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Diese Woche stellte Kommissionspräsident Juncker das Weißbuch zur Zukunft Europas vor, über dessen möglichen Inhalt in Brüsseler Kreisen bereits im Vorfeld viel diskutiert und spekuliert wurde. Er wählte das Europäische Parlament, um die im Weißbuch enthaltenen fünf unterschiedlichen Zukunftsszenarien erstmals der Öffentlichkeit zu präsentieren. Festlegen, welche dieser Szenarien er selbst bevorzuge, wollte sich Juncker jedoch nicht.

 

Die fünf Szenarien stehen nun zur Diskussion. Sie beinhalten so ziemlich jede mögliche Richtung, in die sich Europa bis 2025 bewegen könnte: Weitermachen wie bisher; eine Beschränkung der EU ausschließlich auf den gemeinsamen Binnenmarkt; ein Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten mit einer Koalition der Integrationswilligen und einem „Rest“; eine Fokussierung auf weniger Politikfelder, dafür aber mit stärkerer und effizienterer Integration und schließlich mehr gemeinsame Integration ohne Abstriche, die letztlich auf die Vereinigten Staaten von Europa hinauslaufen könnte.

 

Wie die Kommission zu den einzelnen Szenarien steht, blieb offen. Deutlich wurde Juncker nur bei der zweiten Vision: Ein Europa, das nur aus einem gemeinsamen Binnenmarkt besteht, greife zu kurz. Europa sei mehr als nur der Euro und eine Freihandelszone. Auch eine soziale Dimension gehört für ihn dazu. Der Auftrag der Kommission sei es nun zuzuhören – zuzuhören, was das europäische Parlament und die nationalen Parlamente, die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und die Zivilgesellschaft sich vorstellen. Ein Diktat aus Brüssel würde das fehlgeleite „Brüssel-Bashing“ und die Distanz der BürgerInnen zu europäischen Institutionen nur beflügeln.

 

Als nächstes will die Kommission nun Reflexionspapiere zu fünf konkreten Themenbereichen veröffentlichen, unter anderem auch zur sozialen Dimension Europas, zur Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion (Bericht der fünf Präsidenten) und zur Finanzierung der EU. Themen, die die AK aufmerksam verfolgt und belgeitet und die auch bereits im Europäischen Parlament diskutiert wurden. Im September will Juncker dann seine eigenen Ideen in einer Rede zur Lage der Union vorstellen.

 

Das Europäische Parlament nahm die Vorschläge Junckers mit gemischten Reaktionen entgegen. Ob die Diskussion tatsächlich auch die BürgerInnen der Union erreicht, wie es sich Juncker wünscht, bleibt abzuwarten. Welches Szenario sich am Ende durchsetzt, hängt letztlich von den Präferenzen der Regierungschefs der Mitgliedsstaaten ab, die sich wohl spätestens am 25. März anlässlich der Gipfels zum 60. Jubiläum der Römischen Verträge äußern werden. Frankreich und Deutschland bekundeten bereits eine Präferenz für Szenario 3 – ein Europa der unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Gerade angesichts des bevorstehenden Brexits, geht es nun auch darum, wie sich das neue „Europa der 27“ in Zukunft aufstellt.

 

Weiterführende Informationen:

Weißbuch zur Zukunft Europas

Themenhomepage: 60 Jahre Römische Verträge

Vorschläge des Europäischen Parlaments zur Zukunft Europas

Europäische Säule der Sozialen Rechte