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ZurückZehn Jahre war es still um die Richtlinie zu Frauen in den Aufsichtsräten. Nun könnte der im Rat blockierte Richtlinienvorschlag aus dem Jahr 2012 endlich die erforderliche Mehrheit erzielen. Dass verbindliche Quoten ein effektives Mittel sind, um den Frauenanteil in Führungsgremien zu steigern, zeigt auch dieses Jahr der von der Arbeiterkammer am 7. März 2022 präsentierte Frauen.Management.Report.
Die Richtlinie zu „Frauen in den Aufsichtsräten“ wurde bislang durch eine Sperrminorität unter anderem von Deutschland und den Niederlanden, aber auch den strikten Gegner:innen der Richtlinie Ungarn und Polen blockiert. Aufgrund der neuen deutschen Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP scheint sich die strikte Abwehrhaltung im größten Land der EU nun aufzuweichen. Somit würden 18 der 27 EU-Länder die Richtlinie unterstützen – genug, um angenommen zu werden und ein Mandat des Rates für die Verhandlungen mit EU-Parlament und Kommission zu ermöglichen. Die Datenerhebung des „Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen“ (EIGE) zeigt, dass der Unterschied in den Führungsetagen noch eklatant ist: Im 2. Halbjahr 2021 hatten Frauen im Schnitt 30,6 % und damit nicht einmal ein Drittel der Positionen in Aufsichts- und Verwaltungsräten der größten börsennotierten Unternehmen innerhalb der EU inne. Im Vergleich dazu waren es 2003 nur 8,3 %. Dieser Etappenerfolg wurde vor allem durch verbindliche Quoten erreicht, veranschaulicht an den Beispielen Österreich, Frankreich, die Niederlande und Deutschland. Der neue Frauen.Management.Report der AK zeigt, dass seit der Einführung der Quote in Österreich im Jahr 2018 der Anteil von Frauen in börsennotierten Unternehmen von 22,4 % auf aktuell 35,1 % erhöht hat, und somit geeignet ist, um den Frauenanteil zu erhöhen. Die Dynamik flacht jedoch ab, denn der Quotendeckel von 30 % wiegt bei vielen Unternehmen schwer. Im Vergleich dazu müssen Frauen im Management noch mit der Lupe gesucht werden. Der Bericht führt mehrere Gründe für die Unterrepräsentanz von Frauen in hohen Positionen an: Vorurteile, Diskriminierung, die Ausrichtung von Karriereplänen auf traditionelle Geschlechterrollen und dass mit steigender Hierarchiehöhe die objektiven Auswahlmethoden bei Rekrutierungsprozessen wegfallen. Das heißt, es gilt das Ähnlichkeitsprinzip, also rekrutieren Männer wieder Männer.
Österreich findet sich gemeinsam mit Zypern bei den Schlusslichtern in punkto Gleichstellung im Management. Fast jedes fünfte an der Wiener Börse notierte Unternehmen wird von einem reinen Männervorstand geführt. Sogar unter den 20 ATX-Unternehmen, die als Leitunternehmen verstärkt auf Gleichstellung achten sollten, findet sich mit der Mayr-Melnhof Karton AG ein Unternehmen, das weder im Vorstand noch im Aufsichtsrat eine einzige Frau verzeichnen kann. Das Fazit in Europa muss also lauten, die Quote auch für Managementpositionen in börsennotierten Unternehmen auszuweiten, sowie in Österreich die bestehende Quote für Aufsichtsräte auf 40 % zu erhöhen. Bezüglich der Erhöhung des Frauenanteils im Management, fordert die AK einen jährlichen Monitoringbericht, um Entwicklungen transparent evaluieren zu können. Ferner wird eine Koppelung der Management-Bonuszahlungen an einen Mindestfrauenanteil bei den Neuaufnahmen in männerdominierten Branchen gefordert.
Island mit einer Quote von 47,1 %, Frankreich mit 45,3 % und Norwegen mit 41,5 % zeigen vor, wie es gehen kann. Sie sind damit die einzigen europäischen Länder, die bislang durch national verpflichtende Regelungen eine annähernd ausgeglichene Verteilung der Führungspositionen erreichen konnten. Die drei Länder vereint, dass die Frauenquote schon vor mehreren Jahren eingeführt wurde, allen voran Norwegen 2003, Island 2010 und Frankreich 2011. Im Vergleich zu Norwegen, wo nur börsennotierte Unternehmen betroffen sind, inkludiert Frankreich alle Unternehmen mit mindestens 500 Mitarbeiter:innen und Island GmbHs mit mehr als 50 Mitarbeiter:innen. Island hat zudem eine Offenlegungspflicht für Unternehmen unter 50 Mitarbeit:innen, so verdreifachte sich der Frauenanteil in nur drei Jahren nach Einführung der Quote von 16 % auf 48 %. Österreich startete hingegen erst 2017 und exkludiert börsennotierte Unternehmen, wenn diese weniger als 1000 Mitarbeiter:innen haben. Frankreich hat bereits 2021 nachgeschärft und die Quote auf Geschäftsführer:innen und Seniormanager:innen in Unternehmen ausgeweitet. Österreich könnte demnach getrost weitere Schritte setzen, denn wie Frankreich und Island zeigen – die Quote bringt’s!
Weiterführende Informationen:
AK EUROPA: Frauen in Aufsichtsräten: Wann durchbricht die EU die „gläserne Decke“?
AK EUROPA: Richtlinie zu Frauen in Aufsichtsräten erneut im Scheinwerferlicht
AK EUROPA: Geschlechterungleichheit und Erwerbsarmut in der EU