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Diese Woche verabschiedete das Europäische Parlament mit nur knappen Mehrheiten drei Berichte zur Zukunft der EU – unter anderem auch den gemeinsamen Bericht des Haushaltsausschusses (BUDG) und des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (ECON) über eine eigene Haushaltskapazität für die Eurozone. Der Vorschlag für das Etablieren eines solchen Haushalts ist so alt wie die Idee der Wirtschafts- und Währungsunion selbst, hat aber angesichts der Stabilitätsprobleme der Eurozone während der Krise nun wieder Aufwind erfahren.

 

Die Kommission begrüßte die Vorschläge des Parlaments und sicherte ihre Berücksichtigung bei der Erstellung des Weißbuchs zu, das im Rahmen des Berichts der fünf Präsidenten im Frühjahr diesen Jahres veröffentlicht werden soll. Auch die Berichterstattenden betonten, dass mit dem Bericht ein starkes Signal für die Stabilität des Euros und der Eurozone sowie für die Zukunft der EU als Ganzes gesetzt werden soll, das angesichts der derzeitigen vielfältigen Problemlagen dringend notwendig sei. Kritische Stimmen hingegen befürchteten, dass es sich bei dem Vorschlag letztlich um eine Verstärkung des Spar- und Reformzwangs und somit um eine Fortsetzung neoliberaler Politiken handle. Die Vorschläge würden daher nicht weit genug gehen, vielmehr brauche es ein soziales Europa und öffentliche Investitionen, die über den Juncker-Plan hinausgehen. Diese Argumente zählen auch zu den zentralen Forderungen der Arbeiterkammer. Ein Fortsetzen der Austeritätspolitik und Lohnzurückhaltung können die derzeitige Situation weder verbessern noch die Investitionslücke schließen. Auch vor dem Hintergrund der sich nur schleppend erholenden Wirtschaft der EU braucht es zukunftsgerichtete öffentliche Investitionen, wie es die Arbeiterkammer schon seit Längerem mit der goldenen Investitionsregel fordert.

 

Der sogenannte Böge-Berès-Bericht betont, dass der Transfer der Geldpolitik von nationaler auf europäische Ebene auch mit einem Transfer von fiskalischen und letztliche auch mit wirtschaftlichen Zuständigkeiten einhergehen muss. Die Haushaltskapazität soll daher drei zentrale Funktionen erfüllen: Erstens sollen die ökonomische und soziale Konvergenz hinsichtlich Steuern, Arbeitsmarkt, Investitionen, Produktivität, soziale Kohäsion sowie der öffentlichen Verwaltung durch strukturelle Reformen in den Mitgliedsstaaten und der Eurozone gestärkt werden. Zweitens sollen durch einen gemeinsamen Haushalt in der Eurozone asymmetrische Schocks besser abgefangen werden können, indem der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) durch einen Mechanismus der automatischen Stabilisierung ergänzt wird. Drittens soll der Eurozonen-Haushalt über ausreichend Mittel verfügen, um auch symmetrische Schocks, die die Eurozone in gleichem Maße treffen, besser abfedern zu können, zum Beispiel durch Investitionen zur Stärkung der Nachfrage und Vollbeschäftigung im Krisenfall.

 

Ergebnis der Abstimmungen über die Zukunft der EU

Der Böge-Berès-Bericht ist neben dem Verhofstadt-Bericht zur Anpassung der institutionellen Struktur und dem Bresso-Brok-Bericht zur verbesserten Arbeitsweise der EU einer von drei Berichten des Parlaments zur Zukunft der EU. Bei der gemeinsamen Abstimmung im Europäischen Parlament erzielte der Bericht von Guy Verhofstadt, der sich am deutlichsten für eine noch stärkere politische Union einsetzt, nur eine sehr knappe Mehrheit von 283 Ja- gegenüber 269 Nein-Stimmen. Auch die Berichte von Bresso/Brok sowie von Böge/Berès wurden mit verhältnismäßig knappen Ergebnissen (329 Ja/223 Nein bzw. 304 Ja/255 Nein) angenommen. Das Parlament, das vor dem Treffen der Staats- und Regierungschefs anlässlich des 60-jährigen Jubiläums der Unterzeichnung der Römischen Verträge im März eigentlich eine starke gemeinsame Vorstellung von seinen Zukunftsideen für Europa verabschieden wollte, ist demnach an seinen eigenen Ambitionen gescheitert und präsentiert sich gespalten. Es bleibt abzuwarten, welche Vorschläge von der Kommission ins Weißbuch übernommen werden, insbesondere da die Kommission während der Debatte bereits anklingen ließ, dass Vertragsanpassungen wohl derzeit nicht auf der Prioritätenliste der Mitgliedsstaaten stünden.

 

Weiterführende Informationen:

Report on budgetary capacity for the Eurozone (Böge-Berès-Bericht) (EN)

Kommentar zu den Berichten von Florian Eder bei POLITICO

AK Positionspapier zum Bericht der fünf Präsidenten (2015)

Factsheet der Kommission zur Vollendung der Wirtschafts- und Währungsunion

Mehr zur Goldenen Investitionsregel