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ZurückDie Europäische Kommission setzt mit dem Grünen Deal eine ihrer zentralen Prioritäten auf eine nachhaltige Entwicklung Europas. EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni präsentierte am 22. Juni 2020 einen Eurostat Bericht, welcher einen Überblick über den Fortschritt der Europäischen Union in Bezug auf die Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele gibt.
Im Jahr 2015 einigte sich die Generalversammlung der UNO auf 17 Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals, SDGs), deren Erreichung bis 2030 durch die UN-Agenda „Unsere Welt verändern: Die 2030 Agenda für nachhaltige Entwicklung“ erfolgen soll. Die EU bekannte sich zu den Nachhaltigkeitszielen und verankerte dieses Jahr auch erstmalig das Monitoring der SDGs im Europäischen Semester. Eurostat analysierte mithilfe von 100 Indikatoren den Fortschritt der EU sowie der einzelnen Mitgliedstaaten bei der Erreichung der Nachhaltigkeitsziele über den Zeitraum der letzten fünf Jahre. Gentiloni verwies in einer Pressekonferenz auf die Wichtigkeit, globale Herausforderungen wie die Klimakrise und die wachsende soziale und ökonomische Ungleichheit auch angesichts der Corona-Pandemie nicht aus dem Blick zu verlieren. Die Umsetzung von Maßnahmen zur Erreichung der SDGs ist nach Gentiloni „unser Fahrplan für eine bessere Welt“ – Europa müsse hier eine Vorreiterinnenrolle einnehmen.
Fortschritte bei Mehrheit der SDGs
Bei den meisten Nachhaltigkeitszielen konnte sich die EU in den letzten fünf Jahren im Durchschnitt verbessern. Der Eurostat-Bericht verweist auf einen großen Fortschritt der Europäischen Union im Hinblick auf „Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen“. Guten Fortschritt attestiert Eurostat in Bezug auf die Ziele „Keine Armut“, „Kein Hunger“, „Gesundheit und Wohlergehen“ sowie „Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum”. In Bezug auf acht Nachhaltigkeitsziele wurde ein moderater Fortschritt ersichtlich. Zu diesen zählen unter anderem „Hochwertige Bildung“ „Leistbare und saubere Energie“, „Reduktion von Ungleichheiten“, „Nachhaltige Städte und Gemeinden“ und „Nachhaltiger Konsum und nachhaltige Produktion“.
Erhöhter Handlungsbedarf bei Klima und Geschlechtergleichheit
Am meisten Aufholbedarf zeigt sich beim Kampf gegen die Klimakrise und für Geschlechtergleichheit. So wurde bei den „Maßnahmen zum Klimaschutz“ kein Fortschritt erzielt. In Bezug auf „Geschlechtergleichheit“ hat sich die Europäische Union in den letzten fünf Jahren sogar moderat verschlechtert. Gentiloni spricht hier von „enttäuschenden Ergebnissen“ und kündigt an, der Geschlechterungleichheit mehr Aufmerksamkeit – insbesondere in den länderspezifischen Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters – zukommen zu wollen. Das schlechte Abschneiden der EU in Bezug auf das Ziel der Geschlechtergleichheit ist auch angesichts der stärkeren Betroffenheit von Frauen durch die Krise und der sich damit potentiell noch stärker manifestierenden Geschlechterungleichheit ein deutliches Warnsignal – baut der Eurostat Bericht doch auf die Datenlage von 2019 auf und umfasst damit noch keinerlei Auswirkungen der Coronakrise. In Österreich gibt es in Bezug auf die meisten Nachhaltigkeitszielen zumindest leichte Verbesserungen, Verschlechterungen zeichnen sich in den letzten fünf Jahren jedoch bei der Qualität der Bildung sowie bei der Verringerung von Hunger ab.
Überarbeitungsbedarf beim Europäischen Semester
Die Arbeiterkammer begrüßt grundsätzlich die Verankerung der SDGs im Europäischen Semester. Aktuell ist die Inklusion der SDGs jedoch in erster Linie deskriptiv im Rahmen eines zusätzlichen Kapitels. Wünschenswert wäre jedoch die Einbettung in eine Analyse, welche die Wechselwirkungen zwischen den SDG-Zielen und Indikatoren mit anderen Teilen der Länderberichte kombiniert. Eine allgemeine Reform des Europäischen Semesters ist im Sinne einer demokratischen Legitimation zudem dringend notwendig. Die AK fordert hierfür eine Mitbestimmung des Europäischen Parlaments sowie eine engagiertere Einbindung der Sozialpartner und der Zivilgesellschaft.
Weiterführende Informationen:
AK EUROPA: Länderbericht Österreich im Lichte der Corona-Krise
AK EUROPA Policy Brief: Economic Governance - Focus on Sustainable Development of Well-Being