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ZurückSeit dem rasanten Preisanstieg für Gas und Strom der letzten Monate hat die EU-Kommission mittlerweile vier Notfallverordnungen präsentiert. Während die erste bereits in Kraft ist, einigten sich die Energieminister:innen bei ihrem Treffen am 24. November 2022 auf zwei weitere Verordnungen. Wenig Zustimmung gibt es bislang jedoch für den vierten Kommissionsvorschlag zur Deckelung des Gaspreises.
Am 18. Oktober 2022 hat die EU-Kommission einen Vorschlag für eine Notfallverordnung zur besseren Koordinierung im Gasmarkt und Gaspreise vorgelegt, und die Einigung unter den Energieminister:innen folgte am 24. November 2022. Demnach sind die Mitgliedstaaten nun verpflichtet, mindestens 15 % der Gaseinkäufe gemeinsam zu tätigen. Die EU-Kommission erhält auch mehr Informationen über den Gaseinkauf der einzelnen Mitgliedstaaten, um gegenseitiges Überbieten zu unterbinden. Außerdem wird die Energieregulierungsbehörde ACER damit beauftragt, einen eigenen Index für Flüssiggas auszuarbeiten, da dessen Preis sich bisher nach dem gängigen Gaspreisindex richtet. Schlussendlich dürfen Mitgliedstaaten Maßnahmen zur Verringerung des nicht-essentiellen Gasverbrauchs bei Privatkund:innen setzen. Als Beispiel eines nicht-essentiellen Verbrauchs gilt das Beheizen eines privaten Schwimmbades.
Ausbau erneuerbarer Energien beschleunigen
Eine weitere Notfallverordnung, die die Kommission am 9. November 2022 vorgeschlagen hat und auf die sich die Energieminister:innen am 24. November 2022 ebenfalls einigen konnten, soll die Genehmigungsverfahren für Projekte zum Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energien beschleunigen. Genehmigungsverfahren für Solaranlagen auf Dächern oder anderen künstlichen Strukturen sowie für Wärmepumpen sollen demnach maximal drei Monate betragen. Für die Modernisierung einer bestehenden Anlage soll das Genehmigungsverfahren maximal sechs Monate dauern und sich auf die zusätzlichen Auswirkungen im Vergleich zur Bestandsanlage beschränken. Außerdem soll bei allen Anlagen für erneuerbare Energien von einem überwiegenden öffentlichen Interesse ausgegangen werden. Dies hat für die konkreten Projekte den Vorteil, dass weniger strenge Vorschriften bei diversen EU-Gesetzen gelten, beispielsweise den Richtlinien zur Umweltverträglichkeitsprüfung oder den Natura-2000-Schutzgebieten.
Vorschlag zu Preisdeckel für Gas mit viel Kritik
Am 22. November 2022 hat die EU-Kommission die vierte Notverordnung vorgestellt, die den Gaspreis deckeln soll, wenn dieser über zwei Wochen auf einem Niveau von mehr als 275 Euro pro Megawattstunde liegt. Außerdem muss der Gaspreis um 58 Euro höher sein als der Referenzwert für Flüssiggas. Wenn diese Bedingungen erfüllt sind, soll die Energieregulierungsbehörde ACER einen Preisdeckel verlautbaren. Um die Versorgungssicherheit nicht zu gefährden, kann die EU-Kommission diesen Mechanismus jederzeit auch aussetzen.
Umgehende Kritik kam zu diesem Vorschlag von jenen, die einen niedrigen Preisdeckel fordern: Selbst in der Zeit der bislang höchsten Gaspreise im August 2022 wurden die Voraussetzungen des nun vorgestellten Mechanismus nicht erfüllt, weshalb dieses Instrument bislang völlig wirkungslos gewesen wäre.
Mitgliedstaaten müssen kleinen Teil der Übergewinne abschöpfen
Bereits am 6. Oktober 2022 hat der Rat der Energieminister:innen die Notfallverordnung zur Einsparung des Stromverbrauchs von mindestens 5 % in den Stunden mit dem höchsten Strompreis sowie der Abschöpfung von Übergewinnen verabschiedet. So wird der Preis für Strom auf maximal 180 Euro pro Megawattstunde beschränkt, und die Übergewinne sonstiger Energieunternehmen werden mit mindestens 33 % besteuert. Der Übergewinn berechnet sich dabei aus jenen Gewinnen, die über dem durchschnittlichen Gewinn der Jahre 2019 bis 2021 zuzüglich eines Freibetrags von 20 % liegen.
Wie geht es weiter
Für alle vier Notfallverordnungen gilt, dass diese von der EU-Kommission vorgeschlagen und mit qualifizierter Mehrheit im Rat angenommen werden müssen, um in Kraft zu treten. Die noch fehlenden Beschlüsse sollen beim Energieminister:innenrat am 13. Dezember 2022 erzielt werden, und alle Notfallverordnungen werden befristet für maximal 18 Monate gelten. Die EU-Kommission arbeitet derzeit außerdem an der längst überfälligen Reform des Strommarktdesigns. Gemäß ihres Arbeitsprogrammes will sie den Vorschlag im ersten Quartal 2023 vorlegen.
Beim Instrument der Notfallverordnungen ist festzuhalten, dass das EU-Parlament bei den konkreten Verhandlungen nicht eingebunden ist. Das bedeutet, dass die einzige direkt gewählte EU-Institution bei diesen zentralen Notfallmaßnahmen zur Bekämpfung der hohen Energiepreise nur unzureichend Mitsprache hat.
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