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ZurückMit der Entwaldungsverordnung will die EU dazu beitragen, die weltweite Entwaldung und Waldschädigung zu minimieren sowie Treibhausgasemissionen und den Verlust an biologischer Vielfalt zu verringern. Die Verordnung wurde bereits final beschlossen und muss mit 30. Dezember dieses Jahres angewendet werden. Die AK begrüßt die neuen Regeln und fordert eine wirksame Anwendung.
Ab 30. Dezember 2024 dürfen Rinder, Kakao, Kaffee, Ölpalme, Kautschuk, Soja und Holz sowie Erzeugnisse daraus nur mehr dann auf den EU-Markt gebracht oder aus diesem exportiert werden, wenn diese entwaldungsfrei und im Einklang mit nationalen Vorschriften erzeugt wurden sowie eine Sorgfaltserklärung für sie vorliegt. Das ist der wesentliche Inhalt der EU-Entwaldungsverordnung (EUDR). Entwaldungsfrei bedeutet, dass entsprechende Waldflächen nicht nach dem Stichtag (31. Dezember 2020) in landwirtschaftlich genutzte Flächen umgewandelt wurden. Bei Holz darf kein Primär- oder Urwald nach dem Stichtag geschädigt worden sein. Die EU-Kommission erstellt eine Risikoeinstufung der Erzeugerländer (Benchmarking in drei Stufen). Bei Ländern mit normalem bzw. hohem Risiko muss eine Risikoanalyse und -minimierung vorgenommen werden.
Was bedeutet die EU-Entwaldungsverordnung für Unternehmen?
In der EU ist die gesetzliche Konformität von Holz bereits seit 2013 nachzuweisen; auch geographische Angaben zu Grundstücken sind jetzt schon erforderlich, wenn beispielsweise um EU-Subventionen angesucht wird. Bei einer Einstufung als Land mit niedrigem Risiko entfällt auch die Pflicht zur Risikoanalyse und -minderung. Die neu zu erfüllenden Pflichten sind somit für europäische Unternehmen in den meisten Fällen überschaubar. In Bezug auf Österreich ist anzumerken, dass die meisten Wälder bereits jetzt landwirtschaftlich genutzt werden und daher von der Verordnung nicht erfasst sind. Insbesondere kleinen Unternehmen muss dennoch die Möglichkeit gegeben werden, sich rechtzeitig auf die neuen Regelungen vorzubereiten. Dies wird jedoch erschwert, da in Österreich ein nationales Gesetz mit den konkreten Vorgaben nach wie vor fehlt.
Wozu braucht es die Verordnung in Ländern wie Österreich?
Die Waldfläche in Österreich nimmt zwar insgesamt zu, gleichzeitig nehmen die Waldqualität und Biodiversität seit Jahren gravierend ab. Es bestehen Missstände in Zusammenhang mit der Rodung von Natura-2000 Schutzgebieten und in der Art und Weise, wie einzelne österreichische Unternehmen im Ausland ihr Holz gewinnen. Durch nunmehr stärkere Kontrollverpflichtungen kann dem entgegengewirkt werden. Indem endlich EU-weit gleiche Bedingungen eingeführt werden, wird gleichzeitig auch sichergestellt, dass jene Unternehmen, die nachhaltig wirtschaften, nicht länger im Wettbewerb benachteiligt werden. Dies könnte insbesondere dann relevant werden, wenn ein EU-Mercosur-Abkommen beschlossen werden sollte, durch welches der Handel mit Lateinamerika weiter liberalisiert und die heimische Landwirtschaft erheblich unter Druck gebracht werden könnte. Aber auch für Verbraucher:innen bedeutet die Verordnung eine zusätzliche Ermächtigung, da Unternehmen künftig unabhängig von freiwilligen Zertifizierungen rechtlich zu einer nachhaltigen Produktion verpflichtet sind und die Verantwortung dafür nicht länger auf das Kaufverhalten der Verbraucher:innen überwälzen können.
Was kann die EU-Entwaldungsverordnung in Drittstaaten bewirken?
Dass Entwaldung neben einem ökologischen immer auch ein wirtschaftliches und menschenrechtliches Problem darstellt, wurde in der Verordnung zu wenig klar adressiert. Zur tatsächlichen Eindämmung der Entwaldung auf globaler Ebene wird deshalb entscheidend sein, inwiefern die EU-Kommission und die EU-Mitgliedstaaten mit Drittländern zusammenarbeiten. Zu nennen ist hier die Team Europe Initiative zu entwaldungsfreien Lieferketten, die mit einem Startinvestment von 70 Mio. Euro dafür sorgen möchte, dass Kleinbäuer:innen in Drittstaaten bei der Umsetzung unterstützt und nicht vom Markt gedrängt werden. Bereits jetzt haben nationale Vorbereitungsmaßnahmen vor Ort Positives bewirkt: so hat die Regierung in Cote d‘Ivoire ID-Karten an die Landwirte verteilt, um die Rückverfolgbarkeit von Rohstoffen zu verbessern und elektronische Zahlungen zu ermöglichen. Entgegen den Stimmen der heimischen Landwirtschaft, die der EU-Entwaldungsverordnung „Undurchführbarkeit“ unterstellen, berichten Kakaobäuer:innen aus Ghana und Cote d’Ivoire, dass sie auf die Umsetzung vorbereitet seien und ihr System zur Rückverfolgbarkeit mit Oktober einsatzbereit sein werde. Aus diesem Grund richteten sie auch zuletzt ein Schreiben an die EU-Kommission, wonach sie eine weitere Verzögerung des Geltungsbeginns ablehnen und dahingehende Lobbyingversuche innerhalb der EU kritisch sehen.
Wie geht es weiter?
Statt weiter auf inhaltliche Änderungen und eine Verschiebung des Anwendungsbeginns hinzuwirken, müssen endlich alle EU-Mitgliedstaaten nationale Begleitgesetze vorlegen. Das derzeitige Taktieren bedeutet Planungsunsicherheit für Unternehmen und verkürzt den Zeitraum zur Vorbereitung. Die EU-Mitgliedstaaten müssen eine wirksame Anwendung sicherstellen und dafür sorgen, dass die zuständigen Behörden über angemessene Befugnisse und ausreichende Ressourcen verfügen.
Weiterführende Links
AK EUROPA Positionspapier: Verordnung über die Bereitstellung bestimmter Rohstoffe und Erzeugnisse, die in Verbindung mit Entwaldung und Waldschädigung stehen
AK EUROPA: Entwaldungsfreie Lieferketten: Wie effektiv wird das neue EU-Gesetz?
AK Infobrief EU und International: Gerechte Weltwirtschaft: Konzerne auf der Bremse
Greenpeace: Offener Brief an Bundesminister Totschnig
WWF: Faktencheck und Erläuterungen zur Umsetzung der EU-Verordnung für entwaldungsfreie Rohstoffe und Produkte