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ZurückDie neuen Vorschläge der EU-Kommission zur Aktualisierung und Modernisierung der Richtlinie über Industrieemissionen dienen dazu, Investitionen der Industrie in jene Bahnen zu lenken, die für Europas Übergang zu einer schadstofffreien, wettbewerbsfähigen und klimaneutralen Wirtschaft bis 2050 erforderlich sind. Damit sollen die Innovation gefördert, Vorreiter:innen belohnt und gleiche Ausgangsbedingungen am EU-Markt hergestellt werden.
Die am 5. April 2022 vorgestellte Überarbeitung der Richtlinie durch die EU-Kommission baut auf der derzeit geltenden Industrieemissionsrichtlinie auf, die ca 50.000 große Industrieanlagen und Massentierhaltungsbetriebe in Europa abdeckt. Diese Anlagen und Betriebe müssen durch den Einsatz von tätigkeitsspezifischen „besten verfügbaren Techniken“ (BVT), welche gemeinsam von der Industrie, Expert:innen sowie der Zivilgesellschaft bestimmt werden, Emissionsauflagen erfüllen. Immerhin sind diese für rund 50 % der Schwefeloxide und anderer Schadstoffe, rund 40 % der Treibhausgase sowie rund 30 % der Stickoxide und des Feinstaubs verantwortlich. Die überarbeitete Industrieemissionsrichtlinie ist Teil eines Pakets, welches zwei neue Verordnungen zur strengeren Kontrolle fluorierter Treibhausgase und ozonabbauender Stoffe sowie die Verordnung für ein neues EU-Industrieemissionsportal beinhaltet.
Mit den neuen Vorschriften sollen straffere Genehmigungsverfahren vorgesehen, die Verwaltungskosten gesenkt, die Transparenz erhöht sowie Zukunftstechnologien und andere innovative Ansätze verstärkt gefördert werden. Zu den Sektoren, deren Aufnahme in den Geltungsbereich der Richtlinie vorgeschlagen wird, zählen der Bergbau und „Gigafabriken“, die Batterien für E-Fahrzeuge herstellen sowie große Rinder-, Schweine- und Geflügelhaltungsbetriebe. Als erste neue Verpflichtungen sollen im Rahmen der überarbeiteten Richtlinie die BVT-Bestimmungen ab 2024 in Kraft treten. Erste neue Techniken sollen dann ab 2027 implementiert werden. Zur Erfüllung der Anforderungen werden Industriebetriebe vier Jahre und Massentierhaltungsbetriebe dreieinhalb Jahre Zeit haben.
Grundlage für die Vermeidung und Eindämmung der Umweltverschmutzung bleibt weiterhin das Verfahren zur Genehmigung der jeweils besten verfügbaren Techniken, dass durch die Richtlinie allerdings wirksamer gestaltet wird. So sollen die Genehmigungsbehörden der Mitgliedstaaten bei Genehmigungsverfahren strengere Grenzwerte für Schadstoffemissionen anwenden müssen, da derzeit noch rund 80 % solcher Verfahren an den am wenigsten strengen rechtlich erlaubten Werten festhalten. Der EU-Rahmen soll auch für die Vermeidung und Eindämmung von Industrieemissionen zukunftsorientierter und innovativer werden, unter anderem durch die Einrichtung eines Innovationszentrums für industrielle Transformation und Emissionen. Ferner soll beim Einsatz von Energie, Wasser und Material mehr Gewicht auf Ressourceneffizienz und Wiederverwendung gelegt werden. In industriellen Prozessen soll zudem die Verwendung sichererer und weniger toxischer- bzw ungiftiger Chemikalien gefördert werden. Ebenso sollen die vorgeschlagenen Änderungen dafür sorgen, dass Techniken zur Beseitigung von Schadstoffen und zur Dekarbonisierung nach Möglichkeit zusammen eingesetzt werden, um optimale Ergebnisse für Gesundheit und Umwelt zu erzielen sowie technische und finanzielle Synergien herbeizuführen.
Mit den neuen Vorschriften möchte die EU-Kommission für eine stärkere Einbeziehung der Öffentlichkeit in den Genehmigungsprozess und größere Transparenz sorgen. Ferner soll ein neues EU-Industrieemissionsportal geschaffen werden, welches Bürger:innen auf Emissionsdaten und Ressourcenverbrauch sowie auf Informationen über umweltschädliche Tätigkeiten in ihrer unmittelbaren Umgebung öffentlich zugreifen lässt.
Erste Reaktionen zum Paket kamen bereits von Umwelt-NGOs. Für das European Environmental Bureau ist der Vorschlag zur Überarbeitung der Richtlinie über Industrieemissionen ein bedeutender Fortschritt, allerdings sind weiterhin bestehende Schlupflöcher zu kritisieren. Aus Sicht von Carbon Market Watch wurde verabsäumt, die Richtlinie zu einem starken Instrument zu machen, um den sauberen industriellen Wandel voranzutreiben. So hätten Treibhausgasemissionen in den Geltungsbereich der Richtlinie aufgenommen werden sollen, um den marktbasierten Ansatz des EU-Emissionshandelssystems zu stärken. Greenpeace kritisiert vor allem die Eigeninteressen einiger weniger großer Agrarunternehmen, die die Gesellschaft jedes Jahr mit Milliarden an Gesundheits- und Umweltkosten belasten. Von diesen Gigant:innen der industriellen Viehzucht zu verlangen, dass sie eine Verschmutzungsgenehmigung erhalten, ist laut Greenpeace das absolute Minimum für die EU.
Weitere Informationen:
AK EUROPA: „Fit for 55“ Paket I – Bepreisung von Treibhausgasemissionen
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AK EUROPA: Neue konkrete Vorschläge für ein klimaneutrales Europa
Europäische Kommission: Der Grüne Deal – Modernisierung der EU-Vorschriften über Industrieemissionen