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Am Mittwoch, 7. März 2018, stellte die Europäische Kommission ihre Länderberichte im Rahmen des Europäischen Semesters vor. Mit diesen Länderberichten wird die wirtschaftliche und soziale Lage der einzelnen Mitgliedstaaten bewertet, um davon in weiterer Folge länderspezifische Handlungsempfehlungen abzuleiten. Neu in diesem Jahr ist eine stärkere Berücksichtigung von sozialen Gesichtspunkten, da die Grundsätze der Europäischen Säule Sozialer Rechte stärker Eingang in die Länderberichte finden.

 

Die drei KommissarInnen Valdis Dombrovskis, Marianne Thyssen und Pierre Moscovici stellten am 7. März 2018 in Brüssel die Länderberichte im Rahmen des Europäischen Semesters vor. In Anbetracht anhaltenden Wirtschaftswachstums, positiver Wirtschaftsprognosen und der sinkenden Arbeitslosenraten sehen sie jetzt als den geeigneten Zeitpunkt, um notwendige Reformen in den Mitgliedstaaten anzugehen. Eine positive Entwicklung im Vergleich zu den Vorjahren ist dabei, dass der sozialen Dimension im Rahmen der Länderberichte eine größere Bedeutung eingeräumt wird. Hierzu betonte die für Soziales zuständige Kommissarin Marianne Thyssen, dass soziale und ökonomische Entwicklung Hand in Hand gehen müssen.

 

Österreich wird in Hinblick auf die Indikatoren des sozialen Scoreboards im Rahmen der Europäischen Säule Sozialer Rechte grundsätzlich eine relativ positive Entwicklung attestiert. So wird im österreichischen Länderbericht hervorgehoben, dass Österreich grundsätzlich wirkungsvolle Maßnahmen gesetzt hat, um faire Arbeitsbedingungen zu schaffen, Armut zu reduzieren und dem Ausschluss sozialer Gruppen entgegenzuwirken. Ausdrücklich wird dabei die Sozialpartnerschaft hervorgehoben.

 

Die Kommission hebt aber auch zahlreiche Fehlentwicklungen hervor, auf die auch die Arbeiterkammer seit Jahren immer wieder hinweist: Der hohe Anteil von Frauen in Teilzeitbeschäftigungen und der hohe Gender Pay Gap geben auch der Kommission Anlass zur Sorge. Die Ursache darin sieht sie in nicht ausreichend vorhandenen Angebot von Betreuungsplätzen von Kindern unter drei Jahren. Als Folge dessen ist die Gefahr von Altersarmut für Frauen über 65 Jahren deutlich höher als für Männer.

 

Die Kommission bewertet auch die langfristige Finanzierung der Ausgaben für das Pensions- sowie Sozialversicherungssystems als problematisch. Hierzu empfiehlt sie die die Reduzierung der Lücke zwischen dem gesetzlichen und dem tatsächlichen Rentenantrittsalter. Allerdings ist diese Gefahr der fehlenden Finanzierbarkeit des Pensionssystems für die Arbeiterkammer nicht nachvollziehbar. Die Kommission bezieht sich dabei nämlich auf den „Ageing Report 2018“, der voraussichtlich im Mai von der Europäischen Kommission veröffentlicht wird. Der Bericht prognostiziert für Österreich lediglich eine Erhöhung der öffentlichen Pensionsausgaben von aktuell knapp 14 % des Bruttoinlandsprodukts auf knapp 15 % bis 2040. Bis 2070 soll der Anteil wiederum auf 14,3 % sinken. Von einer drohenden langfristigen Unfinanzierbarkeit kann also keine Rede sein.

 

Die österreichische Lohnsteuerreform im Jahre 2016, die maßgeblich auch von der Arbeiterkammer eingefordert wurde, bewertete die Kommission als positiv, da damit die private Nachfrage angeregt werden konnte. Gleichzeitig wird aber die weiterhin hohe Abgabenquote des Faktors Arbeit kritisiert.

 

Positiv zu bewerten ist, dass in den Länderberichten für das Europäische Semester die EU- Kommission heuer erstmals sieben Mitgliedstaaten wegen aggressiver Steuergestaltung unter Beobachtung genommen hat. Diese Länder sind Belgien, Zypern, Ungarn, Irland, Luxemburg, Malta und die Niederlande. Im April wird die Kommission entscheiden, ob sie gegenüber den betroffenen Mitgliedstaaten länderspezifische Empfehlungen gegen Steuerdumping ausspricht. Passend zu den Länderberichten hat die Kommission heute außerdem eine Studie veröffentlicht, wie anfällig die Steuergesetze in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten für aggressive Steuergestaltung sind.

 

Im Fokus der Studie stehen Steuervermeidung durch künstliche Zins- und Lizenzzahlungen sowie konzerninterne Verrechnungspreise.

 

Österreich zählt zu jenen 15 Ländern, bei denen in der Vergangenheit keine besonderen ökonomischen Ungleichgewichte festgestellt wurden. Für jene Länder, bei denen dies im Vorjahr der Fall war, wurden von Seiten der Kommission vertiefte Analysen erstellt. Italien, Kroatien und Zypern werden weiterhin „übermäßige wirtschaftliche Ungleichgewichte“ und damit die höchste Kategorie an Ungleichgewichten attestiert. Acht weitere Länder, darunter auch Deutschland, die Niederlande und Schweden, haben weiterhin wirtschaftliche Ungleichgewichte. Im Vergleich zum Vorjahr ergab die Analyse der Kommission für Slowenien, dass keine Ungleichgewichte mehr zu beobachten sind.

 

Als nächste Schritte im Europäischen Semesterzyklus sind die Mitgliedstaaten angehalten, bis Mitte April ein nationales Programm auszuarbeiten, um die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Länder weiter zu verbessern. Hierzu wird die Kommission Gespräche mit den nationalen Regierungen, Parlamenten und SozialpartnerInnen führen. Auf deren Grundlage wird die Kommission im Mai die länderspezifischen Empfehlungen veröffentlichen, um die in den Länderberichten aufgezeigten Schwachstellen weiter zu bekämpfen.

 

Weiteführende Informationen

Europäisches Semester – Winterpaket: Analyse der Fortschritte der Mitgliedstaaten mit Blick auf ihre wirtschaftlichen und sozialen Prioritäten

Europäisches Semester 2018: Länderberichte

Europäisches Semester 2018: Länderbericht Österreich

AK EUROPA: Winterpaket: Deutschland wieder straflos ermahnt, durchwachsene Neuigkeiten für Österreich