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ZurückNachdem in den letzten fünf Jahren immer wieder neue Skandale zu Steuer- oder Finanzkriminalität an die Öffentlichkeit drangen, zuletzt die sogenannten „Cum-Cum“, „Cum-Ex“, und „Cum-Fake“-Geschäfte, setzte das Europäische Parlament am 1. März 2018 den Sonderausschuss für Finanzkriminalität, Steuerhinterziehung und Steuervermeidung ein. Der Ausschuss präsentierte nun am 27. November 2018 seinen Entwurf für einen Abschlussbericht.
Nicht, dass nach den „Panama Papers“, „Luxleaks“ und „Paradise Papers“ noch ein weiterer Skandal nötig gewesen wäre, um die internationale Bekämpfung von Steuer- und Finanzkriminalität in Gang zu bringen. Aber wie letzte Woche bekannt wurde, gab es bei einem der größten Steuerdiebstähle („Cum-Ex“) der jüngeren Geschichte eine weitere bisher unbekannte Facette: die sogenannten „Phantom Aktien“ oder „Cum-Fake“. Die Geschäfte funktionieren ähnlich wie die mit „Cum-Ex“-Aktien nur, dass hier Kapitalertragssteuern auf Aktien vom Staat an InvestorInnen ausgezahlt wurden, die de facto gar nicht existierten. Die Deutsche Bank soll an diesen Geschäften beteiligt gewesen sein.
Diese Geschäfte spielten auch eine Rolle in der Präsentation des Berichts des Sonderausschusses für Finanzkriminalität, Steuerhinterziehung und Steuervermeidung (TAX3) und hatten Einfluss auf den Entwurf eines Abschlussberichts des Ausschusses, der am 27. November 2018 vorgestellt wurde.
Bessere Kommunikation
Der Ko-Berichterstatter Luděk Niedermayer (EVP) hob die Fortschritte der EU beim Schließen von Gesetzeslücken bei Geldwäsche, Steuervermeidung, Steuerhinterziehung und aggressiver Steuerplanung hervor. Man habe die Steuerbehörden mit starken Mitteln und Daten ausgestattet, um gegen solche Praktiken entsprechend vorgehen zu können. Diese Mittel und Instrumente würden aber nur funktionieren, wenn es eine verstärkte und bessere Zusammenarbeit der zuständigen Behörden der Mitgliedsländer gäbe.
Wie der zweite Ko-Berichterstatter Jeppe Kofod (S&D) anmerkte, wäre fehlende Kooperation einer der Gründe gewesen, dass sich „Cum-Ex“ zu einem europaweiten Steuerraub auswachsen konnte. Dem Fiskus wären so Gelder entrissen worden, die in der Pflege und Gesundheitsversorgung oder der Bildung dringend gebraucht worden wären. Der Bericht würde daher die Schaffung von Anlaufstellen für Finanzkriminalität in allen Steuerbehörden der Mitgliedsstaaten vorsehen. Solche Anlaufstellen würden es Mitgliedsstaaten erleichtern, andere Mitgliedsstaaten vor grenzübergreifender Finanzkriminalität zu warnen und sich bei ihrer Verfolgung auszutauschen. Außerdem sieht der Bericht die Zentralisierung einer Geldwäsche-Aufsicht als EU-Einrichtung vor, um strenge und harmonisierte Gesetze und Praktiken erlassen zu können.
Der Bericht beinhaltet zusätzlich eine klare Aufforderung zur effektiven Abschaffung von „goldenen Visa“-Systemen in der Europäischen Union, also der Ausstellung von Staatsbürgerschaften im Gegenzug für Investitionen.
Auch der europäische Schutz von „Whistleblowern“ soll ausgeweitet werden und sicherstellen, dass diese nicht durch Geheimhaltungsvereinbarungen zum Schweigen gebracht werden. Von grüner und liberaler Seite wurde im Anschluss die Forderung nach einem europäischen „FBI“ vorgebracht, also einer Finanzmarktpolizei mit weitreichenden Durchgriffsrechten, um die europäischen SteuerzahlerInnen vor Raubzügen wie „Cum-Ex“ schützen zu können. Zusätzlich wurde eine bessere Regulierung für Kryptowährungen gefordert, um diese als Mittel zur Geldwäsche unmöglich zu machen.
Nach 26 Ausschusssitzungen, öffentlichen Anhörungen und Workshops, sowie ausführlichen Diskussionen mit der Kommission soll am 27. Februar 2019 über den vorgelegten Bericht des TAX 3-Sonderausschusses abgestimmt werden.
Gemeinsamer Entschließungsantrag zu „Cum-Ex“ im EP
Am 29. November 2018 verabschiedete das Europäische Parlament einen Entschließungsantrag zur „Cum-Ex“-Affäre. Dieser fordert unter anderem die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde und die Europäische Bankenaufsichtsbehörde auf, Untersuchungen hinsichtlich der Handelssysteme von „Cum-Ex“-Aktien durchzuführen. Mögliche Bedrohungen für die Integrität der Finanzmärkte sollen so bewertet werden. AkteurInnen, die sich dieser Handelspraktiken schuldig gemacht haben, sollen benannt und Verstöße gegen etwaiges nationales oder Unionsrecht aufgezeigt werden. Dies soll geeignete Empfehlungen für Reformen und Maßnahmen gegen etwaige RechtsbrecherInnen nach sich ziehen. Auch der automatische Informationsaustausch zwischen den Behörden soll gestärkt werden. Nach der Krise 2008 sei es vermehrt zu Kürzungen der finanziellen und personellen Ressourcen in der Steuerverwaltung gekommen. Deshalb erging auch eine Aufforderung an die Mitgliedsstaaten, ihre Steuerbehörden mit angemessenen personellen Ressourcen auszustatten und zu modernisieren, damit die Überwachung verbessert und der Zeitaufwand und die Informationslücken verringert werden können.
Weiterführende Informationen:
AK EUROPA: Cum-Ex: Die große Plünderung
AK EUROPA: Kommission und Rat für stärkeres Durchgriffsrecht gegen Geldwäsche und Steuerflucht
Special tax committee: Draftspersons pubish first findings and recommendations
TAX 3: Entwurf eines Berichts über Finanzkriminalität, Steuerhinterziehung und Steuervermeidung