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ZurückNachhaltig als Schlagwort der Stunde – egal ob bei Nahrungsmitteln, Kleidung oder beim Investieren. Doch wie können sich Konsument:innen auch tatsächlich sicher sein, dass ein Finanzprodukt nachhaltig ist, wenn es so beworben wird? Zur besseren Orientierung hat die Arbeiterkammer in einer Studie nachhaltige Finanzprodukte untersucht sowie durch Mystery-Shopping bei 16 Finanzinstituten die Qualität der Beratung hinsichtlich nachhaltiger Geldveranlagung überprüft.
Ausgangspunkt der AK Studie ist der von der EU-Kommission 2018 veröffentlichte Aktionsplan „Nachhaltige Finanzierung“, die Taxonomie-Verordnung und die Offenlegungs-Verordnung. Die Taxonomie-Verordnung legt fest, wann eine Wirtschaftstätigkeit ökologisch nachhaltig ist, beispielsweise wenn eine Investition wesentlich zur Verwirklichung von Umweltzielen (etwa Klimaschutz) beiträgt. Zudem müssen internationale soziale und arbeitsrechtliche Mindeststandards eingehalten werden. Die Offenlegungs-Verordnung verlangt von Finanzdienstleistern, dass die Offenlegung, wie Umwelt-, Sozial- und Governance-Faktoren bei der Anlageentscheidung berücksichtigt werden.
Die im Rahmen dieser Studie durchgeführte Mystery Shopping-Untersuchung in 16 Banken in Wien, Niederösterreich und Kärnten hat gezeigt, dass es für Konsument:innen nicht leicht ist, ein nachhaltiges Geldanlageprodukt zu finden. Um zu erheben, wie die Beratung über nachhaltige Investmentfonds abläuft, wurden Testkäufer:innen in Bankfilialen geschickt – gezeigt hat sich dabei: Dem Wunsch der Testkäufer:innen nach einem nachhaltigen Geldanlageprodukt wurde größtenteils nicht nachgekommen. Zu den in der Studie festgestellten Problemen gehört unter anderem eine zu sanfte Regulierung der Nachhaltigkeitskriterien. Nachdem klare Definitionen bzw. Mindestgrenzen fehlen, was im Sinne der Offenlegungsverordnung als nachhaltig gilt, definieren Finanzinstitute selbst, welchen Fonds sie als nachhaltig deklarieren. So können Finanzprodukte als nachhaltig eingestuft werden, selbst wenn nur 1 % des Fondsvolumens tatsächlich nachhaltig ist. Die Finanzinstitute legen auch keinen großen Wert auf Transparenz und informieren auf ihren Websites über die beiden EU-Verordnungen kaum über das gesetzliche Mindestmaß hinaus.
Problematisch erweist sich ebenso, dass bei den meisten Finanzinstituten nach wie vor in Quartalen gedacht wird: Rendite geht hier vor Nachhaltigkeit. Gibt es von der Unternehmensspitze jedoch ein klares Bekenntnis zur Nachhaltigkeit, strahlt dieses auf das ganze Unternehmen aus. Ein solches Bekenntnis war nicht bei allen untersuchten Finanzinstituten festzustellen. Das zeigt sich auch am Engagement, worunter man Aktivitäten von Finanzdienstleistungsunternehmen wie Kapitalanlagegesellschaften versteht, auf Unternehmen einzuwirken, um diese zu mehr Nachhaltigkeit zu veranlassen. Nur ein Viertel der befragten Banken betreiben Engagement (zB durch Dialog, etc.). Bei den Kapitalanlagegesellschaften ist der Anteil höher: Rund zwei Drittel der befragten Fondsgesellschaften gaben Engagement-Aktivitäten (zB durch Stimmrechtsausübung in Hauptversammlungen) an.
Allgemein kann festgehalten werden, dass die Beratungsqualität stark ausbaufähig ist. Obwohl im Vorfeld ausdrücklich ein nachhaltiges Produkt gewünscht wurde, wurden den Testkäufer:innen ausschließlich herkömmliche Fonds angeboten. Auch die von den Testkäufer:innen vorgegebene „mittlere Risikobereitschaft“ wurde häufig ignoriert, denn bei jedem zweiten angebotenen Fonds handelte es sich um einen Aktienfonds mit hohem Risiko. Besonders erstaunlich war, dass bereits existierende Gütezeichen, wie etwa das österreichische Umweltzeichen für Investmentfonds in den Beratungsgesprächen, überhaupt keine Rolle spielten – weder als Qualitätsmerkmal noch als Auswahlhilfe.
Forderungen der AK
Neben mehr nachhaltigen Finanzprodukten im Giro-, Spar- und Kreditbereich sowie einer aktiveren Rolle der Finanzmarktaufsicht fordert die AK nachhaltigkeitsbezogene Mindestkriterien für alle Finanzprodukte, um das Produkt auch als „nachhaltig“ bezeichnen zu können. Dazu gehört auch eine „Blacklist“, die bestimmte Unternehmen von der Aufnahme in einen „Veranlagungstopf“ ausschließt, nach Vorbild des norwegischen Pensionsfonds. Ebenso braucht es größere Transparenz in der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Die AK fordert in diesem Zusammenhang, Offenlegungsvorschriften stärker zu präzisieren. Ferner sollten genauere Kriterien für Nachhaltigkeit festgelegt werden, insbesondere in der Taxonomie- und Offenlegungsverordnung.
Grundsätzlich ist es aus Sicht der AK unerlässlich, die Beratung durch Banken zu verbessern. Gütesiegel – wie beispielsweise das österreichische Umweltzeichen für Investmentfonds – sollten in der Beratung als fixer Bestandteil des Gesprächs integriert werden. Zudem soll Nachhaltigkeit auch Privatkund:innen zugänglich gemacht werden und nicht nur gehobenen Anleger:innen oder institutionellen Kund:innen vorbehalten sein. Der EU-Aktionsplan für „Nachhaltige Finanzierung“, die Offenlegungs-Verordnung sowie die Taxonomie-Verordnung, die gerade aufgrund der Diskussion zur möglichen Definition von Atomkraft als „grüne“ Energiequelle in aller Munde ist, sollten in diesem Sinne auch auf europäischer Ebene konkretisiert werden.
Weiterführende Literatur:
AK EUROPA: Studie zu Nachhaltigen Finanzprodukten
AK EUROPA: Test zu Beratung über Konsumkredite in Banken
AK EUROPA: Test zu Kreditrestschuldversicherungen bei Banken
AK EUROPA: Atomkraft und fossiles Gas ab 2023 grün?
AK EUROPA: Richtlinie über Verbraucherkredite