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ZurückDie Europäische Säule sozialer Rechte brachte in der letzten EU-Legislaturperiode neuen Schwung für das soziale Europa. Wichtige politische Initiativen wurden gesetzt, unter anderem zu Mindestlöhnen, Plattformarbeit und zur Gleichstellung der Geschlechter. Aktuell liegt der Fokus der EU-Politik auf Deregulierung und Wettbewerbsfähigkeit, während soziale Ziele unter Druck geraten. Am 3. Juni fand in Brüssel ein AK EUROPA Round Table mit AK-Präsidentin Renate Anderl statt, in dessen Rahmen Impulse für die weitere Umsetzung der Säule gegeben wurden.
Gerade in Zeiten multipler Krisen muss das Vertrauen in den Sozialstaat, gute Arbeit, eine intakte Umwelt und eine funktionierende Sozialpartnerschaft gestärkt werden. Dies dient nicht nur dem Wohlergehen der Menschen und sozialem Frieden, sondern auch einer stabilen wirtschaftlichen Entwicklung. Im Arbeitsprogramm der EU-Kommission für 2025 finden sich in dieser Hinsicht allerdings kaum Ansätze. Zu den wenigen Ausnahmen zählt die Ankündigung eines neuen Aktionsplans zur Europäischen Säule sozialer Rechte, der Ende 2025 vorgelegt wird.
Stärkung der sozialen Dimension der EU dringend notwendig
Die Europäische Säule sozialer Rechte wurde 2017 feierlich verkündet und beinhaltet zwanzig sozialpolitische Grundsätze wie faire Löhne, angemessene Pensionen und Gleichstellung der Geschlechter. 2021 hat die EU-Kommission einen Aktionsplan zur Umsetzung der Säule vorgelegt. Vier Jahre später ist es nun an der Zeit, die Umsetzung weiter voranzubringen. Dass viel zu tun ist, liegt auf der Hand: Von der Erfüllung der drei 2030er-Ziele des aktuellen Aktionsplans (mehr Beschäftigung, mehr Weiterbildung, weniger Armut) sind die EU-Mitgliedstaaten, inklusive Österreich, teilweise weit entfernt. Auf diesen Umstand wies AK-Präsidentin Renate Anderl im Rahmen eines Round Table am 3. Juni in Brüssel hin. Sie forderte die EU-Kommission auf, im neuen Aktionsplan konkrete Maßnahmen vorzuschlagen, insbesondere zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen.
AK EUROPA Round Table mit AK-Präsidentin Renate Anderl
Neben der AK-Präsidentin Renate Anderl nahmen rund 35 weitere hochkarätige Personen, darunter MEP Evelyn Regner (S&D) und der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (EWSA) Oliver Röpke sowie Vertreter:innen der EU-Kommission, des Rates, der Gewerkschaften, aus der Sozialversicherung und der Wissenschaft am AK EUROPA Round Table teil.
Professorin Claudia Maria Hofmann (Universität Frankfurt an der Oder) wies darauf hin, dass bereits die Vorbereitungsarbeiten auf die aktuelle EU-Legislaturperiode Schatten vorausgeworfen hatten: Die Erklärung von La Hulpe zur Zukunft der Europäischen Säule sozialer Rechte war bereits im Kontext der Wettbewerbsfähigkeit der EU diskutiert worden. Aus ihrer Sicht sei hingegen vielmehr eine resilienz-orientierte Weiterentwicklung der Europäischen Säule sozialer Rechte geboten, um Menschen dabei zu unterstützen, aktuelle Herausforderungen zu bewältigen. Torsten Müller (EGI) bezeichnete die Mindestlohnrichtlinie als Meilenstein des sozialen Europa. Das Ziel, Kollektivvertragsverhandlungen in der EU und in den Beitrittskandidatenländern zu fördern, müsse unabhängig von der derzeit anhängigen rechtlichen Überprüfung durch den Europäischen Gerichtshof weiterverfolgt werden.
MEP Evelyn Regner wies auf die politischen Kräfteverhältnisse im EU-Parlament hin. Soziale Belange und die Anliegen der Arbeitnehmer:innen seien zunehmend schwieriger durchzusetzen. Allen voran müsse die Finanzierung für diese Belange gesichert werden, weshalb beim Europäischen Sozialfonds keine Abstriche gemacht werden dürfen. EWSA-Präsident Oliver Röpke betonte die wichtige Rolle der organisierten Zivilgesellschaft bei der Weiterentwicklung der Europäischen Säule sozialer Rechte. Der EWSA als gemeinsame Stimme von Arbeitgeber:innen, Arbeitnehmer:innen und der Zivilgesellschaft habe sich stets konstruktiv eingebracht, zum Beispiel beim Sozialforum 2023. Auch zum neuen Aktionsplan zur Europäischen Säule sozialer Rechte werde der EWSA eine Stellungnahme verabschieden, wie Sophia Reisecker, EWSA-Berichterstatterin erklärte.
Wie geht es weiter?
Die EU-Kommission wird demnächst eine öffentliche Konsultation zum neuen Aktionsplan zur Europäischen Säule sozialer Rechte einleiten. Aus Sicht der AK ist eine breite Debatte zur Weiterentwicklung des sozialen Europas dringend notwendig, insbesondere angesichts des aktuellen Diskurses, in welchem die Rufe der Wirtschaftsverbände nach Deregulierung im Zentrum stehen und die Anliegen der Arbeitnehmer:innen kaum Gehör finden.
Weiterführende Informationen
EU-Kommission: Aktionsplan zur Europäischen Säule sozialer Rechte
EWSA: Joint public hearing on the New Action Plan on the implementation of the European Pillar of Social Rights and the EU Anti-poverty Strategy (nur Englisch)
A&W Blog: Österreichs 2030-Ziele im Rahmen der EU-Sozialpolitik: Große Anstrengungen zur Zielerreichung nötig
AK EUROPA: Neuer Schwung für ein soziales Europa
AK EUROPA: Die Soziale Säule und die Zukunft der sozialpolitischen Agenda der EU
AK EUROPA: Auf dem Weg zu starken sozialen Mindeststandards für den sozialen Fortschritt in Europa