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ZurückDie Energiepreise befinden sich aufgrund des russischen Angriffskriegs und der wirtschaftlichen Vergeltungsmaßnahmen auf Rekordniveau, Tendenz weiter steigend. Gleichzeitig bleibt immer weniger Zeit, der Klimakrise gegenzusteuern. Aus diesem Grund luden AK EUROPA und die Oesterreichische Nationalbank zu einer gemeinsamen Veranstaltung, um über Maßnahmen zu diskutieren, die es braucht, die Energiepreise und die Inflation in den Griff zu bekommen und gleichzeitig den grünen Wandel beschleunigen.
Bei dieser gemeinsam mit der Oesterreichischen Nationalbank organisierten Veranstaltung waren Daniel Gros von der Brüsseler Denkfabrik CEPS, OeNB-Gouverneur Robert Holzmann sowie Christa Schlager von der AK Wien als Sprecher:innen geladen.
Vor dem Hintergrund der multipolaren Krisen unserer Zeit strich Daniel Gros (CEPS) hervor, dass die grüne Transformation wichtiger denn je ist. Die Frage nach der Finanzierung des Ausbaus von erneuerbaren Energien (zB Windkraft oder Photovoltaik) ist dabei jedoch nicht seine erste Sorge, da genügend finanzielle Mittel vorhanden seien. Er sieht eine EU-weite Gaspreisobergrenze nach dem Vorbild Spaniens und Portugals in diesem Zusammenhang kritisch, da am Beispiel Spaniens zu beobachten ist, dass der Gasverbrauch ansteigt, weil der Anreiz für Energiesparmaßnahmen fehlt. Ein steigender Gasverbrauch hat wiederum steigende Preise am Gasmarkt zur Folge und würde somit den gegenteiligen Effekt erzielen. Es sollten deshalb aus seiner Sicht nicht die Energiepreise subventioniert werden, sondern vielmehr das Einsparen von Energie. Als positives Beispiel sieht er das von Österreich gewählte Modell der Strompreisbremse, bei dem ein gewisser Prozentsatz des letztjährigen Medianverbrauchs durch Staatshilfen preislich gedeckelt wird und für einen darüber hinaus gehenden Verbrauch der Marktpreis zu bezahlen ist.
Im Rahmen der Diskussion rund um den grünen Wandel verwies Robert Holzmann (OeNB) darauf, dass nicht nur konventionell eingesetzte Technologien, sondern auch neue Technologien stärker beachtet werden müssen, wie beispielsweise Wasserstoff. Aus seiner Sicht dürfen auch neue Erkenntnisse in der Nukleartechnologie nicht ausgeblendet werden, was deren Nutzung betrifft. Außerdem stelle sich die Frage, ob Anlagen für erneuerbare Energien wie Windkraft oder Photovoltaik in Europa ihren optimalen Standort hätten. Immerhin würden bereits jetzt viele Länder durch den Export von Energie nach Europa profitieren, weshalb dieser internationale Aspekt nicht vernachlässigt werden dürfe (zB Nordafrika). Dementsprechend kommt er zum Schluss, dass die ökonomischen Kosten für eine europäische Autonomie im Energiebereich erheblich wären. Hinsichtlich der steigenden Energiepreise sei es darüber hinaus nicht möglich, dass der Staat alle Betroffenen in einem gleichen Ausmaß entschädigen kann. Vielmehr müsste die Entlastung der vulnerabelsten Gruppen priorisiert werden. Gerade im Zusammenhang mit der Inflationsbekämpfung sei es deshalb wichtig, auf zielgerichtete Unterstützungsmaßnahmen zu setzen. Andernfalls würden die inflationssenkenden Maßnahmen der EZB, allen voran die schrittweise Erhöhung der Leitzinsen, konterkariert werden.
Christa Schlager (AK Wien) betonte ihrerseits, dass sich die Inflation in der Zwischenzeit verfestigt hat und der Höhepunkt der ansteigenden Preise noch gar nicht erreicht ist. So sind trotz erhöhter Produktionskosten in vielen Marktsegmenten die Preise noch nicht an die Endabnehmer:innen weitergegeben worden. Dementsprechend werden diese erst in den nächsten Monaten spürbar. Deshalb muss es oberste Priorität sein, die hohen Energiepreise als maßgeblichen Treiber der Inflation schnellstmöglich zu senken. Dabei ist festzustellen, dass der Energiemarkt nicht mehr funktioniert. Es braucht deshalb einen Eingriff in den Strommarkt, um den Strompreis vom Gaspreis zu entkoppeln. Die diesbezüglichen Vorschläge der EU-Kommission seien nicht ausreichend, da die Grenze zur Abschöpfung von Zufallsgewinnen zu hoch angesetzt ist. In Bezug auf den Ausbau erneuerbarer Energien stehe man vor dem zusätzlichen Problem, dass es neben langwierigen Genehmigungsverfahren auch an verfügbaren Fachkräften mangelt. Diese bürokratischen und personellen Hürden erschweren den Umstieg auf umweltfreundliche Technologien immens und tragen damit auch ihren Teil dazu bei, dass Europa nach wie vor weit weg von Autonomie im Energiebereich ist.