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ZurückEine wichtige Ankündigung im Rahmen der diesjährigen State of the Union-Rede von Kommissionpräsidentin Ursula von der Leyen am 14. September 2022 war jene nach einer Übergewinnsteuer für Energieunternehmen. Gemeint ist damit eine Abschöpfung der durch die steigenden Energiepreise erwirtschafteten Gewinne des Energiesektors und eine Umverteilung an die Verbraucher:innen. Noch am gleichen Tag präsentierten Vizepräsident Frans Timmermans und EU-Kommissarin Kadri Simson den konkreten Verordnungsentwurf.
Die nunmehr dritte Rede zur Lage der Union von Ursula von der Leyen als EU-Kommissionspräsidentin war geprägt von den Auswirkungen des andauernden russischen Angriffskrieges auf die Ukraine. Im Vordergrund standen dabei die dramatischen Entwicklungen am europäischen Energiemarkt, welche die EU und ihre Mitgliedstaaten in Anbetracht des nahenden Winters vor große Herausforderungen stellen. So skizzierte sie den Weg der EU-Kommission für die nächsten Monate, der den Mitgliedsstaaten mehr als 140 Milliarden Euro für notwendige Hilfsmaßnahmen zur Unterstützung der am meisten von den steigenden Energiepreisen Betroffenen einbringen soll.
Konkreter Vorschlag für eine Verordnung des Rates
Der Vorschlag der EU-Kommission sieht eine befristete Erlösobergrenze für jene Unternehmen vor, die Strom durch erneuerbare Energien, Kernenergie oder Braunkohle erzeugen. Die vorgeschlagene Obergrenze soll dabei bei 180 Euro pro MWh liegen. Jegliche Gewinne, die über diesen Betrag hinausgehen, werden nach den Vorstellungen der EU-Kommission von den Mitgliedsstaaten selbst abgeschöpft und sollen in letzter Instanz an die Verbraucher:innen zurückfließen.
Für Unternehmen, deren Umsätze zumindest zu 75 % aus Geschäftsaktivitäten im Bereich des Abbaus, der Förderung oder der Veredelung von Öl, Gas, Kohle oder im Raffineriesektor bestehen, schlägt die EU-Kommission einen befristeten Solidaritätsbeitrag vor. Die Mitgliedsstaaten sollen dabei 33 % jenes Gewinns abschöpfen, die über dem durchschnittlichen Gewinn der Jahre 2019 bis 2021 zuzüglich eines Freibetrages von 20 % liegen. Auch diese Überschüsse sollen vorrangig den Verbraucher:innen zugutekommen, können aber auch zur Förderung von Investitionen in effiziente, erneuerbare Energien eingesetzt werden.
Schließlich sieht das vorgeschlagene Maßnahmenpaket der EU-Kommission auch eine Verpflichtung vor, den Stromverbrauch zu Spitzenpreiszeiten um mindestens 5 % zu senken. Darüber hinaus gilt eine nicht verbindliche Vorgabe an die Mitgliedsstaaten, den Verbrauch insgesamt bis Ende März 2023 um mindestens 10 % zu verringern.
Position der AK
Die AK begrüßt, dass von Seiten der EU-Kommission nun endlich ein Vorschlag zur Abschöpfung von Übergewinnen im Energiesektor vorgelegt wurde. Hierzu hat die AK auch kürzlich ein konkretes Konzept vorgelegt, wie eine Besteuerung von Übergewinnen auf nationaler Ebene direkt umgesetzt werden könnte. Der Umstand, dass die Abschöpfung nach aktuellem Stand bis 31. März 2023 befristet ist, ist jedoch genauso zu kritisieren wie die Höhe des Deckels von 180 Euro pro MWh. Immerhin lag der durchschnittliche Stromgroßhandelspreis in den vergangenen Jahren stets bei unter 70 Euro pro MWh, und auch der Steuersatz bei fossilen Übergewinnen von 33 % ist aus Sicht der AK jedenfalls zu niedrig.
Bei der durch die EU-Kommission vorgeschlagenen Verordnung handelt es sich um ein eigens geregeltes Notfallinstrument, bei dem es einzig beim Rat liegt, den Vorschlag mit qualifizierter Mehrheit anzunehmen. Das EU-Parlament ist in diesem Fall nicht wie gewohnt als Co-Gesetzgeber eingebunden.
Weitere Dossiers zum Grünen Deal im Plenum
Neben der vielbeachteten Rede von Ursula von der Leyen im EU-Parlament stimmte das Plenum auch noch über einige wichtige Dossiers zum Grünen Deal ab: So nahm das Plenum den Bericht zur Verordnung entwaldungsfreier Produkte genauso an wie jene zu den Richtlinien zur Energieeffizienz und zu den Erneuerbaren Energien. Damit können die Trilogverhandlungen mit dem Rat und der EU-Kommission nun starten.
Weiterführende Informationen:
AK EUROPA Factsheet: Übergewinne besteuern
Europäische Kommission: Rede zur Lage der Union 2022
Europäische Kommission: Vorschlag für eine Ratsverordnung angesichts der hohen Energiepreise
AK EUROPA: EU-Parlament für ambitioniertere Ziele bei erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz
AK EUROPA: Entwaldungsfreie Lieferketten: Wie effektiv wird das neue EU-Gesetz?