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Der 2. Mai 2018 wurde in Brüssel von vielen mit Spannung erwartet, denn seit Monaten nannte die Kommission diesen Tag, um ihren Vorschlag für den Mehrjährigen Finanzrahmen von 2021 bis 2027 zu präsentieren. Am Mittwoch war es schließlich so weit: Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Haushaltskommissar Günther Oettinger stellten im Europäischen Parlament die Vorstellungen der Kommission zum Budget ab 2021 vor. Mit 1,28 Mrd. Euro soll das EU-Budget 1,11 % des Bruttonationalprodukts betragen und damit höher sein als die derzeitigen 1,11 Mrd. Euro bzw. 1,08 %.

 

Zwischen 1,1 und 1,2 % des Bruttonationalprodukts hatte Haushaltskommissar Günther Oettinger in den vergangenen Wochen und Monaten die Höhe des Mehrjährigen Finanzrahmens angekündigt. Am 2. Mai 2018 schlug die Kommission schließlich 1,11 % vor und begnügte sich damit mit einem Wert am unteren Ende der Bandbreite. Dies kann als erstes Entgegenkommen an die Mitgliedstaaten gewertet werden, denn das Europäische Parlament hatte in seinem Initiativbericht eine Höhe von 1,3 % gefordert.

 

Um weniger von den direkten Zahlungen der Mitgliedstaaten abhängig zu sein, macht die Kommission ihre Ankündigung zur Erhöhung der Eigenmittel wahr und schlägt gleich mehrere Maßnahmen hierzu vor. So sollen Teile der Einnahmen durch das Handelssystem der Emissionszertifikate als auch der gemeinsamen konsolidierten Körperschaftssteuerbemessungsgrundlage direkt ins EU-Budget fließen. Auch die schon mehrmals angekündigte Plastiksteuer soll Eigenmittel beisteuern, indem die Mitgliedstaaten pro Gewicht an nicht wiederverwerteten Verpackungsabfällen aus Plastik einen nationalen Beitrag zu leisten haben.

 

Große Kontroversen sind auch in Hinsicht auf die Rabatte zu erwarten: Nicht nur Großbritannien, dessen Beitragslücke aufgrund des Brexit zu schließen ist, sondern auch andere Mitgliedstaaten profitieren derzeit von einem komplexen Rabattsystem, das nach Ansicht der Kommission bis 2026 schrittweise aufgelöst werden soll.

 

Auf der Seite der Ausgaben stehen weiterhin zwei große Ausgabenbereiche: Zum einen die Gemeinsame Agrarpolitik und zum anderen die Kohäsionspolitik. Die Gelder für die Landwirtschaft sollen um ca. 5 % gekürzt werden, jene der Kohäsionspolitik sogar um 7 %. Dem gegenüber soll Erasmus+ verdoppelt und Forschungsprogramme wie Horizont Europa deutlich aufgestockt werden. Neu sind die Schwerpunkte zur Nachbarschaftshilfe, Migration und Grenzmanagement, Sicherheit und Verteidigung. Ausdrücklich kündigte Haushaltskommissar Günther Oettinger bei seiner Rede vor dem Europäischen Parlament an, für die Verteidigungsindustrie zukünftig 2 Mrd. Euro ausgeben zu wollen. Die Zahl der MitarbeiterInnen bei Frontex soll von heute 1.200 auf 10.000 MitarbeiterInnen bis 2026 steigen.

 

Viele der Abgeordneten im EP-Parlament äußerten sich zum Kommissionsvorschlag grundsätzlich positiv. Dem gegenüber deponierten die Regierungen mehrerer Mitgliedstaaten, darunter auch Österreich, zahlreiche Kritikpunkte. Dementsprechend sind äußerst intensive und kontroverse Verhandlungen zu erwarten. Ob der Wunsch von Günther Oettinger, bis Ostern 2019 die Verhandlungen auch abschließen zu können, erfüllt wird, bleibt jedenfalls abzuwarten.

 

Aus Sicht der Arbeiterkammer muss bei den nun anstehenden Verhandlungen sichergestellt werden, dass es eine zentrale Aufgabe des EU-Budgets ist, ein soziales Europa zu verwirklichen. Dazu muss der Anteil des Europäischen Sozialfonds ESF auf mindestens 30 % statt der bisher 24 % erhöht werden. Außerdem müssen die Kriterien für die Förderungen reformiert werden, da das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf als einziges Kriterium nicht ausreichend ist. Es darf auch nicht vergessen werden, dass der Großteil des EU-Budgets durch Beiträge von Beschäftigten und KonsumentInnen finanziert wird und dieser Umstand auch auf Ausgabenseite seinen Niederschlag finden muss.

 

Weiterführende Informationen:

Europäische Kommission: EU-Budget – Die Kommission schlägt ein modernes Budget vor für eine Union, die schützt, stärkt und verteidigt

Europäische Kommission: Dokumente zum Mehrjährigen Finanzrahmen

Europäische Kommission: Fragen und Antworten zum Mehrjährigen Finanzrahmen

AK-Präsidentin Renate Anderl: Mehr Mittel für ein soziales Europa

AK EUROPA: Europäisches Parlament fordert für die EU einen soliden mehrjährigen Finanzrahmen