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ZurückZwischen Europäischer Kommission, Rat und Parlament wurde eine Einigung im Trilog zur Richtlinie über transparente und verlässliche Arbeitsbedingungen erzielt. Ob die Richtlinie tatsächlich zu verbesserten und transparenteren Arbeitsbedingungen für Beschäftigte, insbesondere auch in atypischen Beschäftigungsformen (CrowdworkerInnen, On-Demand-ArbeitnehmerInnen u.v.m.) führt, wird erst der finale Richtlinientext sowie die konkrete Umsetzung der Richtlinie in den Mitgliedsstaaten zeigen, für die diese bedauerlicherweise drei Jahre Zeit haben werden.
Das übergeordnete Ziel der Richtlinie ist es, sichere und verlässliche Beschäftigung zu fördern und gleichzeitig die Anpassungsfähigkeit des Arbeitsmarktes zu erhalten. Vor allem sollen auch die Lebens- und Arbeitsbedingungen, insbesondere auch für Beschäftigte in atypischen Beschäftigungsverhältnissen (z.B. CrowdworkerInnen, On-Demand-ArbeitnehmerInnen, PraktikantInnen, ClickworkerInnen, Freelancer), verbessert werden.
Die Richtlinie ist zwar ein Schritt hin zu einem sozialeren Europa und enthält eine Reihe von Fortschritten, bleibt jedoch hinter den Erwartungen des nachgebesserten Kommissionsvorschlages sowie den Forderungen des Europäischen Parlaments und insbesondere auch der Arbeiterkammer zurück. Definitiv ein Erfolg ist, wie auch von der EGB-Generalsekretärin Esther Lynch hervorgehoben, dass die „Nachweisrichtlinie“ von einer reinen Informationsrichtlinie zu einer Richtlinie weiterentwickelt wurde, die auch Schutz durch das Festlegen von Mindeststandards bietet.
Kritisch ist aus Sicht der Arbeiterkammer jedoch der eingeschränkte Anwendungsbereich der Richtlinie, auf den sich Europäische Kommission, Rat und Parlament vorläufig geeinigt haben. Diese nimmt nämlich Beschäftigte, die weniger als drei Stunden pro Woche arbeiten und einige andere Kategorien von ArbeitnehmerInnen vom Schutz der Richtlinie aus. Der angestrebte und von der Arbeiterkammer befürwortete umfassende Geltungsbereich sowie ein ausdrückliches Verbot von Arbeit auf Abruf, insbesondere von Null-Stunden-Verträgen, wurden in der Richtlinie nicht verankert. Dem Vernehmen nach wurde auch verabsäumt, einen weiten ArbeitnehmerInnenbegriff, wie er vom Europäischen Parlament gefordert wurde, in der Richtlinie zu übernehmen. Hier bleibt jedoch der endgültige Richtlinientext abzuwarten, um konkret beurteilen zu können, welche Beschäftigungsformen nun tatsächlich von der Richtlinie erfasst sind bzw. wie weit Transparenz und Schutz auch für atypische Beschäftigungsformen in Österreich gegeben sein werden.
Die Einigung umfasst im Wesentlichen folgende Punkte:
- Wesentliche Informationen über das Beschäftigungsverhältnis haben ArbeitnehmerInnen in schriftlicher oder in elektronischer Form in den ersten sieben Tagen des Beschäftigungsverhältnisses zu erhalten und ergänzende Informationen innerhalb eines Monats
- Die bisher den Arbeitnehmernnen zwingend zur Verfügung zu stellenden Informationen werden um einige wesentliche Punkte ergänzt, wie z.B. präzisere Arbeitszeitinformationen bei variablen Arbeitszeiten, Probezeit, Überstunderegelungen, zuständige Sozialversicherungsanstalt
- Die Höchstdauer für die Probezeit zu Beginn des Beschäftigungsverhältnisses beträgt sechs Monate, außer eine längere Probezeit ist sachlich gerechtfertigt
- Die Möglichkeit der Beschäftigung auch bei anderen ArbeitgeberInnen und damit verbunden ein Verbot von Ausschließlichkeitsklauseln und Einschränkungen für Unvereinbarkeitsklauseln wurde in der Richtlinie verankert
- ArbeitnehmerInnen, deren Arbeitszeitplan veränderlich ist und vom/von der ArbeitgeberIn bestimmt wird, müssen angemessen im Vorhinein darüber informiert sein, wann sie zur Arbeit eingeteilt werden könnten (z. B. Arbeit auf Abruf)
- Anspruch auf Entschädigung bei kurzfristigen Absagen des Arbeitseinsatzes durch die ArbeitgeberInnen
- Die Kosten für verpflichtende Aus- und Fortbildungen müssen von den ArbeitgeberInnen übernommen werden
- Anspruch auf schriftliche Antwort auf Ersuchen um Übergang zu einer Beschäftigungsform mit sichereren Arbeitsbedingungen innerhalb eines Monats; für kleine und mittlere Unternehmen innerhalb von 3 Monaten
- Maßnahmen zur Rechtsdurchsetzung
Auch wenn die Arbeiterkammer grundsätzlich die vereinbarten Maßnahmen in der Richtlinie und insbesondere deren Weiterentwicklung begrüßt, bräuchte es zur Stärkung der Qualität der Arbeit sowie zur Förderung sicherer und verlässlicherer Beschäftigung und zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen eines umfassenderen und ambitionierteren Ansatzes. Dieser erfordert die klare Zielsetzung, prekäre Beschäftigungsformen zu untersagen bzw. zurückzudrängen und eine Aushöhlung des Arbeits- und Sozialrechts auf Kosten von ArbeitnehmerInnen mit geringen Schutzniveaus zu verhindern. Vor dem Hintergrund des massiven Anstiegs atypischer und prekärer Beschäftigungsverhältnisse, die vielen EU-BürgerInnen nur mangelnden arbeitsrechtlichen Schutz und Zugang zu sozialer Sicherheit bieten, ist zu bedauern, dass die Richtlinie den Mitgliedsstaaten eine Umsetzungsfrist von drei Jahren einräumt, obwohl dringender Handlungsbedarf besteht.
Weiterführende Informationen:
AK EUROPA: Prekärer Arbeit den Kampf ansagen!
AK Positionspapier: Transparente und verlässliche Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union