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ZurückDie Coronakrise verdeutlicht einmal mehr Notwendigkeit und Dringlichkeit eines Rechtsaktes zu digitalen Dienstleistungen. Das Thema beschäftigt auch das Europäische Parlament, weshalb Digital-Kommissarin Vestager zu einem Meinungsaustausch geladen war.
Am 4. Mai 2020 war die Exekutiv-Vizepräsidentin und Kommissarin für Digitales, Margrethe Vestager, für einen Meinungsaustausch im Ausschuss für Binnenmarkt und VerbraucherInnenschutz (IMCO) zu Gast. Dabei sollte es unter anderem um die Reaktion der EU auf die Coronakrise, eine europäische Erholungsstrategie und das aktualisierte Arbeitsprogramm der EU-Kommission gehen. Aber auch der geplante Rechtsakt zu digitalen Diensten (Digital Services Act) sowie die damit zusammenhängende Überarbeitung der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr (E-Commerce-Richtlinie) und die Initiative zur Ex-ante-Regulierung von Plattformen waren ein zentrales Thema.
Digitale Dienste
Speziell die Klein- und Mittelunternehmen (KMU) seien durch die Coronakrise quasi über Nacht zur Digitalisierung ihrer Unternehmen gezwungen worden, wie Vestager in ihrem Eingangsstatement festhielt. Auch deswegen arbeite die Kommission intensiv am Gesetz über digitale Dienstleistungen: Es benötige hier einen klaren rechtlichen Rahmen. Mit Blick auf eine Reform der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr müsse angestrebt werden, dass KonsumentInnen in Online-Käufe genauso viel Vertrauen haben können wie in offline getätigte Käufe. Vestager konnte hier im Berichtsentwurf des zuständigen Berichterstatters MEP Alex Agius Saliba (S&D) viele Ansätze und Ideen erkennen, die auch die Kommission teile. Von Agius Saliba zur Überarbeitung der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr befragt, nannte Vestager das Ursprungslandprinzip als wesentlich. Hinsichtlich zukünftiger Ex-ante-Regulierungen von Plattformen sollen sogenannte TorwächterInnen – also regulierenden und kontrollierenden AkteurInnen, die das Internet (zum Beispiel durch das Lenken von Informationen) wesentlich beeinflussen – dazu verpflichtet werden, faire (Wettbewerbs-) Bedingungen zu gewährleisten. Auf jeden Fall, so Vestager, müsse sichergestellt werden, dass es einen fairen und funktionierenden Online-Markt zugunsten der VerbraucherInnen gibt.
Intitativbericht des Europäischen Parlaments
Anschließend erstattete auch Agius Saliba selbst dem Ausschuss Bericht. Die Wichtigkeit digitaler Dienstleitungen zeige sich in der momentanen Situation noch stärker. Diese ermöglichten es vielen Unternehmen, auch während des lockdowns weiter zu funktionieren. Die Coronakrise verdeutlich aber auch die Risiken des Online-Handels. Wie auch die Arbeiterkammer stellt Agius Saliba in seinem Bericht fest, dass etwa VerbraucherInnen nicht ausreichend vor dem Verkauf von gefälschten oder illegalen Produkten sowie ungerechtfertigt und missbräuchlich erhöhten Preisen geschützt sind. Er betonte, dass das Paket zu einem Gesetz zu digitalen Diensten zwei Punkte zu umfassen habe: Erstens müsse die Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr – sie stammt aus dem Jahr 2000 – vollständig überarbeitet werden. Gewisse Grundprinzipien seien aber auch nach 20 Jahren noch relevant und müssten unbedingt beibehalten werden, wie beispielsweise die sogenannte Binnenmarktklausel, die Niederlassungsfreiheit und das Verbot der Auferlegung einer allgemeinen Überwachungspflicht. Zweitens benötige es ein Rechtsinstrument für den Binnenmarkt, durch das großen Plattformen die als TorwächterInnen fungieren, Ex-ante-Verpflichtungen auferlegt würden. Ergänzt werden sollten diese Verpflichtungen durch einen wirksamen institutionellen Durchsetzungsmechanismus. Die Gültigkeit des neuen Rechtsaktes sollte außerdem alle digitalen Dienstleitungen umfassen, für die keine spezifischen Rechtsvorschriften gelten und auch auf die Tätigkeiten von Unternehmen und DienstleisterInnen mit Sitz in Drittländern ausgeweitet werden. Laut Agius Saliba sei jedenfalls unmissverständlich klarzustellen, dass Dinge, die außerhalb des Internets illegal sind, auch online illegal sind.
Arbeiterkammer für Schutz von VerbraucherInnen
Die Absicherung und Weiterentwicklung des VerbraucherInnenschutzniveaus ist der Arbeiterkammer in dieser Hinsicht ein besonderes Anliegen. Die Bedürfnisse der KonsumentInnen nach einem zeitgemäßen Schutz vor Intransparenz, Irreführung, Überbevorteilung und Betrug im Internet müssen im Rahmen eine Rechtsaktes zu digitalen Diensten unbedingt ausreichend berücksichtigt werden. So braucht es endlich Transparenzvorschriften für Rankings auf allen Plattformen und eine einheitliche Regulierung von Onlinewerbung. Die „platform-to-business“-Verordnung darf nicht nur DrittanbieterInnen auf Online-Marktplätzen vor Intransparenz und Benachteiligung schützen, auch KonsumentInnen sollen in den Genuss dieses Schutzes kommen. Plattformen mit TorwächterInnenfunktion brauchen Vorgaben, sich dem Prinzip der Netzneutralität gemäß zu verhalten. Angesichts der zunehmenden Cyberkriminalität auf Internetplattformen müssen außerdem – in Zusammenarbeit mit den zuständigen Strafbehörden – Verhaltensregeln entwickelt werden, die einer Schädigung von VerbraucherInnen wirksam vorbeugen. Die abgestufte Haftung der InternetbetreiberInnen ist beizubehalten und das sogenannte „Notice and Takedown“-Verfahren muss genauer geregelt werden um zu verhindern, dass Plattformen unter Druck zu viele Inhalte löschen.
Weiterführende Informationen:
AK EUROPA: Initiativbericht des Europäischen Parlaments zum Gesetz über digitale Dienstleistungen
AK EUROPA: Die Coronakrise als Beschleuniger der Digitalisierung
AK EUROPA: Faire Mindestlöhne im Zeitalter der Plattformwirtschaft