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ZurückDurch die strenge Austeritätspolitik fehlt es in Europa an Investitionen, vor allem langfristige in Infrastruktur und Forschung und Entwicklung. Die strengen Fiskalregeln legen den Staaten ein zu enges Korsett für Investitionen an. Um der Investitionslücke zu begegnen, ohne die Sparpolitik aufgeben zu müssen, wurde vergangenes Jahr der Europäische Fonds für strategische Investitionen, kurz EFSI oder Juncker-Plan, ins Leben gerufen. Der Fonds unterstützt gemeinsam mit der Europäischen Investitionsbank (EIB) durch Finanzierung und Garantien Projekte von privaten InvestorInnen. Nach einem Jahr liegt nun die erste Evaluierung über seine Wirkung, Stärken und Schwächen vor.
Bereits im September, bei seiner Rede zur Lage der Union, hat EU-Kommissionpräsident Jean-Claude Juncker angekündigt, dass der EFSI verlängert und die verfügbare Investitionssumme aufgestockt wird. Zusätzlich sollte die Evaluierung, die diese Woche erschienen ist, dazu dienen, den EFSI 2.0 effizienter zu gestalten.
In der Evaluierung wird festgehalten, dass der EFSI eine wichtige Rolle spielt, um die Investitionslücke in Europa zu lindern. Vor allem die Garantien haben positiv dazu beigetragen, dass die Europäische Investitionsbank ihre Aktivitäten entscheidend erhöhen konnte. In Summe hat der Juncker-Plan laut Analyse der Kommission rund 154 Milliarden Euro mobilisiert und knapp 377.000 KMUs geholfen. Damit sieht sich die EU-Kommission in ihrem Kurs bestätigt. Investitionskommissar Jyrki Katainen hält fest: „Der EFSI funktioniert wie geplant. Er zieht private Investoren an.“
Allerdings konzentriert sich das Portfolio des EFSI nur auf einige wenige Mitgliedsstaaten. In Österreich etwa wurde bisher nur ein Projekt mit EFSI-Finanzierung unterzeichnet. Zwei weitere Vereinbarungen für die Finanzierung von Start-ups und KMUs sind in Vorbereitung. Damit befindet sich Österreich, gemeinsam mit Deutschland und Schweden, im unteren Bereich der Begünstigten.
Auch bleiben mit der Erkenntnis der Evaluierung und dem „neuen“ EFSI 2.0 bisherige Kritikpunkte bestehen. Etwa muss es für die Förderung private Beteiligung an Projekten geben. Entsprechend kann nicht mit Sicherheit festgestellt werden, ob es sich bei den geförderten Projekten tatsächlich um zusätzliche Investitionen handelt. Zusätzlich besteht durch die Übernahme von Garantien das Risiko, dass Gewinne privatisiert, Verluste jedoch von der öffentlichen Hand getragen werden. Allerdings kann festgehalten werden, dass die EU-Kommission erkannt hat, wie wichtig Investitionen sind und dass die Märkte offensichtlich öffentliche Anreize benötigen.
Dreht sich der Wind?
Gleichzeitig zeichnet sich eine Änderung in der Haltung der EU-Kommission bei den Fiskalregeln ab. Nach knapp neun Jahren Krise, mit niedrigem bis keinem Wachstum und steigender Arbeitslosigkeit, wird in einem aktuellen Strategiepapier der EU-Kommission anerkannt, dass es eine Änderung in der fiskalpolitischen Strategie braucht und dass die Bedingungen jetzt günstig wären.
Durch die lange Phase der Stagnation in der Eurozone, in welcher die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank mit ihrer Nullzinspolitik an ihre Grenzen gestoßen ist, braucht es jetzt dringend eine Fiskalpolitik, die unterstützend wirkt. Dazu zählt, dass jene Länder, die nicht von Überschuldung betroffen sind, vom strikten Sparkurs abweichen können und sogar sollen, um die aggregierte Nachfrage zu erhöhen. Die niedrigen Zinssätze, die einige Euroländer für ihre Staatsanleihen zahlen, würden es begünstigen, langfristige Investitionen zu tätigen und für einen Wachstumsschub zu sorgen.
Um also aus diesem schädlichen Zyklus auszubrechen, soll die allgemeine Haltung bei der Fiskalpolitik gelockert werden. Diese Einsicht nach sechs Jahren erfolgloser Sparprogramme ist bemerkenswert. Mit einem Fokus auf Investitionen durch den EFSI, vor allem aber durch ein Ende der Sparpolitik – wie sie nun möglicherweise in Sicht ist – schlägt die EU-Kommission endlich einen Weg ein, den die AK seit langem, etwa im Alternativen Jahreswachstumsbericht, fordert.
Während also sogar die EU-Kommission endlich erkennt, dass es einen Strategiewechsel bei der fiskalpolitischen Ausrichtung in der Eurozone braucht, zeigt sich der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble weiterhin unbeeindruckt und rügt die EU-Kommission. Sie überschreite mit diesem Vorstoß ihr Mandat und solle ihre Energien besser darauf verwenden, dass die Mitgliedsstaaten sich an die Fiskalregeln halten. Es bleibt demnach zu hoffen, dass die EU-Kommission ihren neuen Kurs auch tatsächlich durchsetzen kann.
Weiterführende Informationen:
Evaluation of the first year of EFSI (Englisch)
Towards a Positive Euro Area Fiscal Stance (Englisch)
European Semester: Communication on Fiscal Stance (Englisch)
Alternativer Jahreswachstumsbericht (Englisch)