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ZurückDer Europäische Rat hat bei seinem Treffen am 20./21. Juni 2019 die neue Strategische Agenda der EU für die Jahre 2019 bis 2024 beschlossen. Ein Papier mit nur wenigen Seiten, welchem dennoch wichtige Bedeutung in den kommenden Jahren zukommt. Denn durch die Strategische Agenda werden die übergeordneten Schwerpunkte für die Ausrichtung der europäischen Politik der nächsten Periode festgelegt.
Entlang von 4 Themenkreisen haben die Staats- und Regierungschefs Prioritäten für die Entwicklungen der Europäischen Union festgelegt:
- Schutz der Bürgerinnen und Bürger und der Freiheiten
- Entwicklung einer soliden und dynamischen wirtschaftlichen Basis
- Verwirklichung eines klimaneutralen, grünen, fairen und sozialen Europas
- Förderung der Interessen und Werte Europas in der Welt
Vorangestellt wurde somit einmal mehr der Themenbereich der Sicherheit (u.a. Terrorismus, Cyberattacken), Wahrung von Recht und Ordnung und Migrationspolitik. Bei der Migrationspolitik angesprochen sind u.a. die Zusammenarbeit mit Herkunftsländern, effektive Rückführungen sowie eine Reform der Dublin-Verordnung. Hinweise auf den Schutz und das Wohlergehen der Flüchtlinge finden sich in der Strategischen Agenda bedauerlicherweise nicht. Der zweite Themenkreis umfasst eine Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion (AK-Vorschläge, vgl. hier), Vollendung der Banken- und Kapitalmarktunion (vgl. hier), Vertiefung des Binnenmarktes, insb. im Bereich Dienstleistungen (AK-Position zu DL-Karte und Notifizierungs-Richtlinie, vgl. hier) sowie eine umfassendere und stärker koordinierte Industriepolitik (AK-Vorschläge, vgl. hier). Auch verstärkte Investitionen in Ausbildung sind angesprochen.
Wege aus der Klimakrise und soziale Dimension der EU bleiben vage
Erst im dritten Themencluster finden sich jene Themen, die für das tägliche Leben der Menschen in Europa von zentraler Bedeutung sind: Wege aus der Klimakrise (AK-Klimadialog, vgl. hier) und die soziale Dimension der EU. Positiv ist, dass diese Themen, etwa auch die Europäische Säule sozialer Rechte (ESSR), in die strategische Agenda Eingang gefunden haben. Allerdings wäre es notwendig gewesen, diesen Themen übergeordnete Priorität einzuräumen und konkrete, verbindliche Ziele zu nennen. Stattdessen bleibt es in der Agenda bei vagen Formulierungen und einer Aufzählung von Stichworten. Dementsprechend hat auch der Europäische Gewerkschaftsbund formuliert, dass die Agenda eine größere Chance auf Umsetzung hat, wenn das neue Europäische Parlament hier noch nachbessert und ein stärkeres und präziseres Programm zur Erreichung von sozialer und ökologischer Gerechtigkeit verabschiedet. Der vierte Themenschwerpunkt bezieht sich schließlich auf Europas Rolle in der Welt, genannt werden insbesondere eine ehrgeizige und robuste Handelspolitik und eine aktivere Außen- und Verteidigungspolitik sowie auch die Umsetzung der Agenda 2030.
Wichtige Themenschwerpunkte für die Zukunft der EU fehlen
Die Bundesarbeiterkammer hat bereits im Vorfeld des Gipfels auf die wichtigsten Prioritäten aus ArbeitnehmerInnen-Sicht in einem Brief hingewiesen. Dabei sind folgende 5 Prioritäten aus Sicht der AK von ganz vorrangiger Bedeutung, um eine sozial gerechte Antwort für die zukünftigen Herausforderungen zu finden (siehe näher hier):
- Stärkung der sozialen Dimension Europas (insb. neues Wohlstands- und Verteilungsmodell, effektive Umsetzung der ESSR, verbindliche soziale Mindeststandards, soziales Fortschrittsprotokoll, effiziente Europäische Arbeitsbehörde, europaweit koordinierte Mindestlohnpolitik)
- Zentraler Investitionsschwerpunkt zur sozio-ökologischen Erneuerung Europas (Einführung der goldenen Investitionsregel)
- Steuerpolitik für ein faires Europa (Bekämpfung der Ungleichheit, faire Steuersysteme, Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit)
- Europäische Industriepolitik (Explizite Mitbehandlung von Verteilungsfragen, Beteiligung von ArbeitnehmerInnenvertretungen)
- Globalisierung fair gestalten (Priorität sozialer und ökologischer Zielsetzungen gegenüber wirtschaftlichen Interessen)
Weiterführende Informationen:
Europäischer Rat: Eine neue Strategische Agenda 2019-2024
BAK EU-Infobrief: Eine neue Strategische Agenda