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ZurückVon der EU-Kommission wurde beim British Institute of International and Comparative Law (BIICL) eine Studie zu unternehmerischen Sorgfaltspflichten bei Lieferketten in Auftrag gegeben. Am 24. Februar 2020 wurden nun die schon lange erwarteten Ergebnisse veröffentlicht.
Die universelle Geltung von Menschenrechten gilt es auch in den Lieferketten zu gewähren. Oftmals profitieren Unternehmen von Menschenrechtsverletzungen und Verstößen gegen den Umweltschutz in ihren Lieferketten. Auch ist es häufig nicht möglich, Muttergesellschaften bzw. AuftraggeberInnen zur Verantwortung zu ziehen. Der Ansatz freiwilliger Selbstverpflichtung, wie er von vielen Unternehmen propagiert wird, hat sich in der Praxis nicht bewährt. Daher tritt die Arbeiterkammer, wie viele andere NGOs und Gewerkschaften, für verpflichtende unternehmerische Sorgfaltspflichten ein.
2011 wurden bereits auf UN-Ebene die Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (Guiding Principles on Business and Human Rights UNGPs) verabschiedet. Obwohl die UN GPs einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zu mehr Unternehmensverantwortung für Menschenrechte darstellen, führten sie bis dato bei vielen der größten Konzerne noch nicht zu effizienten und ausreichenden Kontrollen der Zulieferketten. Auf Unionsebene gibt es bisher nur sektorale Regelungen, wie etwa die Holzhandels-Verordnung oder die Konfliktmineralien- Verordnung. Auch die EU Non-financial reporting Richtlinie, laut welcher Unternehmen bestimmte Informationen über ihre Arbeitsweise sowie das Management von sozialen und ökologischen Herausforderungen offenlegen müssen, wird überarbeitet.
Rufe nach mehr verpflichtenden Regelungen nahmen in den letzten Jahren zu – 847.000 UnionsbürgerInnen unterschrieben die Petition „Menschenrechte schützen – Konzernklagen stoppen. Stop ISDS“ bis zum Kampagnenende diesen Jänner. Auch die voranschreitende Klimakrise macht die Dringlichkeit von verbindlichen Maßnahmen einmal mehr offensichtlich.
Kommission nimmt sich dem Thema Sorgfaltspflichten an
Vor diesem Hintergrund hat die Kommission die Studie über Anforderungen an die Sorgfaltsplichten in der Lieferkette in Auftrag gegeben. Diese soll als Grundlage für mögliche unionsrechtliche Regelungen dienen. Folglich hielt auch Justizkommissar Didier Reydners fest, er werde „dafür sorgen, dass die Ergebnisse dieser wichtigen Studie bei der künftigen Arbeit berücksichtigt werden“. Auch auf nationaler Ebene wurden in einigen Mitgliedstaaten bereits Maßnahmen ergriffen. Frankreich hat hier die Rolle des Vorreiterlands eingenommen und bereits ein umfangreiches Gesetz zu Sorgfaltspflichten eingeführt. Auch in anderen Mitgliedstaaten gibt es Kampagnen, die zu Gesetzesinitiativen aufrufen oder bereits vorliegende Gesetzesvorschläge.
In der neuen Kommissionsstudie wurden vier mögliche legislative Optionen untersucht: die Aufrechterhaltung des Status Quo, die Einführung neuer freiwilliger Richtlinien, neue Regulierungen in Bezug auf die Berichterstattung und die Einführung gesetzlicher Sorgfaltspflichten. Fragebögen wurden dazu an Unternehmen und andere StakeholderInnen ausgesendet. Auch die Studie kommt zum Schluss, dass die sozialen Auswirkungen, die Achtung der Menschenrechte und der Umweltschutz bei den verbindlichen Optionen am größten sind.
Benötigt: Sektorenübergreifendes, verbindliches Unionsrecht
Die Studie kommt außerdem zum Ergebnis, dass aktuell nur ein Drittel der Unternehmen Sorgfaltspflichten nachkommt, wobei die Sorgfaltspflichten mehrheitlich nur auf direkte Zulieferbetriebe angewendet werden. In dieser Hinsicht besteht eindeutig Luft nach oben.
Ein Großteil der teilnehmenden Unternehmen und StakeholderInnen präferieren eine verbindliche Regelung, weitere freiwillige Regeln werden als nicht sinnvoll erachtet. Die Unternehmen zeigten Offenheit in Bezug auf gesetzlich verankerte Sorgfaltspflichten. 70% der teilnehmenden Unternehmen stimmten der Aussage zu, dass eine europäische Regelung verpflichtender Sorgfaltspflichten im Hinblick auf Menschenrechte und Umweltschutz auch Vorteile für Unternehmen bringen könnte. Im Unterschied dazu bevorzugen die Industrieverbände weitere freiwillige Normen.
Des Weiteren zeichnete sich eine Präferenz zu einer sektorenübergreifenden Lösung ab. Diese soll aber die jeweiligen Besonderheiten und Bedingungen der unterschiedlichen Branchen sowie die Größe der Unternehmen berücksichtigen. Die AK unterstützt diese Forderungen nach einem verpflichtenden Gesetzesentwurf auf europäischer Ebene und sieht hier klaren Handlungsbedarf.
Weiterführende Informationen:
BIICL et al.: Studie zu Sorgfaltspflicht Anforderungen in der Lieferkette
AK EUROPA: Unternehmen für Menschenrechtsverletzungen verantwortlich machen
AK EUROPA: Menschenrechte und Sorgfalt für die Umwelt – Der Weg zu verantwortungsvollem Wirtschaften