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ZurückSeit 1. Jänner 2020 hat mit Kroatien das jüngste Mitglied der EU die Ratspräsidentschaft übernommen. Der kroatische Vorsitz fällt in eine besondere Zeit, schließlich begleitet er auch die ersten 100 Tage der neuen Kommission.
Nach sechseinhalb Jahren EU-Mitgliedschaft übernahm Kroatien die EU-Ratspräsidentschaft von Finnland. Die FinnInnen blicken auf eine gemischte Bilanz der letzten sechs Monate. Als Erfolg können sie die Stärkung der Rechtsstaatlichkeit, etwa durch Verknüpfung dieser mit EU-Geldern ebenso wie die Zustimmung fast aller Mitglieder des Europäischen Rates (Ausnahme Polen) zur Klimaneutralität bis 2050 verbuchen. Keine Fortschritte gab es aber bei den Verhandlungen zum Mehrjährigen Finanzrahmen. Auch die Blockade der Beitrittsgespräche mit Nordmazedonien und Albanien gilt als Rückschlag in der EU-Erweiterungspolitik. Als Balkanland wird Kroatien hier eine wichtige Vermittlerrolle zugetraut.
Die wichtigsten Themen der kroatischen Ratspräsidentschaft
Der European Green Deal wird ein großes Thema für die kroatische Ratspräsidentschaft werden. Mit dem Fonds für den gerechten Wandel („just transition fund“) und dem Investitionsplan für ein zukunftsfähiges Europa wurden diese Woche die Finanzierungsvorschläge für das Mammutprojekt von der Kommission vorgelegt. Das wichtigste legislative Dossier für die kroatische Ratspräsidentschaft bleibt allerdings zunächst der Mehrjährige Finanzrahmen 2021-2027 (MFR). Ursula von der Leyen betonte, dass sie auf Kroatien zähle, um die schwierigen Budgetverhandlungen zum Abschluss zu bringen. Der kroatische Premierminister Plenković räumte den MFR-Verhandlungen höchste Priorität ein. Er betonte, dass vor dem Hintergrund der finanziellen Herausforderungen des European Green Deal eine Balance mit traditionellen Finanzposten, wie der Kohäsions- und Agrarpolitik, gefunden werden müsse.
Mit dem für den 31. Jänner anberaumten Brexit-Termin wird auch der Austritt Großbritanniens ein wichtiges Thema. Die Ratifizierung des Austrittsabkommen von Seiten der EU wird unter Federführung der kroatischen Präsidentschaft stattfinden. Kroatien wird ebenfalls eine Schlüsselrolle in denen im Dezember vorläufig blockierten Beitrittsgesprächen mit Nordmazedonien und Albanien einnehmen. Der sogenannte Westbalkan-Gipfel in Zagreb im Mai soll konkrete Resultate hinsichtlich der zukünftigen EU-Erweiterung bringen. Auch die Planung und Ausgestaltung der Konferenz zur Zukunft Europas fällt in die kroatische Ratspräsidentschaft, die hierfür zunächst die Position des Rates erarbeiten soll. Die zweijährige Konferenz hat das Ziel, die europäischen Institutionen und BürgerInnen der EU zusammenzubringen, um Reformvorschläge auf den Weg zu bringen.
Kroatiens Ziele und Prioritäten
Laut der kroatischen Leitmotive soll Europa stark in einer Welt voller Herausforderungen sein, es soll entwickeln, verbinden, beschützen und Einfluss nehmen. Die kroatischen Prioritäten rücken Europas Rolle auf der Weltbühne in den Fokus. Unter dem Motto des „einflussreichen Europas“ soll bespielweise die Vorbereitung der EU Afrika-Strategie in Angriff genommen werden. In Einklang mit dem Europäischen grünen Deal sollen Innovationen und nachhaltiges Wachstum die Präsidentschaft begleiten, und zwar besonders hinsichtlich der Aspekte Digitalisierung und Mobilität. Eine europäische Antwort auf die Frage der Migration und das Schlagwort „Schutz der Außengrenzen“ gehört ebenfalls zum kroatischen Portfolio.
Parlament stellt Forderungen
Im Rahmen einer Aussprache vor den Abgeordneten des Europäischen Parlaments kritisierten die europäischen SozialdemokratInnen die Abwesenheit einer sozialpolitischen Agenda. Auch wenn Weiterbildungsmaßnahmen oder die Umsetzung der Europäischen Säule sozialer Rechte kurz im Programm vermerkt seien, erwarteten die ParlamentarierInnen stärkeres Engagement für soziale Themen, etwa die Bekämpfung von Kinderarmut oder der geschlechtsspezifischen Einkommenslücke. Die Grünen boten sich als Partner für die Umsetzung des European Green Deals an, forderten allerdings einen stärkeren Einsatz beim Thema Rechtsstaatlichkeit und bei der Wahrung der Menschenrechte. Die kroatische Grenzpolizei steht nämlich auf Grund von gewaltsamen Rückführungen von Geflüchteten und Menschenrechtsverletzungen in der Kritik.
Weiterführende Informationen:
Programm der kroatischen Ratspräsidentschaft
AK EUROPA: Finanzierungsvorschlag des European Green Deal vorgestellt
AK EUROPA: Kommission stellt Europäischen Grünen Deal vor
AK EUROPA Positionspapier: Mehrjähriger EU-Finanzrahmen 2021 – 2027: Ein Haushalt, der Europa eint