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Am 21.3.2018 hat die Kommission ein europäisches Modell zur „Fairen Besteuerung der Digitalen Wirtschaft der EU“ vorgestellt. Vorgesehen ist eine digitale Körperschaftssteuer für transnational agierende Großkonzerne, die in den letzten Jahren stark gewachsen sind. Derzeit tragen sie weniger als die Hälfte der Steuerlast „klassischer“ Unternehmen. Die Digitalsteuer soll daher an den Ort der Wertschöpfung und nicht mehr an den Unternehmenssitz gebunden sein.

 

Täglich werden weltweit 20 Milliarden Emails verschickt, 800 Millionen Videos heruntergeladen und 150 Millionen Posts auf Social Media abgesetzt - und es werden künftig nicht weniger werden. Das florierende Geschäftsmodell digitaler Unternehmen basiert auf diesem Wachstum. Vor zehn Jahren war nur ein einziger der weltweit 20 größten Konzerne ein digitales Unternehmen, heute sind es bereits neun. Die derzeitigen, veralteten Steuerregime der Europäischen Mitgliedsstaaten sind darauf nicht ausgelegt und besteuern nach wie vor nur Unternehmen mit physischer Präsenz. Das hat eine drastische Ungleichverteilung der effektiven Steuerlast zur Folge. Denn während „klassische“ Firmen durchschnittlich eine Steuerlast von 23,3 % zu tragen haben, liefern „neue“ digitale Unternehmen gerade einmal 9,5 % ihrer Einnahmen ab. Gezielte Steuervermeidung und die aggressive Steuerpraktiken einzelner Länder verschärft das Problem. Eine Anpassung der Steuermodelle ist also dringend notwendig. Das stellt auch der gerade erschienene OECD-Bericht fest, der beim Treffen der G20 Finanzminister am 19. und 20.3.2018 in Buenos Aires diskutiert wurde. Die G20 und 90 weitere Länder kamen überein, dass bis spätestens 2020 ein internationaler Konsens betreffend Digitalsteuer erarbeitet werden sollte.

 

Der neue Kommissionvorschlag zur „Fairen Besteuerung der Digitalen Wirtschaft“ vom 21.3. 2018 soll bei dieser Ungleichverteilung nun in zwei Schritten europaweit Abhilfe schaffen. Um die bereits stattfindende Fragmentierung der Gesetzgebungen zu unterbinden, ist erstens eine sofortige Interimssteuer als Übergangslösung vorgesehen. Zweitens soll diese später von einer EU-weit harmonisierten, digitalen Körperschaftssteuer mit Fokus auf den Ort der Leistungserbringung und nicht den Unternehmenssitz abgelöst werden.

 

Durch die Übergangslösung würden virtuelle Unternehmen besteuert, bei deren Wertschöpfung die digitalen NutzerInnen eine übergeordnete Rolle spielen. Das ist zum Beispiel bei der Schaltung von Onlinewerbung oder der Weitergabe von NutzerInnendaten der Fall. Die Schwellenwerte zielen auf multinationale Großkonzerne mit 750 Million oder einem EU-weiten Jahresumsatz von 50 Millionen Euro ab. Beim angedachten Steuersatz von 3% auf lokal abgeschöpfte Einnahmen brächte das den Mitgliedsstaaten geschätzte 5 Milliarden Euro pro Jahr.

 

Die langfristige Lösung soll später in der kürzlich im EU-Parlament beschlossenen gemeinsamen konsolidierten Körperschaftsbemessungsgrundlage (GKKB) integriert werden, um vor allem auch Doppel- bzw. Nichtbesteuerung zu vermeiden. Besteht die „steuerwürdige digitale Präsenz“ eines Unternehmens in einem Mitgliedsstaat, würde die Körperschaftssteuer auch ohne physischem Firmensitz im Land der Wertschöpfung fällig. Um die „digitale Präsenz“ zu bewerten, schlägt die Kommission drei Kriterien vor: Erwirtschaftet ein Unternehmen entweder mindestens 7 Millionen Euro Jahresumsatz, oder verzeichnet es 100.000 NutzerInnen in einem Mitgliedsstaat, oder aber es bestehen über 3000 Geschäftsverträge mit KundInnen, dann wird die Steuer fällig.

 

Die politische Machbarkeit des Vorschlags scheint derzeit noch fraglich. Beim dieswöchigen Europäischen Rat am 22. und 23.3.2018 wird dieses Thema im Rahmen der Strategie zum gemeinsamen digitalen Markt wohl erstmals auf höchster Ebene besprochen werden. Irland, das selbst stark von den digitalen Unternehmen profitiert und diese mit aggressiver Steuerpolitik lockt, hat noch am Tag des Vorschlags Einspruch eingelegt. Schwierig ist auch der Zeitpunkt: Der Gesetzesinitiative wurde umgehend als Vergeltung gegen die US-amerikanischen Strafzölle bei Stahl gewertet, obwohl die Digitalsteuer in Grundzügen schon zu Beginn des estnischen Ratsvorsitzes im Juli 2017 beschlossen wurde.

 

Die Arbeiterkammer begrüßt die Gesetzesinitiative der Kommission und sieht sie als ersten Schritt, der aktiven und fairen Besteuerung der digitalen Wirtschaft endlich näher zu kommen. Zu befürchten ist jedoch, dass die Digitalsteuer letztlich in der Übergangsphase stecken bleibt. Es wäre daher sofort zu einem langfristigen Modell überzugehen. Zu diesem Thema wird die AK-Europa deshalb am 27. März um 18:30 in der Ständigen Vertretung Österreichs eine Diskussion unter dem Titel „GAFA-Tax: Empty promise or future of digital taxation in the EU?“ organisieren. Am Panel sitzen Giorgia Maffini (OECD), Evelyn Regner (S&D), Dominik Bernhofer (AK) und Bernardus Zuijdendorp (Kommission).

 

Weiterführende Informationen:

AK-EUROPA Event: GAFA Tax – Empty promise or future of digital taxation?

AK Policy Paper: Digitalisierung und Besteuerung

AK Policy Paper: Online-Handel in Österreich

OECD: Tax Challenges Arising from Digitalisation – Interim Report 2018