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ZurückNegative Folgen von Krisen betreffen Frauen besonders stark. Die letzten zwei Jahre Pandemie haben insbesondere zu einer Zunahme der körperlichen und seelischen Gewalt gegen Frauen geführt. Als Teil der EU-Gleichstellungsstrategie 2020-2025 stellte die Kommission nun Vorschriften zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen vor.
Der internationale Frauenkampftag am 8. März 2022 stand in den Europäischen Institutionen im Licht des russischen Angriffs auf die Ukraine, denn in kriegerischen und bewaffneten Konflikten sind Frauen zusätzlich von geschlechtsspezifischer Gewalt betroffen. Frauenrechtsorganisationen warnten vor Menschenhändlern, vor Vergewaltigungen und Zwangsprostitution, die für Frauen auf der Flucht eine große Gefahr darstellen. Das Problem der geschlechtsspezifischen Gewalt beschränkt sich jedoch nicht nur auf Konfliktgebiete, auch die Pandemie verschlechterte die Situation für Frauen in vielen Bereichen. Lockdowns und Ausgangsbeschränkungen schufen ein Umfeld, das physische, psychische, sexuelle und wirtschaftliche Gewalt gegen Frauen und Mädchen begünstigte und den Opfern den Zugang zu Hilfsdiensten erschwerte. Eine neue Eurobarometer-Umfrage zeigt, dass 77 % der Frauen in der EU der Meinung sind, dass die Pandemie zu einer Zunahme der körperlichen und seelischen Gewalt gegen Frauen in ihrem Land geführt hat. Diese wird auch durch das höhere Risiko des Arbeitsplatz- und Einkommensverlusts verschärft. Damit die negativen Folgen die Pandemie nicht überdauern, legte die Kommission am internationalen Frauentag einen Vorschlag für EU-weite Vorschriften zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt vor. Der Richtlinienvorschlag stellt Vergewaltigung, weibliche Genitalverstümmelung und Cybergewalt unter Strafe und soll den Zugang der Betroffenen zur Justiz erleichtern.
Doch sind nicht alle dieser Probleme auf das Virus zu schieben, denn bei der „Schattenpandemie“ der geschlechtsspezifischen Gewalt handelt es sich um ein langfristiges, systemisches Phänomen. In Österreich zeigt sich das durch traurige Zahlen: 2021 wurden 31 Femizide verzeichnet, damit starben pro Monat mehr als zwei Frauen durch ihre (Ex-)Partner. Im Jahr 2020 hat die Polizei zudem 11.495 Annäherungs- und Betretungsverbote verhängt, in den Jahren davor waren es rund 8.000. Helena Dalli, Kommissarin für Gleichstellung, betont, dass EU-weit bei der Täterarbeit angesetzt werden muss. Denn „wenn ich jemanden nach einer Gewalttat entwurzeln muss, dann würde ich doch lieber den Täter aus der Wohnung nehmen“.
Europaweit stieg die geschlechtsspezifische Gewalt durch die Pandemie an. Für Evelyn Regner (S&D), Vizepräsidentin des EU-Parlaments, ist der Kommissionsvorschlag längst überfällig, um verbindliche Regeln in allen Mitgliedsstaaten sowie den Ausbau von Schutz- und Unterstützungsleistungen zu etablieren. Ferner notwendig ist die Aufnahme von Gewalt gegen Frauen in die Liste der Europäischen Verbrechen und die Ratifizierung der Istanbul-Konvention durch alle EU-Mitgliedsstaaten. Um diese Ambitionen auch außerhalb der EU zu verfolgen, wurde im EU-Parlament ein Initiativbericht zum dritten EU-Aktionsplan angenommen, der die Gleichstellung der Geschlechter als eine Priorität aller außenpolitischen Strategien und Maßnahmen festlegt. 85 % aller neuen Maßnahmen sollen bis 2025 zur Geschlechtergleichstellung und zur Stärkung der Rolle der Frau beitragen.
Rat beendet Blockade
Doch es gibt auch gute Nachrichten in diesen schwierigen Zeiten: Erfreulicherweise konnten sich im Rat die Minister:innen für Beschäftigung und Soziales am 14. März 2022 auf das Verhandlungsmandat für die Richtlinie „Frauen in Aufsichtsräten“ einigen – die Blockade im Rat ist damit durchbrochen. Die Kommission hatte vorgeschlagen, dass börsennotierte Unternehmen mit Sitz in einem EU-Land bis 2027 einen Anteil von 40 % Frauen in Aufsichtsräten erreichen sollen. Bei Unternehmen, die sowohl geschäftsführende als auch nicht geschäftsführende Positionen innehaben, liegt die Zielvorgabe bei 33 %. Zwei Tage nach der Ratssitzung stimmten auch die Ausschüsse für die Rechte der Frau (FEMM) und für Recht (JURI) des EU-Parlaments der Aufnahme von interinstitutionellen Verhandlungen zu. Damit die Regelung Realität werden kann, muss nun eine Einigung in den Trilog-Verhandlungen zwischen Rat, EU-Parlament und Kommission über die konkrete Ausgestaltung der Richtlinie erreicht werden.
Weiterführende Informationen:
AK EUROPA: EU-Richtlinie zu Frauen in Aufsichtsräten: Wird die Blockade endlich gebrochen?
AK EUROPA: Großer Nachholbedarf bei Geschlechtergleichstellung in der EU
AK EUROPA: Anstieg von Gewalt an Frauen als Schattenpandemie
A&W Blog: Geschlechtsspezifische Folgen der Pandemie