat statt, in dem die Bereiche Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz behandelt werden. Der Fokus lag dabei auf der Frage, wie die soziale Dimension in der EU gestärkt und wie soziale und ökologische Nachhaltigkeit gefördert werden können.
Österreich unterstützt Schwerpunktsetzung
Insgesamt wurde die Schwerpunktsetzung von den Mitgliedstaaten begrüßt, von mehreren Ländern wurde auch die Verbindung zur Europäischen Säule sozialer Rechte hervorgestrichen. Auch die österreichische Sozialministerin Brigitte Zarfl erklärte im Rahmen der öffentlichen Sitzung des EPSCO-Rats am 8. Juli, dass Österreich diesen Ansatz unterstütze. Gut ausgestaltete Sozialausgaben seien Investitionen, die „nicht nur den Menschen, sondern auch durch ihre stimulierende und stabilisierende Wirkung der Wirtschaft und damit den Volkswirtschaften zu Gute kommen“. Die Überlegungen der OECD zur „Economy of Wellbeing“ sollten auch in die Nachfolgestrategie der EU-2020 Strategie einfließen – neben den Prinzipien der Europäischen Säule sozialer Rechte und den Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDGs) der Vereinten Nationen, so Sozialministerin Zarfl.
Notwendige Maßnahmen aus Sicht der AK
Aus Sicht der ArbeitnehmerInnen und KonsumentInnen ist zu begrüßen, dass das Thema „Economy of Wellbeing“ Eingang in die Agenda des Rats gefunden hat. Abzuwarten bleibt jedoch, welche Maßnahmen auf die Schwerpunktsetzung folgen und wie stark der Ansatz in die Arbeit der künftigen Europäischen Kommission unter Ursula von der Leyen einfließen wird. Die amtierende Kommission hat jedenfalls bereits mit dem ESDE-Bericht 2019 aufgezeigt, dass der Kampf gegen den Klimawandel als treibende Kraft für Wachstum und Beschäftigung genutzt werden kann. Außerdem regt sie an, soziale Investitionen zu tätigen und in die Kompetenzen der Menschen zu investieren, um das Wirtschaftswachstum beizubehalten.
Für die Umsetzung des Wohlstands- und Nachhaltigkeitsansatzes wurde im Rahmen des EPSCO-Rats von vielen Mitgliedstaaten darauf verwiesen, bestehende Strukturen zu nutzen, die sich bewährt haben – etwa das Europäische Semester, welches den Rahmen für die Koordinierung der Wirtschaftspolitik der EU-Länder bildet. Aus AK-Sicht sollte jedoch das Europäische Semester zur Erreichung der „Economy of Wellbeing“ nicht einfach in seiner bestehenden Form fortgesetzt, sondern mit einer klaren Verankerung der Ziele neu ausgerichtet werden: Um für eine ausgewogene wirtschaftliche Entwicklung zu sorgen und gleichzeitig die Erreichung von sozialen und ökologischen Verbesserungen voranzutreiben, sollte im Rahmen des Europäischen Semesters ein „magisches Vieleck wohlstandsorientierter Wirtschaftspolitik“ etabliert werden. In diesem Rahmen ist es wichtig einen Konsens darüber herzustellen, dass die Wirtschaftspolitik Interessen wie Vollbeschäftigung, ein hohes Niveau an fair verteiltem materiellen Wohlstand, Lebensqualität und ökologische Nachhaltigkeit – unter Wahrung ökonomischer Stabilität – möglichst ausgewogen verfolgt. Daneben wäre auch eine geeignete Messung der Fortschritte dieser Zielsetzungen und eine Beobachtung der „Wellbeing“-Entwicklung auf nationaler Ebene erforderlich.
Eine weitere wichtige Maßnahme zur Umsetzung der Wohlstands- und Nachhaltigkeitsziele sind öffentliche Investitionen: Aus Sicht der AK ist dringend ein zentraler Investitionsschwerpunkt zur sozio-ökologischen Erneuerung Europas erforderlich, um den Klimawandel zu bewältigen und gleichzeitig Wohlstand zu schaffen. Auch der OECD-Bericht und das Reflexionspapier der Kommission „Auf dem Weg zu einem nachhaltigen Europa bis 2030“ legen einen verstärkten Fokus auf soziale Investitionen nahe. Da jedoch durch die EU-Fiskalregeln der Spielraum für öffentliche Investitionen begrenzt ist, ist die Einführung einer goldenen Investitionsregel notwendig, welche öffentliche Zukunftsinvestitionen aus der Berechnung der öffentlichen Defizite herausnimmt.
Weiterführende Informationen:
Hintergrundpapier der OECD zur EPSCO-Rat
AK EUROPA: „Sustainable Europe - Sustainable Future“: Finnland übernimmt EU-Ratspräsidentschaft
EU Kommission: Auf dem Weg zu einem nachhaltigen Europa bis 2030
AK Wohlstandsbericht: Wohlstand als gesellschaftliches Leitziel