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ZurückGanz im Zeichen der Nachhaltigkeit übernahm am 1. Juli 2019 Finnland die EU-Ratspräsidentschaft für die kommenden sechs Monate. Neben der Stärkung der gemeinsamen Werte in der EU setzt Finnland in seinem Programm besonders auf die Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit und der sozialen Inklusion, den Kampf gegen den Klimawandel und auf den Wohlstand der BürgerInnen in der EU.
Am 1. Juli 2019 hat Finnland die EU-Ratspräsidentschaft von Rumänien übernommen und wird diese bis 31. Dezember 2019 ausüben. Der Vorsitz im Rat der Europäischen Union wechselt alle sechs Monate nach einem festgelegten Zyklus und gibt den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, für sie wichtige Themen voranzutreiben, Akzente in der EU zu setzen und so die Zukunft der EU maßgeblich mitzugestalten. Finnland setzt in seinem am 26. Juni vorgestellten Programm mit dem Slogan „Sustainable Europe – Sustainable Future“ besonders auf das Thema Nachhaltigkeit: Das Ziel für die Periode ist, eine sozial, wirtschaftlich und ökologisch nachhaltige Zukunft der EU zu fördern. Als weiteres wichtiges Interesse der finnischen Präsidentschaft soll die „Economy of Wellbeing“ auf der Agenda des Rats Eingang finden. Mit dieser Zielsetzung sollen das Wohlbefinden und der Wohlstand der Menschen in den Mittelpunkt der Politik gerückt werden, indem gesellschaftlicher Fortschritt vorangetrieben und auf die Bekämpfung von Ungleichheiten hingewirkt werden soll. Im Rahmen der Präsidentschaft wird hierzu auch eine High-Level Konferenz am 18. September 2019 in Helsinki stattfinden, um einen breiten Dialog zur Thematik zu führen.
Bei der Vorstellung des Programms wies der Premierminister Finnlands, Antti Rinni, auf die Errungenschaften in der Europäischen Union wie Stabilität und Frieden hin, gleichzeitig stehe Europa aber vor Herausforderungen und offenen Fragen, die gemeinsame, nachhaltige Lösungen erfordern.
Stärkung gemeinsamer Werte und der Rechtstaatlichkeit
Die neue Präsidentschaft erklärt den Schutz und die Stärkung der gemeinsamen Werte in der EU als eine ihrer Prioritäten: Frieden, Sicherheit, Stabilität, Demokratie und Wohlstand. Finnland betont hierbei, dass die Europäische Union nur durch die Verteidigung dieser Eckpfeiler der europäischen Integration und durch gemeinsames Handeln die großen Herausforderungen unserer Zeit bewältigen und gleichzeitig das Wohlergehen ihrer BürgerInnen fördern kann. Insbesondere wird das Ziel hervorgehoben, die Rechtstaatlichkeit stärken zu wollen, indem effizientere Maßnahmen gefunden werden sollen, um die Einhaltung der gemeinsamen Werte in den Mitgliedstaaten gewährleisten zu können. Im Zuge dessen ist auch geplant, die Verhandlungen über eine Kopplung von Förderungen aus EU-Mitteln an die Einhaltung der Rechtstaatlichkeit fortzusetzen.
Wettbewerbsfähigkeit und soziale Inklusion
Thematisch im Mittelpunkt der nächsten sechs Monate soll auch die Frage stehen, wie weiterhin Wirtschaftswachstum, Beschäftigung und Wohlstand geschaffen werden können, trotz Herausforderungen wie den Spannungen im internationalen Handel. Neben einem gut funktionierenden Binnenmarkt und regelbasiertem Freihandel will die Präsidentschaft hier besonders auf soziale Inklusion setzen. So betont sie etwa, dass durch die Bereinigung von geschlechterbasierten Ungleichheiten, durch die Förderung von Bildung und beruflichen Fertigkeiten sowie durch Inklusion und Beschäftigung von Jugendlichen nachhaltiges Wachstum erreicht werden kann.
EU soll Führungsrolle bei Klima- und Umweltschutz übernehmen
Ein weiterer, besonders hervorgehobener Schwerpunkt des finnischen Ratsvorsitzes ist, im Kampf gegen den Klimawandel global eine führende Rolle einzunehmen. Bis spätestens Ende 2019 will sie deshalb den Grundstein legen und die zentralen Elemente der langfristigen EU-Klimastrategie definieren: Das Ziel ist, die CO2-Neutralität bis 2050 zu beschließen, um eine klimaneutrale Gesellschaft zu verwirklichen. Bioökonomie und Kreislaufwirtschaft sollen dabei Lösungen im Kampf gegen den Klimawandel bieten und gleichzeitig Geschäftsmöglichkeiten und Arbeitsplätze schaffen. Die Finnen wollen dabei mit gutem Beispiel voran gehen: Neben dem Ziel, im eigenen Land die CO2-Neutralität bis 2035 zu erreichen, wird Finnland rund 500.000 Euro für den Ausgleich der CO2-Emissionen aufwenden, die durch Flüge im Zuge des EU-Vorsitzes entstehen.
Umfassende Sicherheit für die Bevölkerung
Als vierte Priorität betont die finnische Regierung, dass die innere und äußere Sicherheit mehr denn je miteinander verknüpft sind und Mitgliedstaaten sich gemeinsam gegen Sicherheitsbedrohungen rüsten müssen. Im Bereich des auswärtigen Handelns soll das Engagement bei der Vorbeugung von Konflikten effizienter gestaltet werden und die zur Verfügung stehenden Instrumente wie Diplomatie, Handelspolitik und Entwicklungshilfe stärker für den Schutz Europas eingesetzt werden. Gleichzeitig will der finnische Ratsvorsitz auch die innere Sicherheit fördern, unter anderem durch Zusammenarbeit bei der Vorbeugung von Kriminalität und der Bereinigung von Ungleichheiten.
Fazit
Aus ArbeitnehmerInnensicht sind viele der Ankündigungen notwendige und richtige Schritte für die Zukunft Europas, etwa die Betonung der Wichtigkeit sozialer Inklusion, der Klimaneutralität und des Wohlbefindens der BürgerInnen. Auch das Ziel der Weiterentwicklung der Europäischen Säule sozialer Rechte findet sich im Programm wieder – hier bleibt zu hoffen, dass dieser Ankündigung auch konkrete Maßnahmen folgen, hohe soziale Mindeststandards in Europa voranzubringen und Lohn- und Sozialdumping entgegenzuwirken. Im Bereich der Steuerpolitik hingegen lässt das Programm wenig konkrete Ziele vermuten: In einem kurzen Absatz wird erwähnt, dass weiterhin auf OECD-Ebene über eine Digitalsteuer diskutiert werden soll und dass innerhalb der EU daran gearbeitet werden muss, Steuerhinterziehung und aggressiven Steuerwettbewerb zu bekämpfen. Hier wäre jedoch in Anbetracht der immer drängender werdenden steuerpolitischen Fragen eine stärkere Schwerpunktsetzung für ein faires Steuersystem in Europa wünschenswert.
Weiterführende Informationen:
Programm und Prioritäten der finnischen EU-Ratspräsidentschaft
AK EUROPA: Memorandum für ein soziales Europa
Rede des finnischen Premierministers zum Präsidentschaftsprogramm