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ZurückDas große Konzerne, vor allem Digitalkonzerne kaum Steuern bezahlen, weil sie ihre Gewinne in Steueroasen verschieben können, ist bekannt. Doch wieviel Geld verlieren die Mitgliedsstaaten eigentlich durch Steuerhinterziehung von Privatpersonen? Eine neue Studie der Kommission bringt Licht ins Dunkeln.
Laut einer kürzlich veröffentlichen Studie der Kommission verloren die Mitgliedsstaaten der EU im Jahr 2016 insgesamt 46 Milliarden Euro an Einnahmen durch Steuerhinterziehung von Privatpersonen. Die von der Generaldirektion Steuern und Zollunion (DG TAXUD) in Auftrag gegebene Studie liefert eine Schätzung des weltweiten Offshore-Vermögens von Privatpersonen und teilt diese auf die EU- Mitgliedsstaaten auf. Darüber hinaus werden die hinterzogenen Steuern errechnet, und zwar nicht nur jene aus Offshore-Vermögenswerten, sondern auch die Steuerausfälle bei der Einkommensteuer durch die ursprünglich nicht deklarierten Gewinne, die in die Steueroasen verschoben wurden. Um welche Dimensionen es sich hier handelt zeigt die Summe der Offshore Vermögen von EuropäerInnen im Ausland: Für das Jahr 2016 betrug sie insgesamt 1,5 Billionen Euro. Die Gesamtsummer der globalen Offshore-Vermögen beläuft sich für das Jahr 2016 auf sage und schreibe 7,5 Billionen Euro. Die Studie errechnet die Werte für das Jahr 2016 und liefert Schätzungen für den Zeitraum von 2001 bis 2016.
Frankreich verliert am meisten, Österreich auf Platz 10
Grob gilt: Je größer die Volkswirtschaft, desto höher die Summe der hinterzogenen Steuern. Spitzenreiter in der Verlustrechnung ist Frankreich mit 10,08 Milliarden nicht gezahlten Steuern im Jahr 2016, dicht gefolgt von Großbritannien (8,52 Milliarden €) und Deutschland (7,22 Milliarden €). Österreich liegt auf dem 10. Platz, mit 1,29 Milliarden nicht gezahlten Steuern. Insgesamt werden die Offshore-Reichtümer der ÖsterreicherInnen für das Jahr 2016 auf 41 Milliarden Euro geschätzt. Die Zahlen zum Anteil der Offshore-Vermögen gemessen am Bruttoinlandsprodukt variieren stark: Das Offshore-Vermögen der ZypriotInnen war im Jahr 2016 so groß wie die Hälfte des zypriotischen Bruttoinlandsproduktes. Malta, Griechenland und Bulgarien liegen ebenfalls weit über dem EU-Durchschnitt von 9,7 % des BIP. Österreich liegt mit knapp 11 % ebenfalls über dem Durchschnitt.
Maßnahmen gegen Steuerflucht zeigen Wirkung
Während das globale Offshore-Vermögen weltweit wächst, ist das Offshore-Vermögen von EU-ansässigen Personen gesunken. Mit der Finanzkrise von 2008 kann ein Rückgang verzeichnet werden, der sich seit 2011 allerdings wieder umkehrte. In den Jahren 2015 und 2016 ging das Offshore-Vermögen ebenfalls zurück. Pierre Moscovici, scheidender Wirtschaftskommissar, sieht darin den Erfolg der EU-Reformen, die Steuerflucht bekämpfen sollen. Den Anfang hierzu machte die EU Saving Directive, die 2014 weitgehend durch den von der OECD eingeführten automatischen Informationsaustausch (Common Reporting Standard) ersetzt, bzw. durch die Richtlinie zur Verpflichtung zum automatischen Austausch von Informationen im Bereich der Besteuerung erweitert wurde. Ein Vorreiter für diese Entwicklung war auch der Foreign Account Tax Compliance Act (FACTA) in den USA 2010 umgesetzt wurde Das globale Offshore-Vermögen, versteuert oder nicht, wächst dennoch und zwar besonders durch Länder außerhalb der OECD. Die ChinesInnen verzeichnen das größte Wachstum an Offshore-Reichtümern.
Ausblick
Die AutorInnen der Studie weisen darauf hin, dass die Studie kein vollständiges Bild von Offshore-Vermögen, Steuerflucht und Steuerhinterziehung zeichnet. So werden beispielsweise Vermögenswerte wie Immobilen, Lebensversicherungen oder Bargeld nicht abgebildet. Der grüne EU-Parlamentarier Sven Giegold spricht daher von der „Spitze des Eisbergs“ und rät zur dringenden Einführung der nationalen Immobilienregister im Rahmen der Geldwäscherichtlinie. Um die Steuerhinterziehung insgesamt wirkungsvoller bekämpfen zu können muss aber auch ein internationales Register eingeführt werden, in dem die wirtschaftlichen Eigentümer bzw. Berechtigten aller juristischen Personen offengelegt werden. Außerdem müssen die Länder, die intransparente Strukturen zulassen und nicht den OECD Standards entsprechen mit entsprechenden Sanktionen belegt werden (zB steuerliches Abzugsverbot für Zahlungen in Steueroasen).
Weiterführende Informationen:
Europäische Kommission, Working Paper Nr. 76: Estimating International Tax Evasion by Individuals
AK EUROPA Policy Brief: Digitalisation and Taxation
AK EUROPA: OECD nimmt erneut Anlauf für mehr Steuergerechtigkeit
AK EUROPA: Kampf gegen Steuertricks: EP-Sonderausschuss setzt hohe Ansprüche
A&W blog: Vermögensverteilung in Österreich: Neue Daten, beständige Ungleichheit