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ZurückAm 21. Juni 2022 haben der Rat und das EU-Parlament eine vorläufige politische Einigung zur Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD) erzielt. Ein erfreulicher Schritt, da so künftig mehr Informationen über soziale und ökologische Auswirkungen unternehmerischen Handels offenzulegen sind. Die Nachhaltigkeitsberichterstattung kann zu einem wesentlichen Treiber einer sozial-ökologisch ausgerichteten Unternehmensführung werden.
Am 21. April 2021 hatte die Kommission ihren Vorschlag für eine neue Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) vorgelegt, mit welcher die bisher geltende Non Financial Reporting Directive (NFRD) aus 2014 überarbeitet werden sollte. Ziel war es, „nichtfinanziellen Berichtspflichten“ für bestimmte europäische Unternehmen im Hinblick auf Anwendungsbereich, Umfang und Verankerung in der Corporate Governance deutlich zu erweitern. Auf den hohen Reformbedarf bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung wies im Vorfeld insbesondere auch das EU-Parlament mit dem Initiativbericht von Berichterstatter Pascal Durand vom 2. Dezember 2020 hin.
Eckpunkte der politischen Einigung
Entsprechend der vorliegenden Einigung werden in Zukunft große Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeiter:innen und einem Umsatz von über 40 Mio. Euro zur Berichterstattung nach der CSRD verpflichtet sein. Nichteuropäische Unternehmen mit mindestens einer Tochtergesellschaft oder Zweigniederlassung in der EU sind ab einem Umsatz von 150 Mio. Euro erfasst. Einem europaweit einheitlichen Katalog von Berichtsindikatoren folgend („European Sustainability Reporting Standards“) sind Informationen zu Umwelt, Soziales und Governance umfassend offenzulegen. Durch die überarbeitete Richtlinie soll mehr Transparenz für Arbeitnehmer:innen, Konsument:innen und Anleger:innen geschaffen und „Greenwashing“ bekämpft werden.
Nachhaltigkeitsberichte müssen künftig im Rahmen von unabhängigen Audits geprüft werden. Pascal Durand, Berichterstatter im EU-Parlament, wies darauf hin, dass durch die CSRD "(d)er europäische Markt für Audits außerhalb der Rechnungslegung standardisiert, viel strenger und transparenter sein wird. Dem Parlament ist es gelungen, eine Öffnung des Marktes für Abschlussprüfungen durch die Mitgliedstaaten zu erreichen, um Platz für neue zertifizierte Akteure zu schaffen, die zu wichtigen Akteuren werden können, und ihn nicht nur in den Händen der Finanzprüfer, insbesondere der großen Vier [Deloitte, Ernst & Young, KPMG und PwC], zu belassen“. Qualitativ hochwertige Prüfungen durch Dritte stellen zugleich einen wichtigen Anknüpfungspunkt zur Richtlinie über unternehmerische Sorgfaltspflichten dar, welche derzeit ebenfalls auf europäischer Ebene verhandelt wird.
AK: Nachhaltigkeitsberichterstattung als wirksamer Hebel für Arbeitnehmervertreter:innen
Die AK hatte bereits zu Beginn der Verhandlungen den ambitionierten Richtlinienentwurf der EU-Kommission grundsätzlich begrüßt und gefordert, den Entwurf weiter zu verbessern, beispielsweise im Hinblick auf eine umfassende Sozial- und Governance-Berichterstattung unter expliziter Verankerung der Konsultation von Gewerkschaften und anderen Mitbestimmungsakteur:innen wie dem Betriebsrat. In der vorliegenden Einigung wird Arbeitnehmervertreter:innen nunmehr eingeräumt, von der Unternehmensleitung „auf der geeigneten Ebene“ informiert zu werden und mit ihnen die relevanten Informationen erörtert werden müssen. Ihre Meinung sollte zudem den zuständigen Verwaltungs-, Management- oder Aufsichtsorganen mitgeteilt werden. Aus AK-Sicht ist es zudem wichtig, dass Unternehmen präzise Vorgaben erhalten, wie die Berichterstattung zu den Arbeitsbedingungen der Beschäftigten aussehen sollen, dies gilt auch für die Vergabe von Unteraufträgen und für Zulieferer.
In der bisherigen Praxis in Österreich stellt unter anderem der zu eng definierte Anwendungsbereich der NFRD, welcher in Österreich nur etwa 80 bis 90 Unternehmen unterliegen, ein Problem dar. Durch die CSRD könnte sich der Anwendungsbereich der Richtlinie in Österreich verzwanzigfachen. Positiv zu sehen sind auch neue Inhalte der Berichterstattung, etwa entlang der Lieferkette, und dass die Berichterstattung nur mehr im Rahmen des Lageberichts der jeweiligen Unternehmen und nicht mehr in einem gesonderten Bericht erfolgt.
Ein wichtiger Schritt für Arbeitnehmervertreter:innen, vor allem auch in den Aufsichtsräten, wird es nun in den nächsten Monaten und Jahren sein, proaktiv vorzugehen und strategische Fragen zur „Nachhaltigkeits-Governance“ im Unternehmen aufzuwerfen, sich etwa für die Etablierung bzw den Ausbau der Nachhaltigkeitsberichterstattung sowie zur Verankerung der Nachhaltigkeitsstrategie (Ziele, Evaluierung) einzusetzen.
Nächste Schritte bei der CSRD
Nach der Zustimmung zur einstweiligen Einigung im Ausschuss der Ständigen Vertreter am 29. Juni 2022 muss die Richtlinie auch im EU-Parlament noch förmlich angenommen werden. Im Anschluss haben die Mitgliedstaaten 18 Monate für die nationale Umsetzung Zeit. Die Richtlinie soll ab 1. Jänner 2024 für Unternehmen gelten, die bereits der NFRD unterlagen, ab 1. Jänner 2025 für große Unternehmen und ab 1. Jänner 2026 für weitere Unternehmen, inkl. börsennotierter KMU, wobei für letztere eine Opt-out-Möglichkeit bis 2028 vorgesehen ist. Eine wichtige Rolle kommt der Europäischen Beratergruppe für Rechnungslegung (EFRAG) zu, die für die Festlegung europäischer Standards zuständig ist und derzeit intensiv an einem Standard-Set arbeitet. Die AK beteiligt sich an der Konsultation des ersten Entwurfs zu den European Sustainability Reporting Standards (ESRS), die bis 8. August 2022 läuft.
Weiterführende Informationen:
Rat: Politische Einigung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen
Europäisches Parlament: Neue Sozial- und Umweltberichterstattungsregeln für große Unternehmen (nur Englisch)
AK EUROPA: Nachhaltigkeitsberichterstattung: Neue Untersuchung zeigt Handlungsbedarf