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ZurückWie berichten europäische Unternehmen über die sozialen und ökologischen Auswirkungen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit? Dazu präsentierte diese Woche die Alliance for Corporate Transparency in Brüssel eine groß angelegte Untersuchung. Erstmals steht nun ein umfangreicher Datensatz zur Verfügung, welcher die Nachhaltigkeitsberichte von 1.000 europäischen Unternehmen analysiert.
Insgesamt 96 % der untersuchten Unternehmen veröffentlichen Informationen zu sogenannten „nicht-finanziellen Informationen“ – soweit auf den ersten Blick positiv. An die 60 % der Unternehmen veröffentlichen die Informationen im Rahmen des Jahresberichtes, unter 40 % im Rahmen eines eigenen Berichts. Bei genauerer Betrachtung der Qualität der ausgewerteten Berichte erkannten die ForscherInnen aber ganz erheblichen Verbesserungsbedarf. Nur etwa 38 % der Berichte informierten strukturiert über ihre Unternehmspolitik, Risiken und Ergebnisse. Sogar nur etwa 22 % der Unternehmen – also nur jedes 5. Unternehmen – veröffentlichten in ihren Berichten in adäquater Form auch Kennzahlen (KPIs) zu den Nachhaltigkeitskriterien.
Fehlende integrierte Nachhaltigkeitsstrategien und Governance Strukturen
Unternehmerisches Handeln kann Auswirkungen in vielen Bereichen haben. Hier haben etwa die Hälfte der Unternehmen zumindest ein strategisches Risiko ihrer Tätigkeit festgestellt. Jedoch erklären in der Folge nur 7 % der Unternehmen, wie das jeweilige Risiko in der Unternehmensstrategie reflektiert wird. In der Analyse spezifischer Risiken stellen etwa 25 % der Unternehmen fest, dass ihre Aktivitäten Auswirkungen auf den Klimawandel haben könnten – das ist das höchste erkannte spezifische Risiko bei jedem. Jeweils etwa 24 % stellen mögliche spezifische Risiken für die Umwelt oder Arbeitsrechte fest, für den Bereich Menschenrechte sind es hingegen nur 14 % der Unternehmen.
Auch sind die Risikoanalysen meist nicht von einer entsprechenden Governance-Struktur begleitet: Lediglich in 14 % der Unternehmen befasste sich auch der Vorstand mit Nachhaltigkeitsfragen und in gerade einmal 4 % wurde über die Nachhaltigkeitsziele auch in der Hauptversammlung abgestimmt. Nur 14 % der Nachhaltigkeitsstrategien wurden von unabhängiger Stellen überprüft und nur 8 % der Konzepte folgen wissenschaftsbasierten Zielen.
Klimakrise, Umwelt, Arbeits- und Menschenrechte
Gerade die Klimakrise macht Überarbeitungsbedarf sichtbar: Nur etwa ein Drittel der Unternehmen hat Klimaziele festgelegt. Selbst in besonders betroffenen Sektoren, wie Energie und Finanzen, liegen die Zahlen kaum höher. Zwar enthalten beinahe alle Berichte auch Informationen zu Arbeitsrechten, aber auch hier fehlen aber oft substantiell wichtige Informationen: Jeweils nur zwischen 5-10 % der Berichte enthalten Informationen zu einem existenzsichernden Lohn, Gewerkschaften oder ausgelagerten ArbeiterInnen. Im Bereich Menschenrechte verweisen nur 7 % der Unternehmen auf Beschwerde- und Rechtsmittelwege und nur 20 % verfügen über ein Prozedere zu Sorgfaltspflichten – ein interessanter Indikator für die von vielen Gewerkschaften, NGOs und auch der AK geforderte Richtlinie zu Sorgfaltspflichten.
AK-Analyse: Legistischer Aufholbedarf
Auch die AK hat die Nachhaltigkeitsberichte der österreichischen Unternehmen jüngst einer Analyse unterzogen und dabei „noch viel Luft nach oben“ und „legistischen Aufholbedarf“ erkannt. Dieser betrifft sowohl die entsprechende Richtlinie der EU, die Non-Financial-Information Richtlinie als auch die österreichische gesetzliche Umsetzung dieses Rechtsaktes. Auch seitens der EU-Kommission wurde hier nun Handlungsbedarf erkannt und zunächst eine Roadmap zur Überarbeitung der Non-Financial-Information Richtlinie vorgelegt. Diese Woche wurde nun auch eine öffentliche Konsultation gestartet und ein Vorschlag für einen überarbeiteten Rechtsakt Ende des Jahres folgen. Die nun veröffentlichten Daten der Alliance for Corporate Transparency sowie die Analyse der Arbeiterkammer zeigen klare Handlungslinien für die Revision auf.
Weiterführende Informationen:
Alliance for Corporate Transparency: Bericht 2019
Datenbank der Alliance for Corporate Transparency
Arbeiterkammer: Wie nachhaltig berichten Österreichs Börsenunternehmen?
AK-Studie zu Nichtfinanzieller Berichterstattung in Österreich
AK EUROPA: Menschenrechte und Sorgfalt für die Umwelt - Der Weg zu verantwortungsvollem Wirtschaften