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ZurückDie Coronakrise verstärkt bereits bestehende Ungleichheiten der Gesellschaft – sei es die Lage der Frauen und Minderheiten oder die Situation für entsandte ArbeitnehmerInnen und SaisonarbeiterInnen. Der Wiederaufbau sollte daher nicht nur ein grüner und digitaler sein, sondern auch sozial gerecht, wie die EU-KommissarInnen Helena Dalli und Nicolas Schmit betonten.
Der EU-Sozialkommissar Nicolas Schmit, versicherte am 26. Mai dem EP-Ausschuss für Arbeit und soziale Angelegenheiten (EMPL), dass sich an den Agenden der Kommission im sozialen Bereich auch angesichts der Corona-Krise nichts ändere. Insbesondere die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit werde ein Schlüsselelement des Wiederaufbaus sein und die Jugendgarantie noch im laufenden 2. Quartal 2020 präsentiert. Die Arbeit an der Mindestlohninitiative wird ebenso fortgesetzt – nächste Woche werde der 2. Konsultationsprozess starten. Der Kommissionsvorschlag dazu wird noch im letzten Quartal des Jahres 2020 präsentiert werden. Eine mögliche Initiative zu einem Mindesteinkommen werde Thema der kommenden deutschen Ratspräsidentschaft (Juli bis Dezember 2020) sein.
Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments sprachen sich darüber hinaus für eine verstärkte Unterstützung von ökonomisch Schwächeren aus. So wurde etwa ein EU-Rahmen für die nationalen Strategien für Wohnungslose und eine umfassende Armutsbekämpfungsstrategie von MEP Katrin Langensiepen (Grüne) gefordert. Kritik erfolgte von MEP Agnes Jongerius (S&D) angesichts des am 27. Mai 2020 stattfindenden Luftfahrtgipfels, zu dem – wie bereits bei den letzten Flugfahrtsgipfeln – lediglich die Industrie, nicht aber die Gewerkschaften eingeladen wurden.
Erhöhte Vulnerabilität von Frauen …
Die EU-Kommissarin für Gleichstellung, Helena Dalli, folgte diese Woche gleich der Einladung von zwei Ausschüssen – die des EMPL sowie des Ausschusses für Frauenrechte und Gleichstellung (FEMM). Die Kommission prüfe ihr zufolge die geschlechterspezifischen Auswirkungen der Krise. Bereits jetzt zeigt sich laut dem Europäischen Institut für Geschlechtergleichheit (EIGE), dass Frauen zwar vermehrt in systemrelevanten Berufen arbeiten und von den Folgen der Krise negativer betroffen sind, aber im Entscheidungsprozess über Krisenpolitiken unterrepräsentiert sind. In Bezug auf den Anstieg der Gewalt an Frauen rief die Kommissarin abermals die Mitgliedstaaten auf, verstärkt Opferschutzmaßnahmen zu setzen. Evelyn Regner, Vorsitzende des FEMM, forderte weiters, dass „die Hälfte der Mittel aus dem Wiederaufbaufonds Frauen zugutekommen [müsse], denn sie sind es, die die Hauptlast der Coronakrise tragen“ und verwies dabei auf die dazu laufende Petition.
... und Minderheiten
Auch Minderheiten und ältere Menschen geraten angesichts der Krise verstärkt unter gesundheitlichen und ökonomischen Druck. Letzte Woche unterzeichnete Helena Dalli mit den Vize-KommissionspräsidtentInnen Joseph Borell und Vera Jourová die gemeinsame Erklärung der UNO für die Rechte von Menschen mit Behinderung, welche sich angesichts der Krise oftmals in einer besonders vulnerablen Situation befinden. Die Kommission arbeite laut Dalli weiterhin an einer ehrgeizigen Strategie für Personen mit Behinderungen ab 2021. Abgeordnete des FEMM-Ausschusses verwiesen außerdem auf den Handlungsbedarf angesichts LGBTIQ+ feindlicher Politiken in Ungarn und Polen und auf Beobachtungen von Altersdiskriminierungen im Gesundheitszugang. Helena Dalli betonte gegenüber den Abgeordneten, dass sowohl die LGBTIQ+ und die Roma-und-Sinti-Strategie, als auch die verpflichtende Maßnahme zu Lohntransparenz wie geplant bis Jahresende 2020 vorgelegt werden. Zuvor stand eine Verschiebung im Raum, gegen welche sich auch AK Präsidentin Renate Anderl mit einem Schreiben an Kommissarin Dalli stark gemacht hatte.
Erschwerter Arbeitsstart auch für die ELA
Den EMPL-Ausschuss besuchte diese Woche ebenso Jordi Curell, interimistischer Geschäftsführer der Europäischen Arbeitsbehörde (ELA) und diskutierte mit den Abgeordneten über die prekäre Situation der entsandten ArbeitnehmerInnen und SaisonarbeitnehmerInnen in der gegenwärtigen Krise. Die Verbesserung des Informationsaustausches ist eine der Prioritäten der ELA. Die ELA drängt hier auf die Gewährleistung des Informationszugangs für alle ArbeitnehmerInnen. Corell verweist hier auch auf die Wichtigkeit mögliche Sprachbarrieren von Entsandeten zu berücksichtigen und Informationen über die Arbeitsrechte in diversen Sprachen zur Verfügung zu stellen. Weiters wurde eine Arbeitsgruppen eingerichtet, in welcher Good Practice-Beispiele ausgetauscht werden, wie entsandte ArbeitnehmerInnen am besten über ihre Rechte informiert werden können. Die ELA arbeitet auch an koordinierten, grenzübergreifende Arbeitsinspektionen. Diese sind durch die aktuellen Reisebeschränkungen jedoch nur schwer durchzuführen, weswegen aktuell Überlegungen stattfinden, wie Kontrollen auch in Zeiten der COVID-19-Krise stattfinden können. Von den Abgeordnete wurde neben anderen Beispielen auch die Situation in der deutschen Schlachtindustrie thematisiert, in welcher die Ausbeutung von LeiharbeiterInnen aus osteuropäischen Ländern System hat. Aufgrund der aktuellen Medienberichterstattung sind die Missstände offenkundig geworden. Die hohe Prekarität der ArbeiterInnen spiegelt sich im fehlenden Gesundheitsschutz und unmenschlichen Unterbringungs- und Arbeitsbedingungen wieder.
Weiterführende Informationen:
AK EUROPA: Häusliche Gewalt in der Coronakrise
Europäische Kommission: Aktualisiertes Arbeitsprogramm der Kommission für 2020 – Annex